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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0195
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194

IVI Problematisierungen

Die Chronisten hoben damit deutlich die neue Intensität der Plünderun-
gen hervor: Die Banden haben weit mehr geraubt, als sie brauchten; alles, was
sie überhaupt haben mitnehmen können, sei ihre Beute geworden. Zudem
haben sie nicht nur die Gegner des Königs geschädigt, sondern rücksichtslos
das eigene Volk ausgeraubt. Damit war auch die vormals eindeutige Orientie-
rung an den Parteien des Bürgerkriegs obsolet geworden, wie Monstrelet und
Olivier de la Marche noch aus der Rückschau betonten: „Alles wurde ihre
Beute und ihr Opfer, und das in einer einzigen Auseinandersetzung."^ Das
Entsetzen über die Tcordicurs ging einerseits auf die Schwierigkeit zurück, sie
in bestehende Kriege und Streitigkeiten einzuordnen, und andererseits auf
die (erneut) enttäuschte Erwartung, dass diese Truppen eigentlich für den
Schutz des Volks da seien sollten.
So sehr die Tcordicurs in vielen Aspekten auch den früheren Compagmes
und RoMÜers glichen (Größe der Gruppen um 3000 Mann, Taktik der schnel-
len Rückzüge nach Plünderungen, kaum Angriffe auf befestige Städte)/^ war
vor allem ihre prominente Führung auffällig: Sie wurden angeführt durch
illegitime Söhne hochadliger Familien wie Guy und Alexandre de Bourbon
oder Jean de Lescun, genannt Mfard d'Armagnac, durch Adelige wie Antoine
de Chabannes, Etienne de Vignolles (genannt Ta TT're) und Rodrigo de Vil-
landrando (der die Halbschwester der Bourbon-Bastarde Guy und Alexandre
heiratete) und viele andere oft nachgeborene Adelssöhne, deren militärisch-
ritterliche Karriere durch den Frieden von 1435 jäh ein Ende gefunden hat-
tet
Der Blick auf die Gewaltausübung der Tcorc/ieurs führt zu einem zwiespäl-
tigen Ergebnis. Einerseits wird eine klare Ausrichtung auf materielle Beute
deutlich, für deren Gewinn möglichst wenig Gewalt angewandt wurde, ande-
rerseits wurden den Banden die blutigsten Folterungen zugeschrieben. Die
bisherige Forschung hat trotz der grundsätzlich negativen Bewertung der

cxcrccFan/, aFs^nc :d/a w/scrac/onc /an/oncs scn scor/ica/orrs, pnda u:dg/ /ocMc/oncw, appd/aFan/Mr.
Own/a cn/w reurra ddan/aFan/, domorMW /cc/a fonutd/rn/rs scn /ds/i/ws, /an^Maw /7agtd//s, con/c-
rcn/cs. Fhc/sis cc/aw domorMW posi/Fns ^MorMw)Mr/s essen/ red/weren/nr, eas & so/nw d/rneFan/, om-
ni snFs/anc/a panperes adyne snpp/ices, se arm/s aduersns eornm seru/c/am /ner/ m/n/me po/n/ssen/,
nndan/es e/ ue/n// pe//e omn/no spo//an/es; proper ^nod promerMerMn/JämosMm d/nd Scor//ca/ornm sen
Fxeora/orHMi ue/ Fan/onnm nomcn ac ///M/nm. Basin, Charles VII, Bd. 1, S. 236.
325 E/ eFeuan/cFo/en/ e/ a//o/en/ de pai/s en pai/s, & marode en marode, ^nerans u/c/nad/es e/ auen/nres
ponr u/ure er ponr ga/gner, saus regarder ne espargner /es pai/s dn Pot/ de France, dn dnc de Bonr-
go/ngne, ne d'an//res pr/nces dn roi/an/me. Ma/s /enr es/od /a proi/e e/ /e Fn//n /on/ nng, e/ /on/ d'nne
^nere/Ze. Olivier de la Marche, Memoires, Bd 1, S. 243. Siehe auch die Schilderung Monstrelets:
/F/sJ regno/en/ ei des/ronsso/en/ par /ons /es //enx e/ pai/s on dz a/o/en/ e/ repa/ro/en/, /an/ snr /es no/des
^ne snr /es non no/des, e/ mesmemen/ snr cen/x /enans /a par/ie dn dnc de BoMrgongne. Monstrelet,
Chronique, Bd. 3, S. 180.
326 Siehe hier vor allem die Studie von Cauchies, Ecorcheurs, bes. S. 321-327, sowie Freminville,
Ecorcheurs, S. 13-16.
327 Olivier de la Marche, Memoires, Bd. 1, S. 243f. Siehe dazu: Minois, Charles VII, S. 384—386;
Cauchies, Ecorcheurs, S. 322f; Freminville, Ecorcheurs, S. 5f., 52; Canat de Chizy, Ecorcheurs,
S. 42.
 
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