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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0266
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21 Formen kollektiver Gewalt

265

sichts des mangelnden Zugriffs der Obrigkeit zum Zufluchtsort: Robin Bern-
art etwa fioh, nachdem er ausgeraubt worden war, zu den Briganten. Diese
organisierten dann mit ungefähr 20 Mann einen Gegenangriff, überfielen
einige Krieger und teilten die Beute anschließend unter sich auf.^s
Zwar betonten viele Menschen in Begnadigurtgsbriefen, sie seien von den
Briganten zur Mithilfe gezwungen worden, dies war aber vermutlich vor
allem eine gute (und zudem unüberprüfbare) Rechtfertigungsstrategie ge-
genüber der Obrigkeit.^9 Wahrscheinlicher ist es, dass die Briganten tatsäch-
lich in verschiedenen Situationen auf die Hilfe der Dorfbewohner zählen
konnten, die dann hinterher um eine Begnadigung baten: Andre le Hare!
berichtete, er habe mit anderen Dorfbewohnern einigen Briganten geholfen,
einen von ihnen getöteten englischen Krieger zu beerdigen/^' und Robert le
Paumier wurde gar die Mittäterschaft an einem nächtlichen Mord zur Last
geiegt.26' Im umgekehrten Fall jedoch wandten sich die Briganten auch gegen
die Bevölkerung: So wurde eine Frau getötet, welche die Engländer auf die
reichen Leute der Region aufmerksam gemacht hatte, die es sich auszuplün-
dern lohne.262
Der große Zulauf, den solche Gruppen bekamen, hatte ganz unterschied-
liche und individuelle Gründe, von denen uns erneut die Begnadigungsbriefe
einen Eindruck vermitteln: Gieffroy Queton wurde ausgeraubt und schloss
sich aus Armut den „anderen Leuten aus der Region [an], von denen sich
einige ins Land, in Straßengräben, in Steinbrüche oder in Wälder" geflüchtet
hatten^ Perrin Huet wurde beim Diebstahl ertappt, konnte dann aber fliehen
und schloss sich den Briganten an,264 Jean Robert gab an, er sei aus seinem
Dorf geflohen, weil man ihn dort bedroht habe,265 Laurent Hue wiederum
verließ aus Verzweiflung und völlig verarmt seine kranke Frau, „weil er

gMerre se MommoieM/ d /Mi/. Ce)d/ /a prew/ere resis/ance (?M'i/s /roMuereM/ en NorwMMdL. Juvenal des
Ursins, Histoire, S. 534 (ad a. 1417). Siehe auch Chronique du Religieux, Bd. 4, S. 456; Journal
d un Bourgeois, S. 39 (§16).
Lehre de rew/ss/oM für Robin Bernart, Januar 1415, Paris, AN, JJ168, fol. 48' (Nr. 65), ediert bei
Douet-d'Arcq, Choix, Bd. 2, S. 97f.
259 Siehe z. B. Lehre de rew/ss/oM für drei Bauern, September 1423, Paris, AN, JJ 172, fol. 188' (Nr.
359), ediert in den Actes de la chancellerie, Bd. 1, S. 53-55; Lehre de rew/ss/oM für zwei Männer,
März 1424, JJ 172, fol. 307' (Nr. 552), ediert ebd., Bd. 1, S. 68-71; Lehre de rew/ss/oM für Pierre
Cauchon, März 1424, JJ 172, fol. 308" (Nr. 555), ediert ebd., Bd. 1, S. 72-74; Lehre de rew/ss/oM für
Jehannoit Mestier, Dezember 1431, JJ 175, fol. 10" (Nr. 27), ediert ebd., Bd. 2, S. 162-164.
280 Lehre de rew/ss/oM für Ande le Harel, Februar 1425, Paris, AN, JJ 173, fol. 40" (Nr. 78), ediert in
den Actes de la chancellerie, Bd. 1, S. 195f.
281 Lehre de rew/ss/oM für Robert le Paumier, Dezember 1424, Paris, AN, JJ 173, fol. 22" (Nr. 43),
ediert in den Actes de la chancellerie, Bd. 1, S. 168-170.
282 Lehre de rew/ss/oM für Jehan Liegart, Mai 1376, Paris, AN, JJ 109, fol. 1P (Nr. 12).
283 (...) /es HM/res genz dM pa/s dow/ /es HMCMMS se miren/ HMC edamps, en Jbsses, en earr/eres e/ en Zwi/s.
Lehre de rew/ss/oM für Gieffroy Queton, 1377, Paris, AN, JJ 210, fol. 124"-125' (Nr. 207), zitiert
nach Toureille, Vol, S. 47; siehe auch Wright, Pillagers, S. 20.
284 Lehre de rew/ss/oM für Perrin Huet, Mai 1423, Paris, AN, JJ 172, fol. 296" (Nr. 533), ediert in den
Actes de la chancellerie, Bd. 1, S. 22-25.
285 Lehre de rew/ss/oM für Jean Robert, August 1424, Paris, AN, JJ 172, fol. 325' (Nr. 587), ediert in
den Actes de la chancellerie, Bd. 1, S. 99-101.
 
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