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Durrer, Antonia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Kreuzfahrerherrschaften des 12. und 13. Jahrhunderts zwischen Integration und Segregation: zeitgenössische und moderne Stimmen im Vergleich — Mittelalter-Forschungen, Band 51: Ostfildern, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.44634#0046
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II.l Zwischen Nähe und Distanz: Christliche Gemeinschaften

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Tripolis stark präsent waren oder nicht.156 Wichtige klösterliche Zentren in Je-
rusalem waren St. Chariton und St. Maria Magdalena.157 In einem Rechtsstreit
um die Besitzverhältnisse einiger Dörfer zwischen dem Kloster St. Maria
Magdalena und einem Franken schlug sich Königin Melisende (+ 1161) in den
1130er Jahren auf die Seite der syrisch-orthodoxen Gemeinschaft.158 Diese Par-
teinahme der Königin wurde von vielen Forschern als Indiz für eine gute Be-
ziehung des Königshauses mit der syrisch-orthodoxen Gemeinschaft, ja sogar
mit den Ostchristen allgemein betrachtet.159
Mehrere Male kam es zu einer Anerkennung der Oberhoheit Roms durch
syrisch-orthodoxe Patriarchen. Einer davon war Theodor bar Wahbün, der als
Gegenpatriarch Michael Rabös 1183 einer Kirchenunion mit den Lateinern un-
ter der Bedingung zustimmte, dass die lateinische Führung ihn formell als sy-
risch-orthodoxen Patriarchen anerkannte.160 1236 und 1246 kam es zu einer
Anerkennung der Oberhoheit Roms durch den syrisch-orthodoxen Patriar-
chen Ignatius III. David (+ 1252).161 Vermutlich gab der Patriarch eine Erklä-
rung ab, ob dies jedoch tatsächlich der Fall war und wenn ja, wie weit diese
Erklärung ging, ob darin der Papst anerkannt wurde oder nicht und ob der
Patriarch überhaupt über den Rückhalt seiner Gemeinschaft verfügte, ist un-
klar.162 Syrisch-orthodoxe Quellen berichten mit keinem Wort über das Ereig-
nis.163 Auch bei weiteren Erklärungen syrisch-orthodoxer Prälaten dürfte es
sich dem Verständnis der syrisch-orthodoxen Kirche nach nicht um Unionen
gehandelt haben.164 Innerhalb der syrisch-orthodoxen Kirche kam es zur Zeit
der Kreuzfahrerherrschaften somit mehrmals zu innerkirchlichen Streitigkei-
ten und Schismen, darunter in den Jahren 1180-1193, 1199-1220 und 1253-1261.
Nur einige davon stehen mit den Unionsbestrebungen in Verbindung.165 Eine
156 Erica Cruikshank Dodd geht von einer grossen Präsenz der Syrisch-Orthodoxen in der Graf-
schaft Tripolis aus, Mat Immerzeel hingegen blieb hier eher skeptisch und lieferte valable
Gegenargumente: CRUIKSHANK DODD, Erica, Medieval Painting in the Lebanon (Spra-
chen und Kulturen des christlichen Orients, Bd. 8), Wiesbaden 2004, S. 95f.; IMMERZEEL,
Mat, Identity Puzzles: Medieval Christian Art in Syria and Lebanon (Orientalia Lovaniensia
analecta, Bd. 184), Löwen 2009, S. 78-82.
157 BOAS, Jerusalem in the Time of the Crusades, S. 128ff.
158 Das Kloster hat seine Güter zurückerhalten: vgl. PALMER, Andrew, „The History of the Syr-
ian Orthodox in Jerusalem, Part Two: Queen Melisende and the Jacobite Estates", in: Oriens
Christianus 76 (1992), S. 74-94.
159 KAWERAU, Jakobitische Kirche, S. 82f. Eine ähnliche Nähe zu den einheimischen Christen
wurde König Balduin I. zugeschrieben: PAHLITZSCH, Graeci und Suriani, S. 109;
MACEVITT, Rough Tolerance, S. 122ff.
160 EVERY, George, „Syrian Christians in Jerusalem, 1183-1283", in: Eastern Churches Quarterly
7 (1947), S. 49-53, hier S. 47.
161 Vgl. HAMILTON, Latin Church, S. 347-355 und WELTECKE, „Syriac Orthodox in the Prin-
cipality of Antioch", S. lOlf.
162 Vgl. TEULE, Herman, „,1t is not right to call ourselves orthodox and the others heretics.'
Ecumenical Attitudes in the Jacobite Church in the time of the Crusades", in: East and West
in the Crusader States. Context - Contacts - Confrontations, Bd. 2, hg. v. N. K. Ciggaar et al.,
Löwen 1999, S. 13-27, hier S. 23-26.
163 TEULE, „Ecumenical Attitudes", S. 24.
164 TEULE, H., „The Crusaders in Barhebraeus' Syriac and Arabic Secular Chronicles: A Differ-
ent Approach", in: East and West in the Crusader States. Context - Contacts - Confronta-
tions, Bd. 1, hg. v. N. K. Ciggaar et al., Löwen 1996, S. 39-49, hier S. 40 Anm. 9 und DERS.,
„Ecumenical Attitudes", S. 24f. Vgl. dazu HAMILTON, Latin Church, S. 354.
165 WELTECKE, Artikel „Syrian Orthodox Church", S. 1139.
 
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