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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0021
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20

III Orientierung

111 Die mittelalterliche Perspektive: Force, pMZss%7ice/poMUoZr, vZoZenee
Da die vorliegende Arbeit vor allem auf das mittelalterliche Verständnis von
Gewalt zielt, ist es nur konsequent, die Frage nach einer entsprechenden De-
finition dort beginnen zu lassen. Im Folgenden sollen zentrale Begriffe des
Mittelfranzösischen, in dem ein Großteil der verwendeten Quellen verfasst
wurde, auf ihre Bedeutungsschattierungen hin untersucht werden: Mit wel-
chen Begriffen konnte ,Gewalt' von den spätmittelalterlichen Autoren be-
schrieben werden?? Grundlage für die folgende Darstellung sind die Lemma-
ta des altfranzösischen Wörterbuchs von Tobler/Lommatzschs, die anhand
eigener Quellenbelege verifiziert und gebündelt werden.
Force
(1) Der Begriffybree vereint die meisten Bedeutungsvarianten, die nicht immer
exakt voneinander abgegrenzt werden können. Eine erste Gruppe bilden die
deutschen Entsprechungen ,Stärke', ,Kraft' und ,Macht', mitunter auch
,Wucht' und ,Heftigkeit':
.. .m%Zs conZre sZ gnmZ Jbrce ne Ze pouoZenZ ZenZrF
[.. .doch gegen eine derartige Kraft konnten sie nicht standhalten.]
...Ze^ZZ emprZsonner, cf ZnZmmaZnemenZ geZienner, ^nesZZonner, eZ Zonr-
menZer, ZeZZemenZ tpie scs memZtres parybree de geZienneyhrenZ Zons desrom-
jPMS.l"
[er ließ ihn verhaften und unmenschlich foltern, befragen und quälen,
derart, dass seine Glieder durch die Heftigkeit der Folter brachen.]
(2) Konkreter kannybree auch die militärische Stärke beziehungsweise eine
konkrete Menge an Soldaten und ihre Wirksamkeit beschreiben. Froissart
bietet ein eindrückliches Beispiel, wenn er zum Jahr 1399 eine Truppenan-
sammlung bei London beschreibt:
...c%r ZZz sc ZroMooZcnZ Zden du cZos de Fondres .vvZZZ/."' Ziommes, %rmez de
pZeZ en cap de ZooZes pZeces, eZ Zden .vvv.'" orc/iiers; c'esZ granZ ^orce, ear ZZz
sonZybrs, dnrs, ZiardZs eZ ZiansZersA
[denn direkt vor London waren gut 24 000 Mann, von Kopf bis Fuß
bewaffnet, und gut 30 000 Bogenschützen; das ist eine große Streit-
macht, denn sie sind kräftig, hart, kühn und unerbittlich.]

^ Im Lateinischen sind vor allem die Worte pofesfas (Herrschaft, Macht) und MoLntL (Gewalttat)
zentral, vgl. Braun/Herberichs, Einleitung, S. 19f. Pofcsfas bezieht sich dabei ausschließlich auf
den Aspekt herrschaftlicher Gewalt, vgl. Kölmel, Regimen Christianum, S. 3-6.
s Altfranzösisches Wörterbuch, 11 Bde., hg. von Adolf Tobler/Erhard Lommatzsch (weiterge-
führt von Hans Helmut Christmann), Stuttgart 1925-2002.
9 Chronique des quatre premiers Valois, S. 118.
Juvenal des Ursins, Histoire, S. 460. Weitere Belege mit dieser Bedeutung: Monstrelet, Chroni-
que, Bd. 1, S. 134, 138, 156f. 364; Bd. 2, S. 191, 221, 252, 263; Chronique des quatre premiers
Valois, S. 66, 75,118,170; Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 788f. (11,34).
ii Froissart, Chroniques (liv. III & IV), S. 818f. (IV,76).
 
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