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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0085

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21 Theologisch-skeptisch

Die Sündhaftigkeit der Menschen hatte Herrschaft nötig gemacht, die als In-
strument Gottes in dessen Dienst stand, um die Guten zu schützen und die
Bösen zu bestrafend Gegen die Ausübung von Gewalt aber stand das im
Neuen Testament verankerte Friedensgebot. Der Aufstieg zum vom Kaiser
geförderten Kult in der Spätantike war für das Christentum eine enorme Her-
ausforderung, denn die politische Verantwortung des Regierens ließ einen
radikalen Pazifismus nicht zu3 Aus der pragmatischen Notwendigkeit des
4./5. fahrhunderts, eine christliche Herrschaft und christliche Gewaltaus-
übung theoretisch zu legitimieren, entwickelte sich das Konzept des MZum
nisfum - nicht als fixe Theorie, sondern als sich erst allmählich ausdifferenzie-
rende Lehred Die rechtlich-theologische Weiterentwicklung der Grundlegung
durch Augustinus durch Autoritäten wie Isidor von Sevilla (+ 636) oder
Thomas von Aquin (+ 1274) festigte seine Verbindlichkeit. Jenseits dieser reli-
giös-politischen Metatheorie gab es seit dem 10. Jahrhundert das intensive
klerikale Bemühen, nicht nur das nis ad hdümz festzuschreiben, sondern auch
die Kriegstührung selbst zu beschränken (fus in ?Wio)d Die Gottesfriedensbe-
wegung (die später von weltlicher Seite in die Landfriedensbewegung über-
führt wurde) zielte vor allem darauf, unbewaffnete Gruppen zu schützen und
religiöse Orte wie Klöster und Kirchen unter besonderen Schutz zu stellend
Als , gerechte Kriege' standen die Kreuzzüge einerseits in eben dieser augus-
tinischen Tradition/ gingen aber andererseits mit der positiven christlichen
Rechtfertigung als Wille und Auftrag Gottes einen Schritt weiter. Dazu gehör-
te etwa die Stilisierung der Kreuzritter als mdzfes Cdnsü/ Gleichzeitig, so wies
Smith nach, sei auch die monastische Kultur des 10. bis 12. Jahrhunderts von
kriegerischer Terminologie durchdrungen gewesen und habe das Konzept

' Die theoretisch-theologischen Herleitungen der Herrschaft fallen zwar bei verschiedenen
Autoren wie Augustinus, Gregor VII., Johannes Quidort oder Wilhelm von Ockham unter-
schiedlich aus, sehen aber letztlich alle das Prinzip adliger Herrschaft als gottgegeben an; vgl.
Stürner, Peccatum, S. 264-271.
2 Reichberg, Thomas Aquinas; Buc, Exegese, bes. S. 143f., siehe auch Meier, Christlicher Kaiser;
Buc, Thoughts; Holzem, Krieg, S. 20-26; Haines, Attitudes; Allmand, The War and Non-
combatant, S. 175f.
^ Graf, Sakralisierung, S. 7. Zum Konzept des IvdMW iMsfMW siehe S. 84 und 140 dieser Arbeit.
^ Meyer, Freunde, S. 251-266; Hertz, Thomasische Lehre, S. 27-29; Schmidtchen, Ius; Ziegler,
Kriegs-rechtliche Literatur, S. 57f.; Howard, Constraints, S. 3.
^ Siehe dazu Ohler, Pax Dei; Gergen, Pratique; Goetz, Die Gottesfriedensbewegung; Hehl, Sorge;
Barthelemy, L'an mil; Frassetto, Violence; Goetz, Protection; Goetz, Kirchenschutz; Hoffmann,
Gottesfriede.
6 Vgl. dazu Hehl, Heiliger Krieg; dagegen Kretschmar, Heilige Krieg.
7 Wegweisend ist hier der Traktat Ad mddes femph de iHMde Mouae widdec Bernhards von Clairvaux
(verfasst vermutlich vor 1130): Bernhard von Clairvaux, Sämtliche Werke, Bd. 1, S. 268-326.
Vgl. dazu Huber, Gewalt, S. 161-164; Oschema, Si fut moult grande perte, S. 101f.; Althoff,
Christi milites.
 
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