Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lorke, Ariane; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg [Contr.]
Kommunikation über Kirchenreform im 11. Jahrhundert (1030-1064): Themen, Personen, Strukturen — Mittelalter-Forschungen, Band 55: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54853#0200
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
III.2 Personelle Aspekte

199

reform. Dahinter stand der Gedanke, den institutionell bedingten Einfluss einer
Person zu integrieren.
Damianis Rolle als Empfänger von Briefen mit kirchenreformerischem
Bezug ist ungleich schwieriger zu ergründen, da doch lediglich ein Brief an den
Eremiten im Wortlaut erhalten geblieben ist - die eingangs dieses Abschnitts
erwähnte Reaktion Papst Leos IX. auf Damianis Uber gomorrhianus. Darüber
hinaus lassen sich nur drei weitere briefliche Nachrichten rekonstruieren1121: In
der ersten forderte Kaiser Heinrich III. den sich bislang weigernden Eremiten
zum wiederholten Male auf, Papst Clemens II. über den schlechten Zustand der
Kirche in den italischen Marken zu unterrichten. In der zweiten von 1057 bat ein
Eremit namens Stephan, ohne dass ein spezifischer Anlass erkennbar wäre,
Damiani um Instruktion in den Regeln des eremitischen Gemeinschaftslebens. In
der dritten schließlich ersuchte Erzbischof Heinrich von Ravenna, ausgehend
von einem nicht erhaltenen und inhaltlich unbekannten Schreiben Damianis,
diesen 1058 um Stellungnahme zur Doppelwahl Papst Nikolaus' II. und Bene-
dikts X. Die Umfänge sind bei Heinrich III. und Stephan nicht zu erschließen - es
darf aber aufgrund der Inhalte vermutet werden, dass es sich um kürzere, eher
informative Schreiben handelte, wie sie im Falle Leos vorliegen. In drei von vier
Fällen ist Damiani also Auslöser der auf ihn gerichteten Kommunikation, wäh-
rend die Absender lediglich reagieren.
Schließlich sind zwei Briefe überliefert, die im Umfeld der damianischen
Korrespondenz entstanden: Die eben erwähnte Aufforderung an den Eremit,
Papst Clemens II. vom schlechten Zustand der Kirche in den Marken Kenntnis zu
geben, begleitete ein Schreiben des Kaisers, welches Clemens persönlich zu
überbringen sei. Vermutlich bezweckte Heinrich damit, die mehrfach erbetene
Kontaktaufnahme Damianis zu dem seit vier Monaten amtierenden Papst end-
lich in die Tat umzusetzen. Auch der zweite Brief ist nur aufgrund von Damianis
eigenem Bericht bekannt: Auf einer römischen Synode 1049,1050 oder 1051 habe
er mit Papst Leo über das Problem flüchtiger Mönche gesprochen, worüber Leo
Bischof Gisler von Osimo einen Brief habe schreiben wollen: Als die am besten
qualifizierte Person der Region sollte Gisler die Wortbrüchigen zur Rede stellen
und entweder zur Einkehr bewegen oder entsprechend bestrafen.1122
Obwohl 80% dieser Briefe auf eine Handlung des Eremiten zurückgehen,
bleibt dieser Teil der Kommunikation aufgrund der geringen Quantität und des
Rekonstruktionscharakters der am wenigsten aussagekräftige. Lässt man ihn
dennoch zusammen mit den an Damiani gerichteten Schreiben in ein Korre-
spondenznetzwerk einfließen, ändert sich dieses beim Vergleich der Themen nur
unwesentlich: Der schlechte Kirchenzustand teilt sich nunmehr mit der Ver-
wandtenehe den vierten Platz, gefolgt von der Papstwahl (Abb. 12).
Hinsichtlich der Schreibanlässe nimmt die Bedeutung der Adressaten zu,
d.h. in diesem Falle Petrus Damianis (Abb. 13) und ebenso die Zahl der kir-
chenreformrelevanten Anlässe (Abb. 14). Demzufolge scheinen Damianis Kor-

1121 Rekonstruiert aus ders., Briefe 1, Nr. 26 und Briefe 2, Nr. 50, 58.
1122 Ders., Briefe 1, Nr. 38.
 
Annotationen