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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0349

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11 Töten und Sterben

Töten und Sterben sind zwei mit dem Phänomen der Gewaltausübung eng
verbundene Phänomene, deren Darstellungs- und Bewertungskriterien be-
stimmten kulturellen Mustern unterliegend lean Froissart beschrieb die
Schlacht von Crecy (1346) ausdrücklich als „hart und schrecklich"^: Es hätten
zwar viele große Waffentaten stattgefunden, diese aber seien kaum bekannt
geworden, weil es schon dämmerte, als die Schlacht begann. Daher hätten
auch viele französische Krieger ihre Herren verloren und seien in Unordnung
geraten, worauf die Engländer sie getötet hätten, ohne sie auf Lösegeld ge-
fangen zu nehmen.
Aus ritterlicher Sicht ging es in großen Schlachten nicht primär um das Tö-
ten des Gegners, sondern um das ehrenhafte Kämpfen selbst, durch das man
sich einen Ruf als guter Krieger erwerben konnte; der Sieg war umso ruhm-
voller, je mehr Gefangene man machen konnte, fe nach Stand ehrten die Ge-
fangenen durch ihre Kapitulation den Gegner und versprachen je nach Reich-
tum ein mehr oder weniger erhebliches Lösegeld. Obwohl das Kämpfen zum
Selbst Verständnis der Ritter und Krieger gehörte, lässt sich ihr Verhältnis zum
Töten und Sterben in den Quellen nur selten fassen. Diese Diskrepanz soll im
Folgenden in den Blick genommen werden.

111 Töten
Explizite Verweise auf das Töten sind in historiographischen Quellen seitend
Es fallen allerdings drei Bereiche auf, in denen das Töten dennoch expliziter
beschrieben wurde: Das Töten in kriegerischen Kontexten, öffentliche Hin-
richtungen und spektakuläre Morde. Da diese Bereiche als Gewaltformen mit
ihren jeweiligen Implikationen bereits analysiert wurden, soll der Fokus nun
übergreifend auf den Akt des Tötens, seine Opfer und Beschreibungsmuster
gerichtet werdend

,Heiße Wut'
Es ist auffällig, dass die meisten expliziten Tötungsdarstellungen in Chroni-
ken negativ konnotiert und häufig mit dem Motiv der „heißen Wut"

' Zu Darstellungen des Tötens und Sterbens in der Chronistik siehe generell Prietzel, Tod; Os-
chema, Si tut moult grande perte.
2 Ceste FaidNe, re sawedt, ewtre ta Brote et Creci, woMtt A^M^sse et tres t?orrtMe. Froissart, Chro-
niques (liv. I & II), S. 581 (1,281).
2 Prietzel, Tod, S. 70-73; Oschema, Si tut moult grande perte, S. 109f. und 119f.; Schmitt, Chroni-
queurs, S. 100.
^ Zum Henker als eine wegen seines Berufs infame soziale Person siehe S. 331-334 dieser Arbeit.
 
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