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Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

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Vones, Ludwig: Päpstlicher Legat und päpstlicher Wille. Zu den Rahmenbedingungen der Legatengewalt um 1100 am Beispiel der Gesandtentätigkeit des Richard von Marseille
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https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0339

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338

Ludwig Vones

solch enge Verbindung zum Apostolischen Stuhl zu knüpfen, wie sie seit langem
zu Cluny bestand12. Diesen Plan hatte der Papst noch zu Lebzeiten Bernhards von
Saint-Victor gefasst, der ihn wohl eigentlich hätte verwirklichen sollen, wenn sein
plötzlicher Tod Ende Juli 1079 dies nicht verhindert hätte13. Seine Absicht hatte er
den Mönchen in Marseille bereits am 2. Januar 1079 während einer Mission Bern-
hards bei Bischof Berengar von Girona mitgeteilt14, um zugleich in fast program-
matischer Weise für ihren Konvent die gleiche enge Bindung an den Heiligen Stuhl
und besondere Privilegierung wie für Cluny zu verheißen: ita, sicut iam ex longo
tempore Cluniacus, apostolice sedi specialiter adhereat et speciali ecclesie huius adiutorio et
benedictione congaudeat15, nicht ohne für Richard, den sancte Romane ecclesie filium,
im November 1079 hinzuzufügen, dass das Paulskloster ad sanctam religionem ex
illius monasterii religione proficiat16. Es nimmt den Anschein, als ob gemäß den Vor-
stellungen Gregors VII. neben der Petruskongregation, wie sie durch Cluny gebil-
det wurde, unter der Führung des mit San Paolo unierten Marseiller Victorsklosters
eine Pauluskongregation treten sollte, deren Leitung schließlich Richard von Mar-
seille nach dem Tod seines Bruders anvertraut wurde17. Dementsprechend hatte
die Viktorskongregation bereits unter Abt Bernhard noch am 4. Juli 1079 eine um-
fassende Immunitäts- und Schutzurkunde nach dem Vorbild der großen Privile-
gierung für Cluny aus dem Dezember 1075 erhalten und somit eine markante An-
gleichung des Rechtsstandes erfahren18. Die Kernformulierung, durch die der

möglichen Interpolationen aus, äußert allerdings zum Fälschungsverdacht, „sed nescio quibus
rationibus innitantur", während Santifaller bei seiner Edition keine Einschränkungen ihrer
Echtheit vornimmt.
12 JL 5143. Ed.: Register Gregors VII., ed. Caspar (wie Anm. 9), Bd. 2, S. 469f. Zur Ausgestaltung
des Verhältnisses von Cluny zu den Päpsten siehe Franz Neiske, Das Verhältnis Clunys zum
Papsttum, in: Die Cluniazenser in ihrem politisch-sozialen Umfeld, hg. von Giles Constable/
Gerd Melville/Jörg Oberste, Münster 1998, S. 278-320.
13 Schmid, Die Entstehung des Marseiller Kirchenstaates (wie Anm. 2), S. 189f.; Mazel, La no-
blesse et l'Église en Provence (wie Anm. 6), S. 170f. Cfr. JL 5144; Bertholdi Annales, hg. von Ian
S. Robinson, in: Die Chroniken Bertholds von Reichenau und Bernolds von Konstanz, 1054-
1100 (MGH Scriptores rerum Germanicarum N.S. 14), Hannover 2003, S. 373; MGH Necrologia
Germaniae, Tomus I: Dioeceses Augustensis, Constantiensis, Curiensis, ed. Franciscus Ludo-
vicus Baumann, Berolini 1888, S. 658. Zum Abbatiat des Bernhard von Millau siehe jetzt Mi-
chel Lauwers, Cassien, le bienheureux Isarn et l'abbé Bernard, un moment charnière dans
l'édification de l'église monastique provençale (1060-1080), in: Saint-Victor de Marseille. Étu-
des archéologiques et historiques, hg. von Michel Fixot/Jean-Pierre Pelletier, Turnhout
2009, S. 213-238, bes. S. 225ff.
14 JL 5101.
15 JL 5100; Register Gregors VIL, ed. Caspar (wie Anm. 9), Bd. 2, S. 419-420, Nr. VI,15, hier S. 420
(zu 1079 Jan. 2). Cfr. Santifaller, Quellen und Forschungen (wie Anm. 9), S. 191, Nr. 163.
16 JL 5143; Register Gregors VIL, ed. Caspar (wie Anm. 9), Bd. 2, S. 468 (Nr. VII,7).
17 Vgl. vor allem Brigitte Szabó-Bechstein, Libertas ecclesiae. Ein Schlüsselbegriff des Investi-
turstreits und seine Vorgeschichte (Studi Gregoriani 12), Roma 1985, S. 184f., die in diesem Zu-
sammenhang in Anschluss an die Formulierungen des oben zitierten Schreibens Gregors VII.
an die Mönche von Saint-Victor vom 2. Januar 1079 (JL 5100) von einem .Adhäsionsverhältnis'
(S. 184) spricht.
18 JL 5134. Ed.: Santifaller, Quellen und Forschungen (wie Anm. 9), S. 199-206, Nr. 173; Cartu-
laire de l'abbaye de Saint-Victor de Marseille, pubi, par M. Guérard (Collection des Cartu-
laires de France VIII-IX), Tome II, Paris 1857, S. 214-220, Nr. 843 (zu 1079 Juli 4). Vgl. zur kom-
 
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