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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0359
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358

VI Vertiefungen

Den Tausenden anonymen Opfern standen in den Darstellungen einige
herausragende Adlige gegenüber, die zwar namentlich genannt wurden, de-
ren Sterben aber dem Schweigen anheimfie! A Der typische Tod eines Kriegs-
helden folgte einem sich wiederholenden Muster: Schon in der Schilderung
des Kampfes wurde die besondere Leistung des Kriegers hervorgehoben, oft
mit dem Hinweis auf seine körperliche Kraft und Ausdauer. Guillaume du
Chatel etwa soll 1404 in einem Kampf gegen plündernde Engländer derart
heftig um sich geschlagen haben, dass alle Getroffenen tödlich verwundet
worden seiend" Mit zunehmender Dauer des Kampfes wurde der heldenhafte
Kämpfer dann entweder von einer Überzahl Gegner heftig bedrängt oder
schlicht körperlich müde, hörte aber keinesfalls auf zu kämpfen - so auch
Guillaume du Chatel.^ Schließlich wird knapp mit geteilt, dass der Protago-
nist selbst getötet oder tödlich verwundet wurdeA
Diese fast stereotype Darstellung eines guten Schlachtentods rühmt vor al-
lem den tapferen Kampf des Kriegers, für den Rückzug oder Flucht keine
Option darstellte und der nur nach langer und heftiger Gegenwehr von einer
Überzahl an Gegnern bezwungen werden konnte.^ Der Held wurde als Indi-
viduum der Masse entgegengestellt, womit gleichzeitig die Verantwortung
für seinen Tod nicht einem einzelnen Gegner zugeschrieben werden konnte,
sondern nur der anonymen Menge. Der Tote ging dann nicht als eine weitere
Leiche in der Menge auf dem Schlachtfeld unter, sondern wurde gesondert
geehrt, im Falle Guillaumes sogar von den Gegnern. Der Chronist würdigte
den Gefallenen dann mit einer Eloge, die seine rumreichen Taten ebenso wie
die Trauer der Zeitgenossen um ihn betonte.^ Die Ehrung des toten Kriegers
durch den Gegner galt sowohl in der höfischen Literatur als auch in historio-
graphischen Quellen als Ideal, zeigte sich durch sie doch der parteiübergrei-

pcrdii icdii mossiro Jatyaos de dcax a irois eens & sos dommos, iaai prias commo mors. Monstrelet,
Chronique, Bd. 4, S. 76 (ad a. 1421). Eos prisoaaiors, jas^aos a dat/i coas, aoi/os dooaai Boaui/aos.
Philippe de Commynes, Memoires, Bd. 1, S. 89 (11,1) (ad a. 1466).
59 Siehe z. B. Jean le Bel, Chronique, Bd. 2, S. 109f. (ad a. 1346); Chronique de Jean le Fevre, Bd. 1,
S. 265-267 (ad a. 1415). Siehe auch Prietzel, Tod, S. 66-70.
50 in doc woriaii coa/iicia, Gaiiioimas & Castro, spioador iaoxtiagaidiiis proditatis, taac sapor omaos
owicait. Nam, ad orat statara procoras ei toto corpore rodastas, cam iacerh's doctorois uidraas a dexdris
ei a siaistris asciam poaderosam, aadlaw ex ea taagodat, (?aia caderei iatoromptas aai iotaiitor uaiaora-
ias. Chronique du Religieux, Bd. 3, S. 176.
61 Taadem iamea corporois do/ätigatis uiridas, cam ae^airei pati ampiias poadas Md ei se reddere recasa-
rei f...J. Ebd., Bd.3,S. 176.
62 (...) waitis coa/ossas uaiaoridas cecidii. Ebd., Bd. 3, S. 176. Siehe auch die kürzere Darstellung bei
Monstrelet, Chronique, Bd. 1, S. 81: Ei se aiereai tros uaiiiammoat cowdatro aax Zlagiois, ^ai ea
graai aowdro s'ostoioat ia assowdioz, ei iaai dara ia dosoagao ^a'ea ia/ia ies Brotoas ei Norwaas i/^ie
reai descoa/is. Ei i//ai occis ie dessasdii soigaoar Da Cdastoi ei ses deax Aües, wossiro Jodaa Mariei,
cdeuaüer aoraiaai, ei piasiears aaires. Zur Darstellungsart des Eleldentods siehe Schneidmüller,
Canossa.
63 Siehe auch die Schilderungen der Tode Geoffrois de Charny (1356), Jean Jouels und anderer
(1364) in der Chronique des quatre premiers Valois, S. 55 (ad a. 1356) und S. 147 (ad a. 1364).
Zum Tod Geoffrois' de de Harcourt (1366): ebd., S. 66f.; Chronique normande de Pierre Co-
chon, S. 126f. Zum Tod des Herzogs von Alen^on (1415): Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 119f.
64 Chronique du Religieux, Bd. 3, S. 176-178.
 
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