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Lorke, Ariane; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0110
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II.3 Personen und Gruppen

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Bischof, was wiederum die Gegenwehr toskanischer Großer hervorrief, welche
sich in ökonomischer und politischer Konkurrenz zum Markgrafenpaar befan-
den.566 Das massive Vorgehen Gottfrieds und seiner bewaffneten Anhänger
gegen Vallombrosaner Mönche im 1048 gegründeten Kloster S. Salvi bot den
Opfern indes die Möglichkeit, ihr Lebensideal der imitcitio Christi öffentlich-
keitswirksam zur Schau zu stellen und dadurch die Gunst der Menge auf ihre
Seite zu ziehen.567 Klärungs- und Vermittlungsversuche zur päpstlichen Auto-
rität vor Ort wie auch in Rom schlugen wiederholt fehl, nicht zuletzt, weil sich
Papst Alexander II. zeitweilig auf die Seite des Bischofs schlug, indem er den
Vallombrosanern stabilitas loci vorschrieb und ihnen die Volkspredigt verbot.568
Immerhin ermöglichte das positive Votum des Archidiakons Hildebrand einen
friedlichen Abzug der Vallombrosaner Mönche von der römischen Synode
1067.569 Erst nach einem durch die Stadtgemeinde aktiv unterstützten Gottes-
urteil in Form einer Feuerprobe wurde der Bischof auf der Ostersynode 1068
durch Alexander II. abgesetzt.570
Zu den Vermittlungsversuchen hatte auch der Eremit Petrus Damiani bei-
getragen, der seit 1058 Kardinalbischof von Ostia war und in der Folgezeit
häufiger als päpstlicher Legat eingesetzt wurde. Bereits in Mailand hatte er 1059/
60 Erfahrungen mit einer mobilisierten Volksmasse im Rahmen kirchenrefor-
merischen Engagements gesammelt.571 Im Januar oder Februar 1067 reiste er,
allerdings ohne päpstlichen Auftrag, nach Florenz und versuchte, die gespannte
Situation vor Ort zu klären. Sein mahnender Brief an die Bürger und Mönche von
Florenz offenbart die Gefährlichkeit der Auseinandersetzungen insbesondere
für das Seelenheil der Beteiligten, seien aufgrund des Boykotts doch bereits

566 Diese von Goez und Miccoli vertretenen Thesen referierte Zumhagen, Konflikte 2002, S. 180f.
Schon früh war den Vallombrosanern S. Salvatore auf dem Settimo, ein cadolingisches Haus-
kloster, übergeben worden, wohin sich die Mönche nach den im Folgenden beschriebenen
Übergriffen zurückzogen. Vgl. dazu ebd., S. 192.
567 Vgl. ebd., S. 190. Zur Gründung S. Salvis s. unten Abschnitt VI.1.7.
568 Auf der Frühjahrssynode 1067 verteidigte Alexander II. den Bischof (Andrea di Strumi, Vita loh.
Gualberti 73, S. 1095). Zu den Vorgängen am besten Zumhagen, Konflikte 2002, S. 182-194, zur
sfflhzlzffls-Vorschrift S. 188. - Viktor II. hatte Vallombrosa aller Wahrscheinlichkeit nach libertas
und immunitas in seinem einzigen überlieferten Klosterprivileg für die Toskana - und einem der
wenigen überhaupt - verbrieft. Zur Rekonstruktion aus den Nachurkunden vgl. RI2 III, 5, 2, Nr.
1237. Angeblich auf Geheiß Stephans IX. habe Humbert von Silva Candida zwei Altäre in
Vallombrosa geweiht. Vgl. Andrea di Strumi, Vita loh. Gualberti, S. 1086 = IP III, S. 88, Nr. 2. Doch
Gualberti scheint dem canusinischen Papst nicht gewogen gewesen zu sein, denn der Kloster-
vorstand lehnte mehrere Einladungen Stephans ab (laut Vita konnte und wollte er auch nicht:
„Nec posset ire nec vellet", S. 1089). Als Stephan schließlich auf Gualbertis Kommen bestand, soll
dem Abt ein gewaltiges Unwetter zur Hilfe gekommen sein. Vgl. dazu W. Goez, Reform-
papsttum 1973, S. 232f. Kontakte zwischen Papst Nikolaus II., der zuvor Bischof von Florenz
war, und den Vallombrosanern sind nicht bezeugt (vgl. S. 233).
569 Anonymus, Vita s. loh. Gualberti 5, S. 1107, Z. 14-17. Zur Synode vgl. Wolter, Synoden 1988, S.
83f.
570 Bertholdi chronicon zu 1067, S. 204, Z. 17 - S. 205, Z. 7; vgl. Miccoli, Pietro 1960. Dass die
Florentiner aktiv an der Vorbereitung und korrekten Durchführung der Probe mitwirkten, und
nicht nur als Zeugen fungierten, betonte Zumhagen, Konflikte 2002, S. 196.
571 S. unten Abschnitt III.2.1.1.2.
 
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