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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0082
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11 Kriegerisch-bejahend

81

Die Notwendigkeit der Beute aber stand den hehren Idealen und der Pro-
fessionalität der Ritter entgegen, was in chronikalischen Darstellungen immer
wieder als Konfliktbereich aufgezeigt wurde: Als Ludwig, Graf von St. Pol,
1466 vor Lüttich einen Angriff auf das desorganisierte gegnerische Herr als
unehrenhaft ablehnte, konnten die einfachen Soldaten in der Schilderung
Commynes nur an die ihnen wegen dieser Entscheidung entgangene Beute
denken A Auch Michel Pintoin betonte mehrfach die Beutegier der Soldaten^
und sogar Geoffroi de Charny warnte aus taktischen Gründen vor zu großer
Gier/'" Als Geoffroi über diejenigen schrieb, die aufgrund ihrer Taten unwür-
dig seien und schwere Strafen verdienten, sprach er bewusst nicht mehr von
Rittern, sondern von „Leuten, die sich bewaffnen, aber keine Krieger sind.""'
Ritter, so der Umkehrschluss, würden niemals Übel begehend
Die Söldner aber sahen sich selbst ebenfalls als professionelle Kämpfer an:
Der Krieg war ihr Beruf, den sie allerdings aus durchaus verschiedenen Moti-
ven nachgingen. Für nachgeborene oder illegitime Adelssöhne war das An-
führen einer Söldnergruppe nicht nur Lebensunterhalt, sondern auch eine
Möglichkeit, Anschluss an die Adelskultur zu gewinnen. In dem Maße, in
dem soziales Prestige durch Kriegstaten bedingt war, musste die Beteiligung
am Kampf als Aufstiegsmöglichkeit verlockend sein. So bot der Krieg auch
vielen anderen nicht nur eine Perspektive auf Lohn, sondern auch auf Aben-
teuer, Beute und womöglich Ruhm."" Die Attraktivität der ritterlichen Lebens-
führung übte eine Sogwirkung aus, die viele Männer den ,Weg der Waffen'
folgen, von sozialem Aufstieg träumen und mitunter ritterliche Ideale imitie-
ren ließ ."4 Das Leben unter Waffen und die physische Überlegenheit gegen-
über anderen prägten das Lebensgefühl der Söldner, ob in offiziellen Diens-
ten oder nicht. Zu Zeiten, in denen die Söldner nicht offiziell bei Fürsten unter
Sold standen, nutzten sie ihre Stärke und Unangreifbarkeit und lebten plün-
dernd ,aus dem Land'. In einer von Froissart überlieferten Rede des Söldner-
führers Merigot Marches an seine Gefolgsleute beschrieb dieser einen Ausritt
seiner Truppe und führt damit deren Lebensgefühl eindrücklich vor:
„Es gibt keinen Lebensweg, weder Vergnügen noch Ruhm in dieser
Welt außer als Krieger, außer zu kämpfen, wie wir es getan haben.
Wie waren wir froh, wenn wir zu Abenteuern ausritten und unter-

gMrrra, r ia pacr m; dis/ärrMv? E ros; commr ;'o u;'uo d; gMrrra, ros; uo; uiurfr d; Lwoswa; s; ia r;'s-
posfa ;'o u'Eo/HÜH r sMa s;'w;7r dia uosha SHiMfazioMr Sacchetti, Trecentonovelle, S. 609
(CLXXXI). Zu Hawkwood siehe Caferro, lohn Hawkwood.
58 Philippe de Commynes, Memoires, Bd. 1, S. 91f. (11,1).
59 Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 108; Bd. 5, S. 308 und 378.
80 The Book of Chivalry, S. 98.
61 Grus tp;;' so rrwirnt d wo so?d wir grws dTrmt's. The Book of Chivalry, S. 176f. Ebenso bei Philippe
de Mezieres, Songe, Bd. 1, S. 530 (11,112), der drei Gruppen unterscheidet: Adlige, die nur dem
König in den Krieg folgen; Ritter, die dauerhaft Krieg führen; Kleinadlige und cowwMMrs, die
nur plündern.
62 Dr MMÜrs wmk's orurrs w sr ur;drMf OMfrrwrürr. The Book of Chivalry, S. 84.
63 Keen, Chivalry, Nobility, S. 43-45; Fowler, Great Companies, S. 160.
64 France, Mercenaries, S. 10f.; lamme, Soudoyers, S. 160-162.
 
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