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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0086
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21 Theologisch-skeptisch

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der .wahren' mtFfes C/zn'sh für sich verteidigt. Die ritterliche und monastische
Welt seien also keineswegs so strikt getrennt gewesen, wie sie oft dar gestellt
würden: Die zzzzzfzzfzo Clzrzsfz habe sich für Mönche auch in ihrem spirituellen
Krieg gegen das Böse gezeigte Auch die verbreitete Vorstellung, der Klerus
habe keinerlei Waffen führen dürfen, ist nach Duggan in dieser Absolutheit
nicht haltbar: Von Päpsten über Bischöfe bis zu Priestern waren Kleriker auch
im Spätmittelalter häufig in die aktive Kriegsführung eingebunden.^ Dies
zeigt beispielhaft die knappe Schilderung Monstrelets. der sich gleichwohl
leicht irritiert zeigt, dass der Erzbischof von Sens 1411 in Rüstung statt in
bischöflichem Ornat in den Krieg gezogen seid" Der religiös-theologische
Blick auf Gewalt ist also ein kritisch-prüfender. kein rundherum ablehnen-
der.^

Ideal & Pragmatismus
Negative wie positive Beschreibungen von Königen. Fürsten und Kriegern
lassen zusammengenommen ein Idealbild der Gesellschaft erkennen, in dem
die Gewaltausübung ihren festen Platz hat: Der König oder Fürst sollte einer-
seits dem Krieg nicht zu sehr zugeneigt seitW und sich nicht unüberlegt zu
Schlachten hinreißen lassen.^ andererseits war die (gerechte und überlegte)
Kriegstührung eine elementare Aufgabe des Königs.^ Die Ritter wiederum
sollten das Volk schützen, wobei auch hier die Aufgabe zugleich eine Pflicht
war. denn angesichts verbreiteter Plünderungen wurde dem Adel seine Untä-
tigkeit ebenso vorgeworfen wie verschiedene Todsünden.^
Neben diesem grundlegenden Ordnungsentwurf ist die Sicht klerikaler
Autoren auf Gewalt recht pragmatisch. Das Abwägen zwischen Krieg und
Frieden fand auf einer rationalen Ebene statt, die so manchen Bischof eher als

s Smith. War. bes. S. 112f. und 197-199. Zur engen Verknüpfung der adligen und klerikalen
Lebenswelt v.a. im Hochmittelalter siehe Barthelemy, Chevaliers.
9 Duggan. Armsbearing. Für Beispiele siehe ebd.. S. 29-36. sowie 157-161.
10 Monstrelet. Chronique. Bd. 2. S. 192. Auch die Chronique dite de Jean de Venette. S. 146. er-
wähnt explizit die Beteiligung von Bischöfen an der Schlacht von Poitiers (1356). Zur Frage des
Waffentragens von Klerikern siehe Duggan. Armsbearing. bes. S. 221-230.
11 Siehe dazu auch den kurzen Überblick bei Clarke. Clergy.
12 Chronique du Religieux. Bd. 1. S.22-24; Basin. Charles VII. Bd. 2. S. 10-12.
10 Die Chronique des quatre premiers Valois. S. 50f. beschrieb. Johann II. habe die Schlacht von
Poitiers 1356 de iMSÜue uoMlcMfc begonnen. Siehe auch ebd.. S. 15. zu Philipp VI. vor der Schlacht
von Crecy: Le rot/ PZn'üppe estoit Men desO'/" dowis. Siehe darüber hinaus ebd.. S. 48-54 und 107;
Philippe de Commynes. Memoires, Bd. 1. S. 113 (11.4). 136f.. (11.10). 215 (111.9).
11 Chronique des quatre premiers Valois. S. 40f. und 46; Chronique du Religieux. Bd. 1. S. 24—26;
Basin. Charles VII. Bd. 1. S. 220-222; Philippe de Commynes. Memoires. Bd. 1. S. 113f. (11.4).
186f. (111.5). 193f. (111.5).
i8 Zum Schutz als Aufgabe des Rittertums: Chronique du Religieux. Bd. 6. S. 42-44, 256-258, 320-
322, 346, 354-356, 396-398; Nicolas de Clamanges, Opera omnia, Bd. 1, S. 54 (De tapsM et repera-
L'one iMSÜ'fMe, Kap. 16); Timbal, Guerre, S. 100-102, hier 100 (Nr. 31). Zum Vorwurf der Untä-
tigkeit: Chronique du Religieux, Bd. 4, S. 362-364; Bd. 6, S. 130 und 362; Basin, Charles VII,
Bd. 1, S. 224. Zur Gier: Chronique du Religieux, Bd. 4, S. 518. Zum Hochmut: Chronique du Re-
ligieux, Bd. 1, S. 462; Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 361f. Zu Zorn und Rachsucht: Chronique
normande de Pierre Cochon, S. 217; Chronique des quatre premiers Valois, S. 193; Chronique
du Religieux, Bd. 1, S. 714; Bd. 5, S. 548.
 
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