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Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

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Vones, Ludwig: Päpstlicher Legat und päpstlicher Wille. Zu den Rahmenbedingungen der Legatengewalt um 1100 am Beispiel der Gesandtentätigkeit des Richard von Marseille
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https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0338

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Päpstlicher Legat und. päpstlicher Wille

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Der Kardinallegat, der im Fall von Sant Joan de les Abadesses soviel Machtbe-
wusstsein und Durchsetzungsvermögen gezeigt hatte und wegen dieser und ähn-
licher Verhaltensweisen von der älteren Forschung als „hochfahrend, herrisch und
gewalttätig" oder „heftig und übereifrig, zufahrend und gewaltsam" charakteri-
siert wurde5, war Richard aus dem Haus der Vizegrafen von Millau6, der bereits
seit Mitte 1078 durch Papst Gregor VII. mit einer Legation nach Spanien betraut
worden war7. Er war im November 1079 als Nachfolger seines ebenfalls mit wichti-
gen päpstlichen Legationen betrauten Bruders Bernhard, beide Söhne des Vizegra-
fen Richard II. von Millau-Gévaudan und als Brüder des ihm nachfolgenden Vize-
grafen Berengar von Millau-Gévaudan mit allen den Viktorinern wohlgesonnenen
Geschlechtern im Rouergue und im Gévaudan eng verwandt8, zum Abt von Saint-
Victor in Marseille bestellt worden9, aber bereits spätestens bis 1078 von Papst Gre-
gor VII. oder sogar schon von Alexander II. zum Kardinalpriester ohne bestimm-
bare Titelkirche erhoben worden, so dass Klaus Ganzer ihn dem auswärtigen
Kardinalat zurechnet10. Zugleich mit seinem Marseiller Abbatiat hatte ihm Gre-
gor VII. die Abtswürde von San Paolo fuori le mura in Rom übertragen, dessen
Rektor er selbst wohl bis dahin gewesen war und dessen Privilegien einschließlich
Immunität, Exemtion sowie freier Rektorswahl er zu dieser Zeit vielleicht bestätigt
hatte11, um eine unio beider Konvente herbeizuführen und durch diese Fessel eine

und Südwestfrankreich: Politische und diplomatische Aspekte, in: Aspects diplomatiques des
voyages pontificaux. Études réunies par Bernard Barbiche/Rolf Grosse, Paris 2009, S. 203-
217; Schieffer, Die päpstlichen Legaten in Frankreich, S. 146f.
5 Schmid, Die Entstehung des Marseiller Kirchenstaates (wie Anm. 2), S. 191; Kehr, Das Papst-
tum und der katalanische Prinzipat (wie Anm. 1), S. 38.
6 Zum Haus der Vizegrafen von Millau im 11. Jahrhundert siehe Jérôme Belmon, Aux sources
du pouvoir des vicomtes de Millau (XIe siècle), in: Vicomtes et vicomtés dans L'Occident mé-
diéval, hg. von Hélène Débax, Toulouse 2008, S. 189-202, dessen Ausführungen auf seine
Thèse d'École des Chartes: ,Les vicomtes de Rouergue-Millau', Paris 1992, zurückgehen (s. Po-
sitions des thèses 1992, Paris, 1992, S. 21-30), und - aus einer anderen Perspektive - Florian
Mazel, La noblesse et l'Église en Provence, fin Xe-début XIVe siècle. L'exemple des familles
d'Agoult-Simiane, de Baux et de Marseille (CTHS - Histoire, 4), Paris 2002, S. 161ff„ sowie F. de
Gournay, Le Rouergue au tournant de l'An Mil. De l'ordre carolingien à l'ordre féodal (IXe-
XIIe siècle). Rodez/Toulouse 2004. Vgl. auch Jérôme Belmon, Les débuts d'un prieuré victorin
en Gévaudan: Le Monastier-Chirac (XIe-XIIe siècles), in: Bibliothèque de l'École des chartes 152,
1994, S. 5-90, bes. S. 13ff.
7 JL 5076.
8 Vgl. Belmon, Aux sources du pouvoir des vicomtes de Millau (wie Anm. 6), mit Stammtafel
auf S. 202; Mazel, La noblesse et l'Église en Provence (wie Anm. 6), S. 169ff., mit Stammtafel
auf S.175.
9 JL 5143-5144. Ed.: Das Register Gregors VIL, ed. Erich Caspar, 2 Bde. (MGH Epistolae Selec-
tae, 2,1-2), Berlin 1920-1923; ND München 1990, hier Bd. 2, S. 468-470, Nr. VII, 7-8. Cfr. Leo
Santifaller, Quellen und Forschungen zum Urkunden- und Kanzleiwesen Papst Gregors
VIL I. Teil (Studi e Testi 190), Città del Vaticano 1957, S. 206, Nr. 175.
10 Ganzer, Das auswärtige Kardinalat (wie Anm. 2), S. 32.
11 JL +5200; Regesta Pontificum Romanorum. Italia Pontificia, congessit Paulus Fridolinus
Kehr, vol. I: Roma, Berolini 1906, S. 168f., Nr. 16. Ed.: Santifaller, Quellen und Forschungen
(wie Anm. 9), S. 20-28, Nr. 36 (zu [1073-1085] März 14). Während Julius von Pflugk-Hart-
tung. Iter Italicum, Stuttgart 1883, S. 80, und ihm folgend Loewenfeld in der nur kopial über-
lieferten Papsturkunde eine komplette Fälschung sehen, geht Kehr in der Italia Pontificia von
 
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