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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 4.1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.5790#0018
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Die Landes-Gemäldegalerie in Buda-Pest.

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worden ist, schon früher in Pest vertreten
war, so kamen dazu nun mit der Ester-
häzy'schen Sammlung eine Reihe von Meister-
werken aus der Blüthezeit des siebzehnten
Jahrhunderts, nebst einigen Bildern aus dem
lechzehnten, wie sich ihrer nur wenige Gale-
rien ausserhalb Spaniens zu rühmen haben.
Am glänzendsten ist Murillo repräsentirt, vor
Allem durch die herrliche Madonna mit
dem Kinde, welches drei Mislionären Brod
reicht, in zweiter Linie durch eine Flucht
nach Aegypten und durch das früher als
Velazquez bezeichnete, von Mündler mit Recht
dem Murillo vindicirte männliche Porträt
(Selbitbildniss des Malers), dann durch die
bereits oben erwähnte, später hinzugekommene
Madonna, welche aber leider, ebenso wie
die bereits von früher her in der Galerie be-
findliche h. Familie, etwas gelitten hat, end-
lich durch das lehr verdorbene Bild des h.
Joseph mit dem Jesuskinde. Der zweite Haupt-
meilter, Velazquez, ist ltiefmütterlich bedacht,
besonders nachdem ihm das schöne, oben be-
sprochene Bildniss entzogen wurde. Es bleibt
ihm nur das ziemlich mittelmässige und über-
malte Bild eines vornehmen Mannes zu Pferde.
Um so vorzüglicher ist sein Schüler Nicolas j
de Yillacis vertreten. Seine Madonna mit
dem Kinde und der h. Theresa ist mit ihrer
hellen, silbertönigen Farbe und den ebenso
wahren wie geistvoll behandelten Köpfen eines
der ansprechendlten Bilder des Saales. Der
anmuthigen, später hinzugekommenen Ma-
donna von Zurbaran (voll bezeichnet und
datirt 1661) wurde schon gedacht. Sie schwebt
über einem Kranze von kleinen Engeln, die |
ein durchiichtiger Globus umfängt, in welchem
die unten im Hintergrunde erscheinende Stadt,
wie eine Vition, sich spiegelt. Im Anschluss
hieran sind zunächlt die beiden vortrefslichen
Bilder von Antonio Pareda, besonders dellen
h. Antonius mit dem Jesuskinde, dann der
h. Dominicus von Juan Careno de Miranda,
der voll bezeichnete und mit 1621 datirte Jo- I
hannes von N. Gonzalez und das ausser-
ordentlich schöne Selbstporträt des Pedro
Moya zu nennen. Auch Alonso Cano ist
würdig repräsentirt, vorzüglich Vincenzo Car-
ducho und der geiltreiche Francisco Goya.
Die beiden Bilder von Ribera haben lehr ge-
litten. Dazu kommen schliesslich Escalante,
Ribalta, Tavarone, Pacheco u. v. a.
Nach den Spaniern seien die Niederländer
genannt, von denen besonders die holländischen
Meilter des siebzehnten Jahrhunderts in der
Galerie zahlreich und zum Theil brillant
vertreten sind. Leider gilt Letzteres am
wenigsten von dem Hauptrepräsentanten der
Schule, Rembrandt, worüber die Leser in
den unten folgenden Texten das Nähere be-
merkt finden. Dagegen sind aus der Um-

gebung oder Schule Rembrandt's mehrere
ausgezeichnete Werke vorhanden, wie z. B.
der in der ersten Lieferung unserer Publi-
kation erschienene »Sitzende Mann« und der
in der zweiten Lieferung publicirte »Christus
vor Pilatus« (von Mündler dem Jan Victoor
zugeschrieben). Die holländischen Porträt-
maler der älteren Generation sind durch
Frans Hals (Männliches Brustbild, früher irr-
thümlich Carl du Jardin genannt) und Michel
Miereveit vertreten. Daran reihen sich die
Meilter des niederen und höheren Genre's:
ein Brouwer, Jan Steen, Adr. v. Ollade,
Gabr. Metsu, M. von Helmont, Jan Mole-
naer und David Teniers d. J., welchem
Letzteren wir gleich den kostbaren Gonsales
Coques (Familienbild mit acht Figuren, von
Mündler auf 80,000 Fr. geschätzt) anschliessen
wollen. Der Hauptmeister der Schule von
Antwerpen, P. P. Rubens, istambesten durch
den »Mutius Scaevola vor Porsenna«, sein
grösster Schüler Anton van Dyck durch das
költliche und vortresslich erhaltene Doppel-
bildniss eines Mannes und einer Frau ganz
ausgezeichnet repräsentirt. Dazu kommen
mehrere ausgezeichnete Bilder von Jordaens,
Snayers, Abr. Jansens u. A. Mindellens
gleichwerthig ist die Vertretung der nieder-
ländischen Landschafts- und Thiermalerei,
von denen untere Publikation in dem Pracht-
bilde von A. Cuyp, dem schönen kleinen van
der Neer, der Landlchaft von Salomon van
Ruisdael und dem Thierstück von Fr. Snyders
gleich vier Perlen vorweg genommen hat.
Wir nennen ferner W. van de Velde, S. de
Ylieger, Jacob van Ruisdael, N. Berghem,
Phil. Wouwerman, den seltenen, hier sehr
schön vertretenen Architekturmaler Peter
Saenredam (Vorsaal eines Palaites, voll be-
zeichnet und datirt i653) und endlich ein
Kapitalbild des Meilters der »frutti di mare«,
Cornelis de Heem.
Die deutsche, französische und englische
Schule können sich in der Elterhäzy'schen
Sammlung weder an Reichthum noch an
Qualität mit den Niederländern mell'en. Aber
man bemerkt mit Genugthuung, dass das
vielseitige Interelle der Hisstüchen Gründer
der Galerie sich auch auf dielen Gebieten
durch einige werthvolle Acquilitionen zu be-
thätigen gewusst hat. Die beiden Haupt-
meilter der deutschen Malerei des lechzehnten
Jahrhunderts, Dürer und Holbein, fehlen
freilich. Die in den älteren Katalogen dem
Nürnberger Meilter zugel'chriebene »Kreu-
zigung Christi« erhebt lieh nicht über den
Rang eines Schulbildes. In den beiden srüher
als Holbein bezeichneten Porträts hat man
richtig die Hand des Neuchatel erkannt,
welchem auch die beiden früher Ambergei"
genannten lebensgrossen Bildnilse von Mann
 
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