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Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

DOI Artikel:
Lubich, Gerhard: Frauen in den Briefen der frühen Päpste. Bild und Funktion der Frau nach der päpstlichen Epistolographie zwischen Gregor I. und Gregor VII.
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https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0150

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Frauen in den Briefen der frühen Päpste

149

Die geringe Zahl der überlieferten päpstlichen Korrespondenz aus dem „eisernen
10. Jahrhundert", in dem von Frauen und Päpsten bekanntlich unter ganz anderen
Umständen zu hören ist128, lässt eine Erklärung nicht zu; auffällig ist jedoch, dass
an der Stelle von Briefen nunmehr Urkundenausstellungen stehen, unter Agapit II.
etwa für Gandersheim129 und Essen130, unter Johannes XIII., der an die Stefania sena-
toria die Stadt Palestrina verlieh131, der Papstschutz für Quedlinburg132 und noch-
mals Gandersheim133. All diese Privilegien, die auch im Weiteren natürlich immer
wieder ausgestellt und an die entsprechende Äbtissin adressiert wurden, sind
nicht Gegenstand unserer Betrachtung. In brieflicher Form liegen dann die Auf-
träge vor, mit denen Benedikt VII. und Gregor V. die Klärung der Klagen der Äb-
tissin des römischen Cyriakklosters delegierten134, doch sind dies bis zur Mitte des
11. Jahrhunderts die einzigen brieflichen Erwähnungen von Frauen, sieht man von
einem gefälschten Schreiben an eine Königin Konstanze von Frankreich ab135. Im
11. Jahrhundert schließlich findet sich die mittlerweile zur Ausnahme gewordene
Mit-Adresse an die Gattin immerhin noch in Schreiben Clemens' II. und Vik-
tors II.136, und Nikolaus II. (oder Petrus Damiani) verfasste nochmals einen Brief,
der eine Königin um Einwirkung auf ihren Gatten bat, in diesem Falle Anna, dritte
Gattin Heinrichs I. von Frankreich137. Alexander II. monierte in einem Schreiben
an Gervasius von Reims schließlich die unrechtmäßige Entfernung der Äbtissin
des Johannesklosters in Laon138.
Ein Brief Alexanders II. aus dem Jahre 1066/1067 an die Markgräfin Adelheid
von Turin, mehr oder minder ein Informationsschreiben139, weist die Richtung zu
dem, was schließlich im Briefregister Gregors VII. noch übrig blieb: Der Kontakt zu
einigen wenigen machtvollen Frauen. Dabei fällt auf, dass Gregor in den direkten
Anschreiben an die Damen zwar immer die Titel nennt, mit lobenden Epitheta
aber eher geizt. Die zumeist als filia umschriebene Beziehung zum Papst wird je-
doch gegenüber anderen Empfängern hervorgehoben, namentlich bei den noch

128 Über die maßgeblich von Liutprands Invektiven geprägte Sicht zuletzt mit prosopographi-
scher Ausrichtung Lindsay Brook, Popes and pornographers. Rome in the early middle ages,
in: Foundations 1 (2003-2005), S. 5-21.
129 Regesta Imperii II, Die Regesten des Kaiserreiches unter dem sächsischen Haus (919-1024),
Band 5: Päpste 911-1024, neubearb. von Harald Zimmermann, Wien 21998, Nr. 216.
130 RI II5 (wie Anm. 129), Nr. 229.
131 RI II5 (wie Anm. 129), Nr. 471.
132 RI II5 (wie Anm. 129), Nr. 419.
133 RI II5 (wie Anm. 129), Nr. 435.
134 RI II5 (wie Anm. 129) Nr. 601, bzw. Nr. 761.
135 RI II5 (wie Anm. 129) Nr. +807
136 Beide Schreiben gingen an Gottfried von Anjou samt Gemahlin: Clemens II., Epistolae et Privi-
legia, in: J. P. Migne, Patrologia Latina 142, Paris 1880, col. 577-590, hier col. 584f. bzw. (als Ur-
kunde) bei: Victor IL, Epistolae et Privilegia, in: J. P. Migne, Patrologia Latina 143, Paris 1884,
col. 803-838, hier col. 819-822.
137 Nicholaus II, Epistolae et Privilegia, in: J. P. Migne, Patrologia Latina 143 (wie Anm. 136),
col. 1301-1362, hier col. 1348.
138 Nicholaus II, Epistolae et Privilegia (wie vorige Anm.), col. 1319.
139 Jaffé/Potthast, Regesta Pontificum Romanorum (wie Anm. 46), Nr. 4618, an Adelheid von
Turin wegen der Absetzung Widos von Mailand.
 
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