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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0202
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11 Formen kriegerischer Gewalt

201

erfasst und wurde entsprechend präzise auf den Punkte gebracht: der Mangel
an Sold. Schon 1401 beschrieb Pintoin als „Vorzeichen des Bürgerkriegs", wie
eine Truppe Söldner „unter dem Vorwand, dass man ihnen keinen Sold ge-
zahlt habe"36s plünderte. 1406 löste sich unter den verwunderten Augen des
Herzogs von Orleans sein Heer auf, mit dem er Bourg (Dep. Gironde) bela-
gern wollte. Pintoin überliefert die Worte, mit denen sich einer der Söldner
dem Herzog gegenüber erklärte: Viele Ritter würden dem Herzog schon lan-
ge folgen, nur um seinem Namen Ruhm zu verleihen. Sie seien nun aber
schon so lange ohne Sold, dass ihre bittere Armut es verbiete, länger zu blei-
bend jeder neue Friedensschluss zwischen den Bürgerkriegsparteien brachte
so neue Plünderungen entlassener Söldner hervorA" Der Bourgeois erkannte
diesen Mechanismus ebenfalls, nahm die Krieger aber in Schutz: Sie hätten
nichts, wovon sie leben könnten, da sie keinerlei Sold bekämen, denn offen-
sichtlich hätten die Fürsten kein Interesse, den Krieg zu beenden und würden
sie daher nicht bezahien A' Der Diskurs über die Plünderer wurde durch die-
se klare Zuschreibung der Verantwortung (1434) deutlich politischer und
spitzte sich beim Bourgeois immer mehr auf König Karl VII. zu, der laut dem
Bourgeois zu Recht „Beschützer aller Diebe der Christenheit" genannt werde
(1440) A2
Die zeitgenössische Relevanz der Themen ,Plünderung' und ,Soldzahlung'
zeigt sich auch darin, dass sie in den verschiedensten Kontexten als Argu-
ment dienten. Die Söldner selbst brachten ausbleibenden Sold wiederholt als
Entschuldigung für ihre Taten vor, weswegen Philippe de Commynes forder-
te, ein ,weiser König' müsse regelmäßig Sold zahlen, um derartige Ausreden
unglaubwürdig zu machen.373 1415 rechtfertigte man entsprechend eine neue
Steuer mit dem Hinweis, gut besoldete Truppen seien disziplinierter und
gehorsamer und würden folglich weniger plündernd Jean Juvenal des
Ursins nutzte 1440 das allseits bekannte Phänomen plündernder Söldner ar-
gumentativ auf noch andere Weise: Weil diese nur aus Armut und Perspek-

368 jgm gMenwMM ZmmZneneZMm sigMMM ^nedam HcepiMÜCH uiiis eoneio eZ ZnepZa WaZZensiMm
^MingenZorMm, tpre, reiicZa CMsZodZa ^MorMmdam mMnZeipiorMm GMienne, SM& preZexZn non persoinZZ
sZZpendZZ, Zn PansZensZ episeopaZn per Hnnnm eZ dirnZdinm uZeZMaZZa Mur Znde rapnergZ. Chronique du
Religieux, Bd. 3, S. 14.
369 Ebd., Bd. 3, S. 456.
370 Ebd., Bd. 4, S. 200 und 240.
373 JfZsJ piZZaeZenZ, ZnaZenZ Pommes, ponr re md des seigneMrs ne ciMZZaiZ de meZZre Za gnerre d/Zn, ponr
ee t?Me Zenrs sondoi/ers poinZ ne pm/gZenZ eZ tpEZZs nduaZenZ anZre eZ?ose ee tpEZZs emidaienZ eZ ZnanZ, en
prenanZ Z?ommes de Zons eZaZs, /emmes, en/enZs. Journal d'un Bourgeois, S. 332 (§644). Auch
Thomas Basin macht für die Plünderungen der Engländer die mangelnde Soldzahlung und
damit die englische Verwaltung der Normandie verantwortlich. Basin, Charles VII, Bd. 2,
S.52-54.
372 EspeeZaZmenZ Ze roi, (?Mi auaZZ auee Zni ZanZ de Zarrons, ear Zes rois eZrangers disaienZ HMX wareZMMds dn
pai/s de Eranee, ^nand ZZs aZZaZewZ en Zenr pai/s, tpre Ze roi de Eranee eZaZZ Ze droZZ orme HMX Zarrons de
eZ?reZZenZe. EZ poor eerZeZn ZZs Me wenZeZenZ mie. Journal d'un Bourgeois, S. 399 (§792); siehe auch
ebd., S. 400 (§796) und 420 (§842).
373 Philippe de Commynes, Memoires, S. 408 (V,18). Zur Rechtfertitung der Plünderungen durch
mangelnden Sold: EeZZre de Remission für Henri, den sog. Zvsferd de Graz, April 1445, ediert in
Tuetey, Ecorcheurs, Bd. 2, S. 387-391; Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5, S. 93f. (1,408).
374 Chronique du Religieux, Bd. 5, S. 750.
 
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