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Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

DOI Artikel:
Scholz, Sebastian,: Das Papsttum, Roms wirtschaftliche Lage und die Enteignung der päpstlichen Patrimonien in der Mitte des 8. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0023

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22

Sebastian Scholz

drei anderen domuscultae sollten dem Nutzen der römischen Kirche dienen60. Weil
die von den Gütern zu erwartenden Einkünfte auf einen bestimmten Verwen-
dungszweck festgelegt waren und es unter Androhung des Anathems verboten
war, den Verwendungszweck zu ändern, hat die Forschung immer wieder betont,
die von Zacharias und Hadrian gegründeten domuscultae seien praktisch unver-
äußerlich gewesen61. Doch Zacharias hatte ausdrücklich festgesetzt, die von ihm
erworbenen Güter sollten fortan dem heiligen Petrus gehören, und auch Hadrian
schenkte das Gut Capracorum der römischen Kirche62 und entzog es damit dem
normalen Erbgang. Die Festlegung des Verwendungszweckes allein reichte offen-
bar nicht aus, um die Güter dauerhaft dem Zugriff des Papstes und der römischen
Kirche zu sichern.
Das bei Zacharias so klar ausgesprochene Verbot, das Land auf irgendeine
Weise zu entfremden63, war offenbar nötig, obwohl die Güter nicht verpachtet,
sondern von Hörigen der Kirche bearbeitet wurden64. Die früher von Thomas F. X.
Noble vertretene These, dies habe auch der militärischen Stärkung gedient, da
man die Bewohner der domuscultae bewaffnen und im Kampf gegen die Langobar-
den und andere Feinde der Päpste einsetzen konnte, scheint mir jedoch nicht über-
zeugend65. Die Heranziehung der Bewohner der domuscultae zum Militärdienst
lässt sich erst für das 9. Jahrhundert nachweisen. Für das 8. Jahrhundert gibt es
keinen Beleg für einen derartigen Einsatz der Hörigen der domuscultae66. Auch die

legium sub magnis anathematis obligationibus ut in usum fratrum nostrorum Christi pauperum per-
enniter permaneat.
60 Liber pontificalis 1 (wie Anni. 21), S. 502.
61 Noble, Republic (wie Anni. 20), S. 247; Marazzi, Patrimonia (wie Anni. 15), S. 242f.
62 Vgl. Liber pontificalis 1 (wie Anni. 21), S. 506: Hic idem sanctissimus praesul in domoculta quae
appellatur Capracorum, quam ex hire proprio suo offeruit pro alimoniis pauperum beatro Petro aposto-
lorum principi nutritori suo vermutlich schenkte Hadrian auch die anderen drei domuscultae
an die römische Kirche.
63 Liber pontificalis 1 (wie Anm. 21), S. 435, siehe oben das Zitat bei Anm. 54.
64 Noble, Republic (wie Anm. 20), S. 247f.; Marazzi, Patrimonia (wie Anm. 15), S. 259, folgt
Noble und bringt für das 9. Jahrhundert zusätzliche Quellen. So kann er unter anderem durch
eine Inschrift aus der Zeit Papst Leos IV. auf Capracorum eine militia belegen.
65 Noble, Republic (wie Anm. 20), S. 248f.; ihm folgt zuletzt Hartmann, Hadrian I. (wie Anm.
7), S. 49; Thomas F. X. Noble, Paradoxes and Possibilities in the Source for Roman Society in
the Early Middle Ages, in: Early Medieval Rome and the Christian West. Essays in Honour of
Donald A. Bullough, hg. von Julia M. H. Smith, Leiden/Boston/Köln 2000, S. 55-83, hier
S. 67, hat die militärische Bedeutung der domuscultae nicht mehr vertreten und ihre Bedeutung
eher in der Lebensmittelversorgung und in der Heranziehung der Bewohner zu Baumaßnah-
men gesehen.
66 Marazzi, Patrimonia (wie Anm. 15), S. 259, der eine militärische Bedeutung der domuscultae
grundsätzlich für möglich hält, sieht keine Möglichkeit, dies für die Frühzeit zu belegen; er
nimmt S. 259, Anm. 295, auf einen Brief Papst Stephans II. an König Pippin vom 24. Februar 756
Bezug, in dem die familia beati Petri erwähnt wird, die ab der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts
eine Art Miliz bezeichnet, vgl. Codex Carolinus Nr. 8 (wie Anm. 20), S. 495. In diesem Brief er-
wähnt Stephan an einer Stelle die Zerstörungen der domuscultae des heiligen Petrus. Im über-
nächsten Satz heißt es, es seien zahlreiche Angehörige der familia beati Petri sowie römischer
Familien getötet oder gefangen genommen worden. Marazzi schließt daraus, die domuscultae
seien zwar von einer familia bewohnt worden, deren Aufgabe aber eher im Landbau als im Mi-
litärdienst gelegen habe. Mir scheint es allerdings sehr zweifelhaft, ob man die erwähnt familia
 
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