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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.3756#0037
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fchule, von denen bel'onders die letztere fall ftändig die
Fenfter und Giebel des Domes und des Baptifteriums im
kleinen Mafsftabe wiederholt.

Auch war es in der gothilchen Periode nur eine
nothwendige Folge des Vorherrfchens der Architektur
über ihre Schwelterkünfte, dafs (ich der Maler fogar nach
der einmal fellltehenden Form des Rahmens richten und
daher auch für die Flächen der Giebel und des Mafs-
werkes forgen mufste, wenn lieh ihrer der Bildhauer nicht
annahm. So fanden lieh zur Hauptdarftellung die vielen,
oft lehr zahlreichen Nebenbilder und -Figuren dazu, die
durch den allgemeinen Gedanken geeint, fchliefslich mit
dem Hauptbilde einen ganzen Cyklus ausmachten. Dazu
zwang den Maler anfänglich gewifs nichts anderes, als
die überlieferte Form des Rahmens, die wieder durch die
Architektur des Raumes, wohin er gehörte, bedingt war.
Wir haben von folchen Altarwerken noch eine Itattliche
Anzahl erhalten und Herr M. Guggenheim führt uns
daraus felbft gleich zwei eharakteriftifche Beifpiele auf
feiner zweiten und dritten Tafel vor. Es lind die Rahmen
der Anbetung der Konige von Gentile da Fabriano und
die Kreuzabnahme des Fr. Angelico in der Florentiner
Akademie. Auf dem eilten fehen wir alle der Scene voran-
gehenden Begebenheiten, die Verkündigung, die Geburt,
die Flucht nach Ägypten, Gottvater und die Propheten
in die verfchiedenen Abtheilungen vertheilt, während der
letztere in feinen Giebeln die auf die Haupthandlung
folgende Auferftehung, die Ankunft der drei Frauen vor
dem Grabe des Herrn und das Noli me tangere enthält.

Gehen wir die übrigen Blätter aufmerkfam durch, fo
erllaunen wir, wie lange lieh die Abhängigkeit des
Rahmens von der gleichzeitigen und einheimifchen Bau-
kunlt verfolgen läfst. Wir fehen Arbeiten der vene-
zianifchen Plaltik, die mit ihren wehenden Blättern
geradezu an die Facade der Markuskirche oder die Porta
della carta des Dogenpalaftes gemahnen (Tafel 4, 5, 7
u. f. f.), einen Rahmen (Tafel 16), der offenbar mailan-
difchen Urfprunges, mit feiner perfpectivifchen Vertiefung
ohne Zweifel von der .Scheinarchitektur Bramantes in
S. Maria presso San Satiro beeinflufst ift. Wieder andere
nehmen (ich mit ihren Efelrückenbogen und Fifchblafen-
motiven wie directe Nachahmungen venezianifcher Palaft-
fenfter aus (Tafel 6), oder fcheinen (Tafel 1 und 7 in
S. Zaccaria zu Venedig) im Einklang mit dem Bauftile
der Kirche, in der Sie aufgeftellt werden füllten, gefchaffen.
Wo die Rahmen, wie die beiden letzten, die aus der Werk-
ftätte der Vivarini flammen, aus folchen Altarfabriken her-
vorgingen, ilt es natürlich ausgemacht, dafs die Maler auf
den Bildhauer Einflufs genommen haben. Infchriften und
Urkunden, von denen Herr M. Guggenheim einige anführt,
bezeugen es oft ausdrücklich und manchmal bedang (ich
auch der Beiteller fchon im Contracid vom Maler die Zeich-
nung zum Rahmen aus und verlangte damit von Männern,
die alle drei Künde gleich beherrfchten, nichts befonderes.

So blieb es durch die ganze Gothik. Mit der neu
aufblühenden Kunlt der Renaiffance erfuhr aber auch der

Rahmen eine Umgeftaltung. Sie vollzog lieh in Toscana,
wo die grofsen Bildhauer, vor allem Donatello und feine
Schule, mit ihren Grabdenkmälern dafür neue Typen
fchufen. Der Rahmen wird jetzt zu einem Gerüfte, das aus
zwei oder mehreren, auf einer Stufe (teilenden Pilaftern
oder Säulen beliebt, die ein reiches Gebälke tragen. Wir
fehen diele Form fchon bei Donatellos Verkündigung in
S. Croce zu Florenz, bei den Altären der Robbia u. f. f.
M. Guggenheims Werk gibt davon zahlreiche claflifche
Multer. Die Robbia lind es auch, die mit ihren Werken,
die Antike nachahmend, eine befondere Form des
Rahmens für Rundbilder gefchaffen haben, jene reichen
Fruchtkränze, von denen Tafel 44 ein Beifpiel gibt. Ein
anderes Stück, für ein Rundbild (Tafel 20), weilt Hark auf
jene Madonnenreliefs hin, die in den florentinifchen Grab-
denkmälern regelmäfsig an der Hinterwand, zu Häupten
des Todten, angebracht lind und die, wie das unfere, als
Verzierung Emgelsköpfchen haben, die lieh mit ihren
Flügeln berühren. Tafel 17 bringt ein Exemplar, das mit
feinen herausfpringenden Köpfen und Bullen ein Motiv
der Ghibertithüren aufnimmt u. f. f.

War man einmal fo weit, fo begnügte man lieh bald,
den Rahmen aus Leuten und Stäben zu bilden, aus den
Fenftern oder Portalen gewiffermafsen nur den innerften
Streifen zu nehmen und fchliefslich alle übrigen, Raum
umfchliefsenden Bauglieder, wie Cartouchen, etc. (Tafel
100 u. a.), zu verwerthen, fie mit Hermen, Figuren und
Ranken zu verbinden, oder ganz neue Phantaliegebilde
zu fchaffen. Und fo blieb es fall bis auf unfere Tage, nur
dafs (ich die Maler immer mehr gewöhnten, den Rahmen
als etwas Nebenfächliches zu betrachten und feine
Herltellung einem eigenen Handwerker auszuliefern, der,
wie wir z. B. aus der traurigen Kunltepoche der erllen
Hälfte diefes Jahrhunderts willen, nicht gerade muller-
giltiges fchuf. Wir könnten ihm fchliefslich verzeihen, was
er damit den Bildern feiner eigenen Zeit zugefügt hat,
wenn lieh ihm nicht auch unvernünftige Galleriedirecloren
fo völlig überladen und die alten, guten Rahmen durch
neue, fchlechte hätten erfetzen laffen, indem lie die origi-
nalen entweder abfichtlich entfernten, um für alle in ihrer
Obhut flehenden Bilder eine eigene Uniform anzufchaffen,
oder indem lie lie an dem Platze, dem lie das Gemälde
entnahmen, leichtfinnig liehen liefsen. Heute beginnt lieh
freilich das Intereffe unferer Künltler auch dem Rahmen
wieder zuzuwenden und wirkönnen auf den Ausheilungen
bereits vielfach Schöpfungen fehen, die uns beffere Zeiten
verfprechen: hier wird und foll die neue Zeit auch neue
Formen bringen. Was aber Herr M. Guggenheim aus der
Vergangenheit gelammelt hat, möge rückwärts wirken
und bald, wo es noch möglich ilt, für die hiltorii'ehen
Werke das hiftorifche Kleid weben helfen, indem lie zu
ihrer alten und vollen Wirkung kämen. Was er mit fo
grofser Mühe zulämmengetragen und mit fo feinem
Gefchmacke ausgewählt hat, kann auf diele Weife nach
feinem Wunfche noch reiche Früchte tragen.

Dr. H. Dollmavr.

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