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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0294

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31 Formen interpersoneller Gewalt

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letzt zu haben - dies habe allen ritterlichen Regeln widersprochen („Sie sind
kein guter höfischer Kämpfer!"^). Andererseits habe der Kampf ohne Billi-
gung des Königs stattgefunden, was die Kämpfenden zu Majestätsverbre-
chern gemacht habe. Clary rechtfertigte sich jedoch damit, die Ehre Frank-
reichs und seiner Ritter gegenüber England verteidigt zu haben A Da einige
hohe Adlige sich für ihn einsetzten, blieb ihm schließlich eine Strafe erspart.
Einem Lehrstück gleich führt Froissart an, dass Gary bei seiner Freilassung
erklärt wurde, wie er sich aus obrigkeitlicher Sicht hätte verhalten sollen: Er
hätte die Beleidigungen Pierres nach Paris melden und weitere Anweisungen
abwarten sollen. Die Spannung zwischen adliger Selbständigkeit und obrig-
keitlichen Kontrollversuchen tritt in Froissart Schilderung offen zu Tage.
Letztlich zeigte sich Gary in der Darstellung Froissarts einsichtig und be-
dankte sich für die Belehrung. i°°

313 Attentate und Morde
Die Idealisierung von Zweikämpfen als ritterliche Form der Konfliktlösung
beruhte vor allem darauf, dass die Kontrahenten sich auf Augenhöhe und in
gleicher Ausgangsposition begegneten: Man sprach Regeln ab, nutzte diesel-
ben Waffen und konnte sich so fair aneinander messen. Als Johann der Blin-
de, König von Böhmen, Kasimir III. von Polen auf dessen Aufforderung zum
Kampf antwortete, er solle sich zuerst blenden lassen, um gleiche Vorausset-
zungen zu schaffen, war dies gleichermaßen ,ritterlich' und geschickt: Er sig-
nalisierte einerseits eine dem ritterlichen Ideal entsprechende ständige
Kampfbereitschaft und konnte andererseits sichergehen, dass kein Duell statt-
finden würde."" Das negative Gegenbild eines solchen, auf Symmetrie beru-
henden Zweikampfs ist der menrÜT, der gezielte Mordanschlag aus dem Hin-
terhalt, um den es im Folgenden gehen so

313.1 Hass und Heimtücke: Morde unter Fürsten
Vor dem Hintergrund der ritterlichen Verhaltensideale war die Ermordung
eines Fürsten ein Tabubruch und kam im hochmittelalterlichen Frankreich
entsprechend selten vor."'" Durch personelle Bindungen war man einander

98 VoMS M'rsirs pas Neu coMriois JoMsicMr.' (...) VoMS awz cp/crrc ioMi o:dfm drspgMdr mrssirr Prnv &
CoMUrMHi/. VoMS dr:dss;'cs ci pr:dss;'cs dir?! pd?s coMrioisr?Mr?!i auoir JoMsir. Ebd., S. 390 (IV,5). Siehe
dazu Nadot, Spectacle, S. 63-66.
99 Je cMidr auoir Neu rxpioiiir ei gardr i'oMMCMr d:? mw/me de Frawee ei des edruadirrs tpu i/ sowi. Frois-
sart, Chroniques (liv. III & IV), S. 393 (IV,5).
Mo Ebd., S. 394 (IV,5).
Mi Fi tpda rex JodHMMes owudüo iMMe exeeeaiMS erai, MMMCMuii sidi; (?Mod se exeeearejdeerei, iMMe pan'dMS
arwu's ddrndssimt' uedei ddrere dMedMW. Die Autobiographie Karls IV., S. 192 (Kap. 18); Verweis
bei Neumann, Zweikampf, S. 171.
M2 Vghdie Definition Philippes de Beaumanoir, S. 281, Anm. 23.
M3 An den Beginn seiner Chronik (zum Jahr 1419) stellt Georges Chastellain einen Rückblick auf
spektakuläre Morde und führt die Ermordung des Grafen von Flandern 1127, die Vergiftung
 
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