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Jostkleigrewe, Georg; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Westfälische Wilhelms-Universität Münster [Contr.]; Jan Thorbecke Verlag [Contr.]
Monarchischer Staat und 'Société politique': politische Interaktion und staatliche Verdichtung im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 56: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.54857#0014
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1. Politische Interaktion und staatliche
Verdichtung im spätmittelalterlichen
Frankreich. Einführung
1.1 Ein Sonderweg? Moderne Staatlichkeit und
monarchischer Staat im spätmittelalterlichen Frankreich
Wolfgang Reinhard: Die Nase der Kleopatra. Geschichte im Licht mikropolitischer
Forschung. Ein Versuch
In der Tat müssen wir lernen, (...) unseren Staat nicht mehr als historischen
Regelfall, sondern als vorübergehende Ausnahme zu betrachten. (...) Angesichts
unserer Geschichte haben wir sogar allen Grund, den modernen nationalen
Machtstaat als historische Fehlentwicklung zu betrachten. Damit rücken seine
angeblichen Vor- und Zerfallsformen zum historischen Normalfall auf. Es
könnte also sinnvoll sein, sich in diesem Sinn mittels historischer Information auf
nachstaatliche, offen mikropolitische Formen politischer Ordnung einzurichten1.
Bernd Schneidmüller: Konsensuale Herrschaft. Ein Essay über Formen und
Konzepte politischer Ordnung im Mittelalter
In verschiedenen Räumen (...) sind bei allen Unterschiedlichkeiten und früh-
ständischen Beschränkungen die Bemühungen um Intensivierung und Syste-
matisierung der Königsherrschaft zu beobachten. (...) Doch lassen sich scheinbar
klare Entwicklungslinien zur Ausgestaltung monarchischer Staatlichkeit erst aus
der Rückschau ausmachen. Das 13. Jahrhundert bot vielmehr ein wesentlich
differenzierteres Bild: (...) Elemente der Stagnation und Dynamisierung in der
Ausgestaltung von Herrschaft mischten sich. Ihr konsensuales Verständnis be-
stimmte die politische Wirklichkeit im Reich wie in den westeuropäischen Kö-
nigreichen anhaltend2.
* * *

Zu den emanzipatorischen Aufgaben der Geschichtswissenschaft zählt es von
jeher, tradierte Meistererzählungen kritisch zu beleuchten und vertraute Wis-
sensbestände zu hinterfragen3. Diesem Anspruch gemäß rufen zwei herausra-

1 Reinhard, Nase der Kleopatra, S. 659.
2 Schneidmüller, Konsensuale Herrschaft, S. 63.
3 Zu den unterschiedlichen - „monumentalischen", „antiquarischen" und „kritischen" bzw.
emanzipatorischen Funktionen der Geschichte vgL aus philosophischer Perspektive: Nietzsche,
Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, S. Ulf.
 
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