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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0124
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51 Intellektuell-reflektierend

123

von Legnano, dem Zrhre des hiilüLIes Honore Bouvets und dem Hure des F%;s
d'^4rmes ef de Cdeuadene Christines de Pisan drei Werke vorstellen, die sich
explizit mit dem Krieg und seinen Regeln auseinandersetzten.

Gewaltformen
Der ,gerechte Krieg' ins(nm) war ein normaler, ja notwendiger Be-
standteil der irdischen Welt. Diese Vorstellung galt sowohl für Intellektuelle
als auch für nahezu jede andere Gruppe der mittelalterlichen Bevölkerung als
verbindlich. Es waren universitär Gebildete wie Johannes von Legnano, die
noch im Spätmittelalter ausgefeilte Typisierungen gerechter und ungerechter
Kriege erarbeiteten.^ Der Krieg war damit prinzipiell jeglicher Kritik entho-
ben. Die vielen Übel und Schäden, die durch die Kriege entstanden, könnten
aber dazu führen, so Christine de Pisan, dass er manchen als nicht rechtens
erscheine. Mit Rekurs auf Honore Bouvet führte sie jedoch aus, dass gerechte
Kriege zweifellos gottgefällig seien. Wenn der Krieg aber Übel anrichte, liege
das nicht in seiner Natur, sondern an der Schlechtigkeit der Menschen.^
Dennoch wurde im Spätmittelalter die Häufung der durch die Kriege an-
gerichteten Schäden jenseits dieser theoretischen Herleitung als erklärungs-
bedürftig empfunden. Man sah die eigene Zeit als besonders krisenhaft an.
Georges Chastellain etwa bezeichnete Frankreich als „Spelunke und Wald
voller Mörder", als eine „Höhle des Verrats"^; Jean Juvenal des Ursins
schrieb, es habe noch niemals so viel Ungerechtigkeit geherrscht.^ Derartige
Beobachtungen wurden von Bouvet wiederum auf das Wirken Gottes zu-
rückgeführt: Die Krieger selbst seien Werkzeuge Gottes, seine Geißel, mit der
er die Menschen wegen ihrer Sündhaftigkeit strafe.^ Die Zerstörungen des
Krieges wurden zwar durch Menschen verursacht, dies geschehe aber auf
göttliche Weisung. Der falsche Gebrauch des Krieges durch den Menschen

s Giovanni da Legnano, Tractatus de Bello, S. 85-94 (Kap. 10-14) und 130 (Kap. 78).
9 Car comme eM exer^aMi armes soieMiJaiz plMsieMrs graMS maMlx, exioreioMS ei griejs (...) poMrroÜ sem-
dler a aMCMMS t?Me gMerre ei daiaides Jdsf cdose exeommeMiee ei MOM deMe. Li poMr ee, a respoMdre a eesie
^MesiioM, esi assauoir t?Me d apperi magMl/esiemeMi t?Me gMerres emprises a jMsie eaMse soMi permises de
DieM (...(. Li t?Ma?!i a:n* maMlx tpu i/ soMiJäiz OMÜre droii de gMerre, si t?Me aMires aMcieMrs ie dieMi, ee
Me uieMi mie de droii de gMerre, aiMS par maMuaisiie de geMS ^Mi mal eM MseMi. Laennec, Christine,
Bd. 2, S. 24 (1,2), (siehe auch Christine de Pisan, Book of Fayttes, S. 14; Christine de Pisan, Book
of deeds, S. 9f.). Siehe auch die entsprechende Passage bei Bouvet: Car d esi ueriie tp;e daiadie
M'esi MMe male edose aiM^ois esi doMMe ei ueriMeMse, ear daiadie Me regarde aMire edose seioM sa droiie
MaiMre ^Me reioMrMer iori a droii eijaire reioMrMer disseMsioM a paix seioM Ie eoMieMM de I'LseripiMre. Li
se eM daiadie seJbMi plMsieMrs maMlx, ee M'esi mie seioM 1a MaiMre de 1a daiadie, mais esiJaMlx Msaige.
Bonet, Arbre, S. 83 (IV,1).
M Li uoMS, eM MoireissaMi sa daMiesse ei spIeMdeMr, eM auez Jäii speloMe^Me eijbresi de meMririers, eauerMe
de irai/soM ei MMe pro/oMdiie de maMuaise miMiere. Chastellain, Oeuvres, Bd. 1, S. 36f.
" Je eroi/ ^Me OMC^Mes eM roi/aMlme OM Me/isi aMtaMt de iMjMsiiees, JraMdes ei daraz t?Me OMjaii aMjoMrdMi/.
Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 386 (Lotpmr iM iridMlaeioMe).
^ Li soMi les geMS d'armes lejlaiel de DieM ies^Meis par sa permissioM JbMi pMgMÜioM SMr les peedeMrs (...)
PoMr^Moi/ d m'esi aduis ^Me eM ioMies maMieres geMS d'armes soMi les execMieMrs de Mosire SeigMeMr.
Bonet, Arbre, S. 150 (IV,54). Auch Alain Chartier lässt den Sprecher seines QMadrüogMe iMueeil)
den desolaten Zustand des Reiches auf Gott zurückfuhren: Chartier, Quadrilogue, S. 8f.
 
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