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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0103
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102

1111 Voraussetzungen

Bestimmungen waren vor allem Ausdruck der städtischen Reform wünsche,
die keinesfalls über die bisherigen königlichen Ordonnanzen hinausgingen.
Sie bündelte diese vielmehr, um dem , guten, alten Recht' erneut Geltung zu
verschaffen.^
Eine dezidierte Behauptung eines obrigkeitlichen Gewaltmonopols lässt
sich in den Quellen also nicht nachweisen. Die Fehde-Gesetzgebung des Kö-
nigs pendelte eher zwischen dem königlichen Wunsch nach Eingrenzung
innerer Kriege und dem Vorrang königlicher Unternehmungen auf der einen
und dem adligen Beharren auf traditionellen Privilegien auf der anderen Sei-
te. Je länger der Krieg andauerte und je desolater die Lage des Königs wurde,
desto mehr beschränkte er sich auf reaktive Maßnahmen.
Der Anspruch auf den Vorrang königlicher Rechtsprechung vor adliger
Handlungsautonomie zeigt sich auch bei den Regelungen zu Duellen und
Turnieren, wenngleich in der diesbezüglichen Gesetzgebung ähnliche
Schwankungen wie bei den Privatkriegen zu beobachten sind 7° Unter Lud-
wig IX. wurde 1260 ein grundsätzliches Verbot von Duellen in der Krondo-
mäne erlassen.^ Dieses wurde später geographisch auf das ganze Königreich
ausgeweitet, aber auf die Dauer königlicher Kriege beschränkt/? 1304 erfolgte
die zeitliche Verstetigung des Verbots/^ schon 1306 aber wurden Duelle als
juristischer Beweis wieder zugelassen/41315 schließlich für bestimmte Regio-
nen mit anderen adligen Privilegien grundsätzlich wieder erlaubt/^ In Straf-
sachen erhielten sich Duelle bis ins 15. Jahrhundert als adlige Praxis/6 Auch
historiographische Berichte spiegeln die Ambivalenz der Regelungen und
berichten häufig von verbotenen oder kurzfristig abgesagten Duellen und
Turnieren. Der König und sein Rat, so berichtet Monstrelet, wollten 1403 ei-
nen Kampf zwischen vier Rittern des Seneschalls des Hennegau und vier
Rittern aus Aragon zunächst untersagen/? Da sich aber alle Beteiligten ein-
vernehmlich darauf geeinigt hatten, ließ man den Kampf beginnen. Die Ara-
gonesen aber wurden bald arg von den kampfestüchtigen Franzosen be-
drängt und der König ließ den Kampf unterbrechen, denn „so wie man sehen
konnte, waren die Aragonesen in Gefahr das Schlimmste zu erleiden, wenn
die Sache bis zum bitteren Ende ausgetragen würde.Einen anderen Kampf
untersagte der König sechs Jahre später im Beisein der schon kampfbereiten
Ritter, weil es keinen „sinnvollen Grund" für den Kampf gebe - die Ritter

69 Siehe dazu Ross, Anger, S. 443f.; Schnerb, Armagnacs, S. 179-181 und 191f.; d'Avout, Querelle,
S. 187-191 und 200fCoville, Les cabochiens, S. 209-223 und 379-381.
7° Vgl. dazu Neumann, Zweikampf, S. 45-47; Gauvard, Duel judicaire.
Ordonnances, Bd. 1, S. 86 (Ludwig IX., 1260).
72 Ebd., Bd. 1, S. 328f. (Philipp IV., 1296).
73 Ebd., Bd. 1, S. 390 (Philipp IV., 1304),
74 Ebd., Bd. 1, S. 435-441 (Philipp IV., 1306). Siehe dazu auch S. 285-293 dieser Arbeit.
75 Ebd., Bd. 1, S. 558f. (Philipp IV., 1315).
76 Neumann, Zweikampf, S. 47.
77 Monstrelet, Chronique, Bd. 1, S. 76-80.
78 Ei poMr urai/, sc/ow PapparcMcc pouo/f fco/r, sc /a /vsogwc sc JcMsf poMrsMi/c JMS^MCS a o:d-
francc, /cs ArragoMMo/s csfo/cnf CM graut pcr;7 & CM auo/r /c p/rc. Ebd., Bd. 1, S. 79.
 
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