Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

DOI Artikel:
Gresser, Georg,: Zur Funktion der päpstlichen Synode in der Zeit der Kirchenreform
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0084

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zur Funktion der päpstlichen Synode in der Zeit der Kirchenreform

83

sondere Anrufung des Heiligen Geistes durch das Absingen des Te Deum und des
Veni creator spiritus bei der Verkündigung der gefassten Beschlüsse zu beobachten5.
Diese zugegebenermaßen stark gerafften theologischen Ausführungen sind
notwendig, um sich über das Zustandekommen der Konzilsbeschlüsse klar zu
werden. Auf einem hochmittelalterlichen Konzil wird zwar abgestimmt, aber Aus-
sagen über die Glaubenslehre werden keinesfalls durch Mehrheitsbeschluss ge-
schaffen. Sie sind vielmehr im geoffenbarten und überlieferten Glaubensgut der
Kirche enthalten und werden von den Synodalen als authentischen Zeugen der
Überlieferung bezeugt und von ihnen als Richtern gegebenenfalls gegenüber dem
Irrtum abgegrenzt. Darin besteht der Sinn einer konziliaren Abstimmung. Diskus-
sionen unter den Synodalen, die mitunter zu tumultuarischen Zuständen und Zer-
würfnissen führten, tauchen daher auch nur in solchen Zusammenhängen auf, die
nicht die Glaubenslehre betreffen. Die Änderungen von Texten, die der Papst der
Versammlung vorlegt, ist auch nur in solchen Fällen dokumentiert, in denen es
entweder um disziplinarische Angelegenheiten oder um Fragen der Kirchenpoli-
tik, zum Beispiel im Verhältnis zum König oder Kaiser, ging. Kontroverse Diskus-
sionen haben in der Tat stattgefunden6 - ich habe in meinem Band der Konzilien-
geschichte eine Fülle von solchen Quellenbelegen zusammengestellt -, aber diese
Fälle betrafen nur solche Gelegenheiten, in denen das Konzil als Gerichtshof Streit-
sachen zu entscheiden hatte. In Fällen der Glaubenslehre jedoch hat das Konzil in
aller Regel vorbereitete Texte durch Akklamation bestätigt und promulgiert.

Primat des Papstes
Ich will das Problem mit Hilfe einer Anekdote aufzeigen7. Es ist einmal an einer
deutschen Universität der Vorschlag für ein Brettspiel gemacht worden, das sog.
„Primatsspiel". Es sollte ähnlich wie Monopoly konzipiert sein. Dieses Primats-
spiel sollte folgende Regeln besitzen: Fünf Spieler, die die altkirchlichen Patriar-
chate Alexandria, Antiochia, Jerusalem, Konstantinopel und Rom repräsentieren,
begeben sich auf einen Brettkurs. Während des Weges können sie sich verschie-
dene Pluspunkte zugunsten ihres Primatsanspruchs erwürfeln bzw. laden sie sich

5 Die Konzilsordines des Früh- und Hochmittelalters (MGH Ordines de concilio celebrando), hg.
von Herbert Schneider, Hannover 1996; Gresser, Synoden (wie Anm. 1), S. 559-563.
6 Gresser, Synoden (wie Anm. 1), S. 530-545; Laudage, Ritual (wie Anm. 1), S. 333f.; Radlbeck-
Ossmann, Papstamt (wie Anm. 1), S. 298f., die die Meinung von Laudage referiert und für ihre
- für die Zeit Gregors VII. völlig unbrauchbare - These von einer „Abkehr von dialogischen
Formen der Interaktion" instrumentalisiert. Es ist sowohl von Laudage als auch von
Radlbeck-Ossmann das Problem der Kommunikation auf der päpstlichen Synode zu wenig
in Bezug gesetzt worden zu den jeweilig zu verhandelnden Inhalten. Über Fragen des Glau-
bens und dogmatische Setzungen des Lehramtes kann man nicht demokratisch abstimmen.
7 Folgender Text bei Klausnitzer, Primat (wie Anm. 1), S. 25f. Einzelne Details zum Erfinder
und den Hintergründen dieses Spiels sind am Lehrstuhl für Fundamentaltheologie in Würz-
burg zu erfragen.
 
Annotationen