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Berger, Maximiliane; Westfälische Wilhelms-Universität Münster [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der opake Herrscher: politisches Entscheiden am Hof Friedrichs III. (1440-1486) — Mittelalter-Forschungen, Band 66: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.62113#0115
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106

III. Ordo rerum / oeconomia

ihrem Empfängerkontext in der Region. Die Rolle des Königs- bzw. Kaiserhofes
ist in den folgenden Beschreibungen aller Wahrscheinlichkeit nach überbetont.
Dennoch: Gesandtenverkehr war prekär und teuer genug, dass Gesandtennar-
rationen, wie einflussreich sie tatsächlich auch immer gewesen sein mögen, als
bedeutsam anzusehen sind.
Ausgewählt wurde erstens der Konflikt zwischen Deutschem Orden und
Preußischem Bund, der in den Jahren 1451 bis 1453 am Hof Friedrichs III. aus-
getragen wurde und 1453 zu einem rechtlichen Entscheid des Kaisers gegen
den Bund führte; zweitens die Rivalität zwischen den Markgrafen von Branden-
burg und den Herzögen von Pommern-Wolgast um die Nachfolge im Herzog-
tum Pommern-Stettin, die den Kaiserhof von 1464 bis 1466 beschäftigte, bevor
sie abseits der kaiserlichen Instanz in einer lokalen Einigung einen Ruhepunkt
fand; und schließlich drittens der Konflikt zwischen Administrator Ernst von
Magdeburg und der Altstadt Magdeburg anlässlich der 1480 aufgelegten Tür-
kensteuer, der zwischen 1482/3 und 1486 unter dem Rubrum einer eventuellen
kaiserlichen Entscheidung stand. Wahrscheinlich fand sich keiner dieser Kon-
fliktfälle auf der jeweiligen kaiserlichen Agenda ganz oben. Der Prozess gegen
den Preußischen Bund stand beispielsweise im Schatten des zeitgleich ausgetra-
genen Konfliktes der Markgrafen von Brandenburg und süddeutscher Städte,
später sicher auch in dem der Nachricht von der Eroberung Konstantinopels3.
Dennoch ist die Bedeutung des jeweiligen Falls aus der Perspektive lokaler Kon-
fliktpartner nicht gering zu schätzen. Zeitlich sind alle drei Fälle in Phasen lan-
ger Abwesenheit Friedrichs III. aus dem Binnenreich angesiedelt, der letzte nach
der Wendung des Kaisers zum Reich nach 1471. Beides macht sie in gewissem
Maße repräsentativ, für die Jahrzehnte der Herrschaft vom erbländischen Kai-
serhof aus, für Strukturen der Herrschaft über weit entfernte Räume und für
eine Reihe vielleicht weniger spektakulärer politischer Problemstellungen, in
denen dennoch grundsätzliche Themen wie kaiserliche Autorität oder Zugehö-
rigkeiten zum Reich berührt werden konnten.
In den Darstellungen aller drei Fälle gilt es, wesentliche Erfahrungen der
Gesandtschaftsaufenthalte am Hof Friedrichs III. nachzuverfolgen, und damit
auch die Längen und Unklarheiten in Situationen „politischen Entscheidens".
Es werden dabei jeweils unterschiedliche Elemente kaiserlichen Wirkens in Ent-
scheidungssituationen schwerpunktmäßig in den Blick genommen: Die Darstel-
lung des Konfliktes zwischen Preußischem Bund und Deutschem Orden durch-
zieht die Frage, ob und wie angesichts eines unwilligen Herrschers eine ent-
scheidung erreicht werden konnte und wie sich Hof und Parteien dazu verhiel-
ten. Durch die ausführlichen, interaktionsorientierten Analysen der Juristen in
Diensten der Hohenzollern erlauben Briefe aus dem Stettiner Erbfolgestreit tiefe-
re Einblicke in den Einsatz der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Hof-
strukturen. Schließlich liegt das Hauptaugenmerk in der Diskussion des Mag-
deburger Steuerstreites bei lokalen Reaktionen auf den entfernten kaiserlichen
Potentialis des entscheidens.

3 VgL Anhang 40. und Anhang 43.
 
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