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Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

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Große, Rolf: Ubi papa, ibi Roma. Papstreisen nach Frankreich im 11. und 12. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0330

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Ubi papa, ibi Roma. Papstreisen nach Frankreich im 11. mid 12. Jahrhundert 329
men96. Seit Hugo Capet war es üblich, den Thronfolger bereits zu Lebzeiten des
Vaters zu weihen97. Philipp hatte sie 1129 empfangen98. Handlungsbedarf bestand
nach seinem Tod umso mehr, als die Gesundheit Ludwigs VI. angegriffen war.
Deshalb entschloss man sich rasch, den Prinzen Ludwig weihen zu lassen. Als Ort
der Krönung hatte sich inzwischen Reims durchgesetzt99. So bildete das Konzil
den Rahmen der Herrscherweihe, und der Papst trat als Koronator auf. Die letzte
Königsweihe, die ein Papst im Frankenreich vorgenommen hatte, lag gut 250 Jahre
zurück, als Johannes VIII. im Jahre 878 Ludwig den Stammler in Troyes krönte100.
Aber nun fand man einen Anknüpfungspunkt in noch fernerer Vergangenheit.
Denn die Chronik von Morigny weiß zu berichten, bei der Reimser Krönung sei
das vom Himmel gesandte Öl benutzt worden, das bereits der hl. Remigius für die
Taufe Chlodwigs verwendet habe: Intrant ecclesiam, puerum [scii. Ludovicum] ad al-
tare présentant, et oleo quo sanctus Remigius per angelicam manum sibi presentato Clodo-
veum regem Francorum in Christianum unxerat, puerulum ... cum ingenti tripudio domi-
nus papa consecravit101. Dies ist der früheste Beleg dafür, dass die Sainte Ampoule
bei der Weihe des französischen Königs eine Rolle spielte. Die Legende war zwar
von Hinkmar formuliert worden, scheint aber zunächst nur auf geringe Resonanz
gestoßen zu sein102. Offenbar nutzte man die Anwesenheit Innocenz' IL, um ihr
Geltung zu verschaffen. Der Papst akzeptierte sie, wenn er sie nicht sogar geför-
dert hat. Denn es fällt auf, dass der Hof sie sich erst im frühen 13. Jahrhundert zu
eigen machte103. Die Krönung von 1131 stellte den französischen Herrscher nicht

96 Achille Luchaire, Louis VI le Gros. Annales de sa vie et de son règne (1081-1137), Paris 1890,
S. 219, Nr. 474.
97 Vgl. Andrew W. Lewis, Le sang royal. La famille capétienne et l'État, France, Xe-XIVe siècle
(Bibliothèque des Histoires), Paris 1986, S. 46-55, 75-88. Nur Ludwig VI. wurde erst nach dem
Tod seines Vaters, Philipps L, geweiht (ebd., S. 83L).
98 Luchaire, Annales (wie Anni. 96), S. 200, Nr. 433.
99 Vgl. Jacques Le Goff, Reims. Krönungsstadt (Kleine Kulturwissenschaftliche Bibliothek 58),
Berlin 1997, sowie zusammenfassend Rolf Grosse, Parallele und Kontrast: Reims und Aa-
chen, in: Krönungen. Könige in Aachen - Geschichte und Mythos, hg. von Mario Kramp,
Bd. 1, Mainz 2000, S. 408-411.
100 Es handelte sich um eine Befestigungskrönung. Vgl. Robert-Henri Bautier, Sacres et couron-
nements sous les Carolingiens et les premiers Capétiens. Recherches sur la genèse du sacre
royal français, in: Annuaire-Bulletin de la Société de l'histoire de France, 1987/88, S. 45 (ND in:
Ders., Recherches sur l'histoire de la France médiévale. Des Mérovingiens aux premiers Capé-
tiens [Collected Studies Series CS 351], Hampshire / Brookfield 1991, Nr. II).
101 La chronique de Morigny (1095-1152), hg. von Léon Mirot (Collection de textes 41), Paris
21912, S. 60, liber IL Vgl. Demouy, Genèse (wie Anni. 15), S. 570; zum Bericht der Chronik siehe
auch Yves Le Roy, La Chronique de Morigny et le sacre de Louis VIL Le pouvoir royal vers 1131,
in: Revue historique de droit français et étranger 65,1987, S. 527-544.
102 Aus der umfangreichen Literatur zur Sainte Ampoule seien genannt: Marc Bloch, Die wun-
dertätigen Könige, München 1998, S. 250-255; Percy Ernst Schramm, Der König von Frank-
reich. Das Wesen der Monarchie vom 9. zum 16. Jahrhundert. Ein Kapitel aus der Geschichte
des abendländischen Staates, Bd. 1, Darmstadt * 21960, S. 145-150; siehe jetzt auch Nikolaus
Staubach, Regia sceptra sacrans. Erzbischof Hinkmar von Reims, der heilige Remigius und die
'Sainte Ampoule', in: Frühmittelalterliche Studien 40, 2006, S. 79-101.
103 Wilhelm der Bretone rühmt das Salböl in seinem 1224 veröffentlichten Epos Philippis, hg. von
H.-François Delaborde, Œuvres de Rigord et de Guillaume le Breton, historiens de Philippe-
 
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