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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0078
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11 Kriegerisch-bejahend

77

Faszination, Leid und Leidenschaft
Der Krieg erscheint in der ritterlichen Gedankenwelt als durch und durch
positive und nützliche Sache. Die Schönheit der Heere wurde bilderreich
beschrieben,die „schönen Rittertaten"33 bewundert und die angerichteten
Zerstörungen nicht nur bereitwillig hingenommen (freilich nur, wenn es sich
um fremdes Territorium handelte34), sondern als integraler Bestandteil des
Krieges verstanden: „Krieg ohne Feuer ist wie Würstchen ohne Senf"35, so
soll Heinrich V. von England geantwortet haben, als er auf die von seinen
Soldaten angerichteten Brände angesprochen wurde. Auch französische
Krieger, so überliefert es Thomas Basin, sollen um 1435 die von Engländern
besetzte Normandie nach dem Motto „besser zerstörtes als verlorenes
Land"36 verwüstet haben. Dem Gegner zu schaden galt als ritterliche Pflicht
und alle Zerstörungen damit als rechtens^?
„Der Krieg", so belehrt der /oMUcncd, „ist eine freudige Sache, man
hört und sieht viele gute Dinge und lernt sehr viel Gutes. Wenn es ein
guter Streit ist, bedeutet er Gerechtigkeit, die Verteidigung des
Rechts. Ich glaube, Gott liebt diejenigen, die sich dafür einsetzen, ge-
gen Undankbare und Verächtliche, gegen Kriecherische und Hoch-
mütige, gegen die, die sich der Rechtmäßigkeit entgegenstellen, Krieg
zu führen. Die, die sich bemühen, solche zu zügeln, verdienen Lob."3s
Aus der gesellschaftlichen Funktion und dem rechtmäßigen Vorgehen
folgte in der ritterlichen Ideo!ogie3^ schließlich auch die Gottgefälligkeit ritter-

^ Graut dtaMdto td graut pddsHMCo/M a uootr t'ordoMMHMCo dM dopartomtmt, commtmt res daM&ros, res
ptmons ef res ostramdrs ärmeres Neu ef rdrdomtmt des armes des sdgMOMrs utmtododmt HM utmt ef res-
ptoMdtsso&Mt HM so/ed, ef de oi/r res trompottos ef res daroMcdtaMÜ rtdtmtir ef doMdir ef HMttros me-
Mostrdz^atro loMr mostdr de p;'pes ef de edatmodos ot de MHoyMHmes, taut ^M dM sow ef de ta uoä* ^M; tm
)/sso;'erd ta mor en reterdissod toMto. Froissart, Chroniques (liv. III & IV), S. 461 (IV,13). Siehe auch
Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 214. Vgl. zum Aspekt der 'Schönheit' kriegerischer Gewalt
auch Sullivan, The good, S. 111-114.
33 Bcdcs rdeua/eries. Chronique des quatre premiers Valois, S. 22.
34 Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 798 (11,39), berichtet, dass sich einige bretonische Soldaten
1381 einem Kriegszug verweigert hätten, der ihr eigenes Land betroffen hätte.
33 Ft rrspowdd (?Mr er M'ostott (?Me MSHMre dr gMerre, rf (?Me gMerre saMs^rM Mr uatott neu, MOM ptMS ^Mr
HMdodidrs saus moMsfardr. Juvenal des Ursins, Histoire, S. 561.
36 Traf tmim trttMm tMMC commMMt sormoMC utdMd prouordtMm apMd tpsos ,mottMS torram ua/rrr uastatMm
^Mam prrddam', ram apprdaMfrs pordttam ^Mam dostos ttmodant, ^MamdtM SMd oorMm potostato maueret.
Basin, Charles VII, Bd. 1, S. 196. Vgl. zum Sprichwort Proverbes fran^ais, S. 47 (Nr. 1291).
32 Car ew toMtos mawieres dott OM et poot par drott d'armes greuer sow OMMomt. Froissart, Chroniques
(SHF), Bd. 5, S. 207 (1,460). Siehe auch The Book of Chivalry, S. 128. Nora nt omnes t?Mod dost; ;'r;
dostom daM*;pr;a m/rrrr pro utrtdts ;Mra dedira pormttMMt. Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 386.
33 C'ost joi/eMse rdose ^Me ta gMerre; OM i/ oi't, OM i/ uoit deaMroMp de doMMes rdoses, et i/ approwt moMd de
dien. QMHMf ede esf ew doMMe ^Merede, r'esf jMshre, r'esf de^feMdre droddMre. Fd rroi/ ^Me DtoM ai/me dien
reMÜ ^M; exposewf loMr rorps a uoMtotr^atro ta gMerre ef^aire ta raison HMX mgradz et desroMgMeMZ, HMX
prosferwes et orgMed/eMX, et ^Mt uoMt roMfre doMMe e^Mde. CoMÜ ^Mt se pemewf de /es repr/mer sowt a
toMor. Jean de Bueil, Jouvencel, Bd. 2, S. 20.
39 Der Begriff der Ideologie scheint für das ritterliche Denkmuster tatsächlich angebracht zu sein,
wenn man „Ideologie" als eine vermittelbare Weitsicht, als ein auf Verbreitung angelegtes Sys-
tem von Ideen versteht. Siehe dazu: Martin, Mentalites [1998], S. 9f.; Raulff, Mentalitäten-
 
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