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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0104
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31 Obrigkeitlich-zentralisierend

103

wollten kämpfen, „nur um ihre Tapferkeit zu zeigen."^ Ein grundsätzliches
Verbot bestand also keineswegs, ein Duell benötigte jedoch die königliche
Zustimmung und konnte jederzeit abgebrochen werden.
Die Stellung des Königs wurde von einer Gruppe königsnaher, oft klerika-
ler Autoren intensiv diskutiert. Angesichts der desolaten Lage des Landes
stilisierten sie in ihren Schriften ein durchsetzungsstarkes, unantastbares Kö-
nigtum, dessen Aufgabe es war, den Frieden (notfalls gewaltsam) zu sichern
und Verbrechen zu bestrafen. Der König wurde dabei unzweifelhaft als über
den übrigen Adligen stehend angesehen. Als gefährdet galt seine Stellung -
und damit die des Reichs an sich - insbesondere durch eigenmächtige Fürsten
beziehungsweise Gruppen (Compagnies), die innere Zerstrittenheit der Adli-
gen sowie drohende Aufstände. Angesichts der problematischen Sicherheits-
lage bestand in der Bevölkerung generell der Wunsch nach einem durchset-
zungsstarken König, der für Recht und Ordnung sorgte.Während in Eng-
land eher der allzu starke Zugriff der Krone beklagt wurde, sehnte man sich
in Frankreich einen solchen geradezu herbei A
Tatsächlich versuchte die königliche Gesetzgebung potentielle Gewalther-
de (Fehden, undisziplinierte Heere, Duelle) zu kontrollieren, konnte dies aber
auch aufgrund des adligen Widerstands nicht konsequent umsetzen. Die
zunehmenden Sicherheitsprobleme führten im 14. Jahrhundert stattdessen
sogar zur Gewährung eines aktiven Widerstandsrechts und damit zu einer
Ausweitung der Gruppen, die vom König zur Gewaltausübung autorisiert
worden waren.
Wenn Kaeuper argumentiert, der Versuch, die adlige Gewalt einzuschrän-
ken, sei der erste Schritt zum modernen Gewaltmonopol, mag er aus histori-
scher Perspektive Recht habenA Eine entsprechende Zielsetzung aber ist in
der königlichen Gesetzgebung bis in die Mitte des 15. Jahrhundert nicht zu
erkennen. Die königlichen Ordonnanzen waren keine dauerhaften Festschrei-
bungen, sondern ad doc-Maßnahmen, die jeweils auf aktuelle Probleme zielten
und diese regeln sollten. Seiner Aufgabe der Friedenswahrung kam der Kö-
nig also nicht zwangsweise durch eine Beschränkung der Gewalt nach, son-
dern mitunter auch durch ihre Liberalisierung.^ Tagespolitische Bedingun-
gen bestimmten darüber, ob das Recht zur Gewaltausübung auf normativer

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capitaie, dores en auant en to:d sow roi/aMme Aappedast aMOMM en cdamp saus oaMse raisoumdde. Ebd.,
Bd. 2, S. 5f.
so Toureille, Vol, S. 269.
81 Kaeuper, War, S. 134-139 und 388.
82 Ebd., S. 391.
82 Der Zusammenhang zwischen Friedenswahrung und Gewaltbeschränkung wird mitunter
allzu automatisch hergestellt, vgl. Guenee, Meurtre, S. 101.
 
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