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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0363
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362

VI Vertiefungen

Berufen, deren Ausübung körperliche Stärke erfordert, bei den Schlachtern
die Gewöhnung an das Blutvergießen als besondere Qualifikation anführt. Es
bleibt dabei offen, ob diese Qualifikation im vertrauten Anblick vergossenen
Blutes oder aber in der reinen Technik des Tötens lag, also eher auf psychi-
scher oder physischer Ebene einzuordnen ist.
Christines Verweis auf die Metzger steht aber nicht allein: Jean Juvenal be-
richtet anlässlich des Todes Oliviers de Clisson 1407, dieser sei „der Metzger"
genannt worden, weil er im Kampf niemanden verschont oder gefangen ge-
nommen habe und zudem mit seinem Körper bemerkenswerte Taten voll-
bracht habe.5 Jean Juvenals Hinweis ist zweischneidig: Zum einen wurden die
körperlichen Fähigkeiten Oliviers durchaus respektvoll hervorgehoben und
Jean Juvenal bezeichnete ihn als einen „tapferen Ritter".6 Zum anderen wi-
dersprach das unterschiedslose Töten von Gegnern den ritterlichen Regeln
und zeichnete Olivier daher als besonders gnadenlosen Krieger aus, dessen
Ruhm als „Schlachter" damit durchaus ambivalent gewesen sein dürfte. Diese
Ambivalenz mag sich auch darin spiegeln, dass der Aufstand der Ca&oc/nc7is
1413 zeitweise von den Pariser Metzgern vorangetrieben wurde, so dass es
einmal mehr die Schlachter waren, die Angst und Schrecken verbreiteten/
Mit welchen Szenen das Bild des Schlachters verknüpft war, zeigt Jean de
Roye. Der Chronist beschrieb, wie Karl der Kühne 1472 nach der gewaltsa-
men Einnahme Nestes in eine Kirche geritten sei, die einen halben Fuß hoch
mit dem Blut der dort (!) getöteten Bewohner gefüllt war. Der Herzog habe
sich bekreuzigt und zu seinen Kriegern gesagt, er habe ja gute Schlachter bei
sich/ Das ironisch-schockierte ,Lob' Karls in der Darstellung Jeans rückt die
burgundischen Krieger und den Herzog in ein schlechtes Licht, verletzten sie
doch durch die Tötungen bzw. das Reiten in der Kirche die Sakralität des
Raums.

oeuures de dras. Laennec, Christine, Bd. 2, S. 52 (1,11), (siehe auch Christine de Pisan, Book of
Fayttes, S. 38f.; Christine de Pisan, Book of deeds, S. 36f.) Ähnlich auch Christine de Pisan,
Livre des fais, Bd. 1, S. 189 (11,20).
^ Ff f'appedoff-OM fe Boucder, pouree tpFes desoMgMes, od d esfoff eoMfre /es AMgfofs, d eM preMoff peM a
raM^OM, et de son eorps/a;'sod merueides en armes. Juvenal des Ursins, Histoire, S. 444.
6 Das Bild Oliviers de Clisson als „Schlachter" findet sich auch in Cuveliers Lobgedicht auf
Bertrand du Guesclin, wo Olivier gleich mehrfach als wild mit einer Axt oder einem Hammer
um sich schlagend erwähnt wird: Oduier de Cd^OM par fa dafafde ua / Ff feMoff MM marfef t?M'a ses
deMX maiMS porfa / ToMf aiMsi c'MM doMedfer adaff ef uersa. Cuvelier, Chanson, Bd. 1, S. 142, V. 7034-
7036 (Nr. 251); ähnlich auch ebd., S. 393, V. 20019-20026 (Nr. 654f.) und S. 458, V. 23400-23412
(Nr. 756). Lfn uadla/Mf cdeuader de BrefagMe. Juvenal des Ursins, Histoire, S. 341; Si uadddMf cdeua-
der. Ebd., S. 372
? So etwa explizit in Les chroniques du Roi Charles VII, S. 44: Fetpal of mouff graMf paoMr ef graMf
Ä^OMr ddceMÜ doMcdiers, poMree ^M'dz JäfsofeMf mouff de crMaMffez a ceMfx tpu feModmf fe parff de moM-
sefgMeur d'OrfeaMS eM fa uide de Paris. Siehe auch ebd., S. 54f.
s Ff, apres ^M'dz^mMf foMS aiMsi fuez ef murdris, i/ SMrufMf ef se i/ frouua fedd de BourgoMgMe, ^Mf, foMf
a cdeuaf, eMfra dedeMS fadfcfe egdse, eM fa^uede i/ auoff dfeM demi/ pfe de dauff du saMg espaMdu des
poures creafures dee esfaMS, ^Mf a eesfe deure esfodmf foMf MMZ gfsaMS dee mors. Ff, t?MaMf fedff Bour-
gMigMOM /es uff afMsf adafus, se eommeM^a a sefgMer ef dire ^M'd ueoff mouff dede cdose ef ^M'd auoff
auee^Mes du de mouff doMS doMeders. Journal de Jean de Roye, Bd. 1, S. 270; Verweis bei Prietzel,
Tod, S. 92.
 
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