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Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

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Kluger, Helmuth,: Päpstliches Recht und päpstliche Selbstdarstellung. Die Fresken der Silvesterkapelle von SS. Quattro Coronati in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0303

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302

Helmuth Kluger

Ein weiteres Kanonikat hatte er in Paris inne, wo er wohl auf Veranlassung seines
Onkels studierte. Außerdem besaß er eine Pfründe in Leighton in der Diözese Lin-
coln und bezog vom englischen König ebenso wie sein Bruder Paolo lange Zeit
jährliche Einkünfte. Bei der letzten Kardinalspromotion seines Onkels wurde er
im Prühjahr 1216 zum Kardinaldiakon von S. Adriano (gelegen auf dem Porum
Romanum) ernannt. Ganz offensichtlich ist er von Innocenz protegiert worden
und verdankte ihm seine Karriere. Der hier erkennbare Nepotismus setzte sich
unter seinem Verwandten Gregor IX. (1227-1241) fort5.
Honorius IIP, der Nachfolger von Innocenz, stand der Besitzpolitik der Conti
in und um Rom ablehnend gegenüber, und daher ging die kuriale Einflussnahme
Stefanos erheblich zurück. Doch wurde er auffälligerweise kurz nach dem Amts-
antritt Gregors IX. zum Kardinalpriester von S. Maria in Trastevere promoviert
und war seit 1229 Archipresbyter von St. Peter6. Seine Hauptaufgabe bestand wohl
in seiner vielfältigen Tätigkeit für die kuriale Justiz, vornehmlich in der Stellung
eines Auditors, als der er komplizierte Rechtsfragen löste oder Entscheidungen
vorbereiten half. In den 30er Jahren bewährte sich Stefano Conti als päpstlicher
Unterhändler in innerstädtischen Auseinandersetzungen, bei denen es vornehm-
lich um eine größere Autonomie von der päpstlichen Amtsgewalt ging.
Nach Gregors IX. Tod im August 1241 gehörte der Kardinalpriester zu den
bemitleidenswerten zehn Kardinälen, die von dem brutalen Senator Matteo Orsini
im sogenannten Septizonium des Severus auf dem Palatin, das damals schon ganz
baufällig war, wochenlang eingeschlossen wurden, um eine Papstwahl zu erzwin-
gen7. In der Forschung wird Stefanos politische Haltung bisweilen als eher der kai-
serfreundlichen Partei zuneigend charakterisiert, doch scheint diese Einschätzung
nach seinem Werdegang, seinen Tätigkeiten und seinen deutlich erkennbaren Ak-
tivitäten im erbitterten Kampf des Papsttums mit dem Staufer Friedrich II. - insbe-
sondere in den 40er Jahren - wohl nicht zuzutreffen8. Die politisch aktivste Rolle
spielte Stefano Conti in Rom und im Patrimonium seit der Flucht Innocenz' IV.
nach Genua und Lyon ab dem Jahre 1244. Bei seinem offensichtlich sorgfältig ge-
planten Ausweichmanöver vor dem verstärkten Druck Kaiser Friedrichs II. auf die
Ewige Stadt ließ der genuesische Papst nach seiner Vita9 vier namentlich genannte
Kardinäle mit speziellen Aufgaben in Rom zurück. Dabei wird an erster Stelle

5 Der genaue Verwandtschaftsgrad ist kaum ermittelbar; Thumser, Rom (wie Anm. 1), S. 78,
formuliert, dass Innocenz III. mit Gregor „im dritten Grad verwandt gewesen sein soll".
6 Belege bei Maleczek, Papst (wie Anm. 2), S. 198 mit Anm. 536,537.
7 Die singulären Umstände der Papstwahl, die etwas salopp auch als erstes Konklave apostro-
phiert werden, bei Thumser, Rom (wie Anm. 1), S. 311ff.
8 Ebd. werden die beiden konträren Wählergruppen um die Kardinäle Giovanni Colonna und
die beiden späteren Päpste Sinibaldo Fieschi (Innocenz IV.) und Rinaldo da Jenne (Alexan-
der IV.) näher charakterisiert. Thumser lehnt ab, die Kardinäle Stefano Conti und Rainer von
Viterbo „als rein staufisch orientiert" (S. 312) einzuschätzen. Das gilt, wie sich bald erweisen
sollte, für Rainer noch ungleich mehr als für den Conti.
9 Niccolò da Calvi e la sua Vita dTnnocenzo IV, con una breve introduzione sulla istoriografia
pontificia nei secoli XIII e XIV, hg. von Francesco Pagnotti (Archivio della Società Romana
di storia patria 21), Rom 1898, S. 87f.; weitere Belege im Amt des vicarius urbis bei Thumser,
Rom (wie Anm. 1), S. 88 mit Anm. 369.
 
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