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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Contr.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0056
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II.2 Themen und Hintergründe

55

einem erhöhten kritischen Bewusstsein, wie vor allem die südfranzösischen
Verhältnisse mit ihren Laien- und Kommendataräbten sowie adligen Eigenbis-
tümem bis in die Jahrhundertmitte hinein vor Augen führen.221
Konrads Sohn und Nachfolger Heinrich III. legte eine konsequentere Hal-
tung an den Tag, so dass Zahlungen für den Erhalt von Bistümern und Abteien
an seinem Hof augenscheinlich versiegten.222 Dies sollte auf einem persönlichen
Entschluss Heinrichs gründen, der Simonie als Sünde betrachtet hätte.223 Deut-
lich scheint dies in einer Rede zu werden, die Heinrich auf einer Synode in Pavia
1046 gehalten haben soll.224 Ob es aufgrund dieser Haltung Heinrichs zur Ab-
setzung respektive Selbstdeposition dreier Päpste Ende des Jahres 1046 ge-
kommen ist und inwiefern ein Plan des Saliers dahinterstand, wird letztlich nicht
zu klären sein.225 Immerhin wies Wolter zu Recht auf die hohe Synodenfrequenz
„im Vergleich zu der ansonsten recht synodenarmen Zeit des zweiten Saliers
hin", die ihm den Eindruck „sehr eiligen, ja überstürzten Handelns" machte und
mit einem „konsequent verfolgten Plan" kaum in Einklang zu bringen sei.226
Jedenfalls gilt der Simonievorwurf als auslösendes Moment für den Beginn des
deutschen Reformpapsttums.227
Nachdem vermutlich die Paveser Synodalen im Oktober 1046 erneut Kir-
chen- und Klerikerweihen sowie die Vergabe von Altären, Kirchen, Abteien oder
Propsteien gegen Geld mit dem Anathem bedroht hatten228 und Ende des Jahres

221 Beispielhaft hierfür sind die Verhältnisse im südfranzösischen Sisteron: Das Bistum unterstand
wie einige andere provenzalische Bistümer dem Stadtherren Raimbald aus der Familie der
Vicomtes von Nizza. Nach einem 15-jährigen Schisma, das den Klerus den Zölibat vergessen
ließ, erwarb Raimbald das Bistum im Jahr 1045 für seinen kleinen Sohn Pierre und verkaufte den
Kirchenbesitz, um seinem Erben das bedeutendere Bistum Vaison zu verschaffen. Infolgedessen
blieb Sisteron jedoch lange Jahre verwaist. Erst die Synode von Avignon 1060 unter Leitung des
päpstlichen Legaten Hugo von Cluny machte diesen Zuständen ein Ende, indem sie Raimbald
exkommunizierte und Gerhard, den Vorsteher der Kanonikergemeinschaft von S. Lorenzo in
Oulx (Briangonnais) zum neuen Hirten wählte. Doch der von Papst Nikolaus II. selbst erhobene
Gerhard hatte mit einigen Widerständen Raimbalds und seiner Kleriker zu kämpfen und wäre
ohne die Unterstützung der Grafen von Forcalquier nicht einmal zu seiner Exilregierung in
Forcalquier fähig gewesen (vgl. Poly, Provence 1976, S. 254; de Laplane, Histoire 1974, S. 61-72).
Von dort aus installierte er ein zweites Domkapitel von Sisteron (vgl. Didier, Eglises 1954). -
Ähnlich markante Vorgänge treten im 1037 abgeschlossenen Ehevertrag des Grafen Pontius von
Toulouse zu Tage: Bei der Morgengabe handelte es sich um das komplette Bistum Albi, obwohl
dieses nach regulärem Kirchenrecht über einen Kirchenvorsteher verfügte. Vgl. Deutinger, Si-
monisten 2009, S. 149, Anm. 21.
222 Zur Vorbildlichkeit Heinrichs in diesem Zusammenhang s. unten S. 152f.
223 Vgl. Meier-Weicker, Simonie 1952/53, S. 84.
224 Von der Rede berichtet Rodulfi Glabri libri historiarum V 5, S. 133f. Zur schwierigen Datierung
und Zuordnung vgl. MGH Conc. 8, S. 172f.; H. Hoffmann, Mönchskönig 1993, S. 62f.; Wolter,
Synoden 1988, S. 376f.
225 Vgl. dazu van Wijnendaele, Silences 2005; Engelbert, Heinrich III. 1999; Anton, Synode 1997.
226 Wolter, Synoden 1988, S. 379-394, Zitate S. 383.
227 S. dazu unten Abschnitt II.3.6.
228 Wolter, Synoden 1988, S. 377-379 rekonstruierte ein allgemeines Simonieverbot für die Paveser
Synode von 1046 aus einem nur fragmentarisch überlieferten und nicht mit Sicherheit zu da-
tierenden Dekret (ediert von Jasper in den MGH Conc. 8, S. 180f. mit einer Interpretation S. 172-
 
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