Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

DOI Artikel:
Scholz, Sebastian,: Das Papsttum, Roms wirtschaftliche Lage und die Enteignung der päpstlichen Patrimonien in der Mitte des 8. Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0014

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Papsttum, Roms wirtschaftliche Lage und. die Enteignung der päpstlichen Patrimonien 13

und die Verwaltung der kirchlichen Besitzungen10. Am Ende des 6. Jahrhunderts
gehörte die römische Kirche zu den größten Landbesitzern in Italien* 11. Ihre vor al-
lem aus Schenkungen stammenden Besitzungen konzentrierten sich in Sizilien
und in Campanien. Aber auch in zahlreichen anderen Regionen Italiens sowie auf
Korsika und Sardinien, in Dalmatien, Gallien und Nordafrika besaß die Kirche
Land. Gregor nahm eine umfassende Reorganisation der Güterverwaltung vor,
um die Einkünfte aus diesen Gütern zu verbessern12. Die Erage nach einzelnen
Ämtern und Kompetenzen soll uns hier nicht beschäftigen. Es geht vielmehr um
die Frage, welcher Art die Einkünfte aus den Landgütern waren und wofür sie
verwendet wurden. In einem Brief an den Subdiakon und rector des patrimonium
Sizilien, Petrus, gab Gregor der Große genaue Anweisungen zur Feier der Weihe
eines Oratoriums: „Aber weil die Armut eben jenes Klosters es von uns verlangt,
dass wir ihm an jenem Festtage zur Hilfe kommen, wollen wir, dass du zur Feier
der Weihe zehn Goldsolidi zur Verteilung an die Armen, 30 Amphoren Wein, 200
Portionen Getreide, 2 große Gefäße mit Öl, 12 Hammel und 100 Hühner zur Verfü-
gung stellen sollst, die später in deine Abrechnungen eingestellt werden können.
Sorge dafür, dass dies sofort ohne Verzögerung geschieht, damit unser Wunsch,
mit Hilfe Gottes, eine schnelle Ausführung erfährt"13. Als rector des patrimonium
Sizilien verfügte Petrus also über Einkünfte in Bargeld, das hier an die Armen ver-
teilt werden sollte. Zudem verfügte er über Einkünfte in Naturalien unterschied-
lichster Art. Sowohl das Geld als auch die Naturalien standen ihm, wie der Brief
Gregors zeigt, unmittelbar zur Verfügung.
Während es hier offenbar um eine Verteilung der Einkünfte innerhalb des Pa-
trimoniums ging, berichtet die zwischen 873 und 876 von Johannes Diaconus (825-
882) verfasste Vita Gregors des Großen Details über die Verwendung der Einkünfte
aus den Patrimonien in Rom. Gregor ließ sie gemäß des von Papst Gelasius aufge-
stellten Verzeichnisses nach ihrem Geldwert schätzten und in Gold und Silber
viermal im Jahr auszahlen, nämlich an Ostern, am Fest der Apostel, am Fest des
heiligen Andreas sowie am Tag seines eigenen Amtsantritts (natalicium)u. Dazu
wurden die offiziellen kirchlichen Vertreter, die Vertreter des Palastes, der Klöster,

10 Zum Briefregister Gregors des Großen vgl. Ernst Pitz, Papstreskripte im frühen Mittelalter.
Diplomatische und rechtsgeschichtliche Studien zum Brief-Corpus Gregors des Großen (Bei-
träge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 14), Sigmaringen 1989.
11 Robert Austin Marcus, Gregory the Great and his World, Cambridge 1997, S. 112.
12 Erich Caspar, Geschichte des Papsttums, Bd. 2, Tübingen 1933, S. 326-329; Georg Jenal, Gre-
gor der Große und die Stadt Rom (590-604), in: Herrschaft und Kirche, hg. von Friedrich
Prinz (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 33), Stuttgart 1988, S. 109-145, hier
S. 138-141; Marcus, Gregory the Great (wie Anm. 11), S. 113f.
13 Gregor der Große, Registrum epistularum 1,54, hg. von Dag Norberg, in: Corpus Christia-
norum. Series Latina 140, Turnhout 1982, S. 67: Sed quia cellae ipsius tenuitas exigit debere nos in
ipsa diei festivitate concurrere, propterea volumus, ut ad celebrandam dedicationem dare debeas ad
erogandum pauperibus in auro solidos decem, vini amphoras triginta, annonas ducentas, olei orcas
duas, vervices duodecim, gallinas centum, quae tuis postmoderni possint rationibus imputari. Statini
ergo fieri haec in nullae morae interiectione constitue, ut vota nostra, Deo auctore, celerem sortiantur
effectum.
14 Vgl. zum Fest des Amtsantritts Hartmann, Hadrian I. (wie Anm. 7), S. 92f.
 
Annotationen