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EINE PLACAT-AUSSTELLUNG.
Von H. E. v. Berlepfch.
(Fortsetzung.)
Die erfte Placat-Ausftellung fand 1884 in Paris ftatt,
arrangirt von M. Vallet im Theater der Passage Vivienne,
die zweite im Jahre 1889 im Palais des arts liberaux im
Champ de Mars. Letztere wies 100 Nummern auf. Vom
December 1889 bis Januar 1890 führte Cheret in der
Gallerie des Theätre Apollon zu Paris eine gröfsere Reihe
von Paftellen, Lithographien, Zeichnungen, Entwürfen und
Placat vor. Privat-Livemont.
ausgeführten Afflehen vor. Den Katalog dazu verfafste
Roger Marx,Infpe6teurdesBeaux-arts. Durchl'chlagender
Erfolg war das Ergebnifs; er hat im weiteren zu
einer Entwicklung ohnegleichen Anlafs gegeben. Cheret
wurde um feiner grofsen Verdienfte willen zum Chevalier
de la legion d'honneur gemacht. Nun folgten (ich die
Ausstellungen rafch, wurde doch felbftverftändlicherweife
der bewegliche franzöfifche Geilt von der neuen Bewegung
mit aller Macht erfafst. Im Champ de Mars war 1891 von
Mai bis September die erfte »Expofition de Publicity«.
Der Kunfthändler Sagot veranftaltete ein gröfseres Unter-
nehmen diefer Art im Jahre 1892. 1894 hatte Paris eine
Ausstellung »Buchausftattung und Papier-Induftrie •, wo-
bei natürlich das Placat eine wefentliche Rolle fpielte. Von
da ab folgte Jahr auf Jahr Weiteres; die gröfseren Städte
der Provinz fchloffen fich an, kurzum die Placatkunft
eroberte im Nu ein Riefenterrain. Der Katalog der vom?, bis
17. November 1896 in Rheims abgehaltenen Ausftellung
wies, ohne Maquetten, bereits an die 1600 Nummern auf.
Das Ausland, am fpäteften Deutfchland, folgte nach.
London fah das erlte folche Unternehmen im Jahre 1894
im Royal Aquarium, 1895 folgte eine weitere, von K night
und Warren in Scene gefetzt, 1896 eine dritte, wieder im
Royal Aquarium. In Brüffel fand fchon eine folche Aus-
ftellung im Jahre 1884 ftatt, die offenbar nicht von grofsem
Erfolg begleitet war; eine zweite wurde erft 1896
organifirt, wogegen Nord-Amerika feit der erften 1895 zu
Brooklyn abgehaltenen eine ganze Reihe fah, und fchnell,
mit vollen Segeln fozufagen, der Bewegung fich anfchlofs.
Dresden hat in Deutfchland vom 1. April bis 31. Juni 1896
die erfte Placat-Ausftellung gefehen. München kam im
Herbfte des gleichen Jahres endlich auch an die Reihe,
und zwar durch die Bemühungen des Herrn Kunst-
händlers Littauer. Wenn die Ausftellung irgendwo heil-
lam hätte wirken können, fo war es gerade in der Mufen-
ftadt an der Ifar; zeigte doch die Nebeneinanderftellung
ausländifcher und deutfeher Plakate, dafs wir, wie auf
manch anderem Gebiete der Kunft, fo auch da, fehr, fehr
viel zu lernen und an Schwerfälligkeit auszumerzen
haben werden.
Ausnahmslos weifen franzöfifche und englifche
Autoren bei derEntwicklungsgefchichte deskünftlerifchen
Placates nur auf Cheret hin. Gab es nun wirklich vor ihm
nichts, gar nichts, was zum minderten Hinweife auf die
Principien des Placates: »Grofse Zeichnung, einfache,
wirkfame Farbwirkung« in deutlicher Form gab? Detaillirt
die Lebensgefchichte des Künltlers zu verfolgen, ift hier
nicht der Platz. Sie ift die gleiche wie fall bei jedem bahn-
brechenden Menfchen: Erft lange, ltille Arbeit ohne
Berührung mit Zeitftrömungen des Gefchmackes, alfo
das was man Selbständigkeit nennt, dann Befchäftigung
ohne Anerkennung und endliches Durchdringen. Bis zur
letzten Phafe hat Cheret lange gebraucht. Er ift heute ein
EINE PLACAT-AUSSTELLUNG.
Von H. E. v. Berlepfch.
(Fortsetzung.)
Die erfte Placat-Ausftellung fand 1884 in Paris ftatt,
arrangirt von M. Vallet im Theater der Passage Vivienne,
die zweite im Jahre 1889 im Palais des arts liberaux im
Champ de Mars. Letztere wies 100 Nummern auf. Vom
December 1889 bis Januar 1890 führte Cheret in der
Gallerie des Theätre Apollon zu Paris eine gröfsere Reihe
von Paftellen, Lithographien, Zeichnungen, Entwürfen und
Placat vor. Privat-Livemont.
ausgeführten Afflehen vor. Den Katalog dazu verfafste
Roger Marx,Infpe6teurdesBeaux-arts. Durchl'chlagender
Erfolg war das Ergebnifs; er hat im weiteren zu
einer Entwicklung ohnegleichen Anlafs gegeben. Cheret
wurde um feiner grofsen Verdienfte willen zum Chevalier
de la legion d'honneur gemacht. Nun folgten (ich die
Ausstellungen rafch, wurde doch felbftverftändlicherweife
der bewegliche franzöfifche Geilt von der neuen Bewegung
mit aller Macht erfafst. Im Champ de Mars war 1891 von
Mai bis September die erfte »Expofition de Publicity«.
Der Kunfthändler Sagot veranftaltete ein gröfseres Unter-
nehmen diefer Art im Jahre 1892. 1894 hatte Paris eine
Ausstellung »Buchausftattung und Papier-Induftrie •, wo-
bei natürlich das Placat eine wefentliche Rolle fpielte. Von
da ab folgte Jahr auf Jahr Weiteres; die gröfseren Städte
der Provinz fchloffen fich an, kurzum die Placatkunft
eroberte im Nu ein Riefenterrain. Der Katalog der vom?, bis
17. November 1896 in Rheims abgehaltenen Ausftellung
wies, ohne Maquetten, bereits an die 1600 Nummern auf.
Das Ausland, am fpäteften Deutfchland, folgte nach.
London fah das erlte folche Unternehmen im Jahre 1894
im Royal Aquarium, 1895 folgte eine weitere, von K night
und Warren in Scene gefetzt, 1896 eine dritte, wieder im
Royal Aquarium. In Brüffel fand fchon eine folche Aus-
ftellung im Jahre 1884 ftatt, die offenbar nicht von grofsem
Erfolg begleitet war; eine zweite wurde erft 1896
organifirt, wogegen Nord-Amerika feit der erften 1895 zu
Brooklyn abgehaltenen eine ganze Reihe fah, und fchnell,
mit vollen Segeln fozufagen, der Bewegung fich anfchlofs.
Dresden hat in Deutfchland vom 1. April bis 31. Juni 1896
die erfte Placat-Ausftellung gefehen. München kam im
Herbfte des gleichen Jahres endlich auch an die Reihe,
und zwar durch die Bemühungen des Herrn Kunst-
händlers Littauer. Wenn die Ausftellung irgendwo heil-
lam hätte wirken können, fo war es gerade in der Mufen-
ftadt an der Ifar; zeigte doch die Nebeneinanderftellung
ausländifcher und deutfeher Plakate, dafs wir, wie auf
manch anderem Gebiete der Kunft, fo auch da, fehr, fehr
viel zu lernen und an Schwerfälligkeit auszumerzen
haben werden.
Ausnahmslos weifen franzöfifche und englifche
Autoren bei derEntwicklungsgefchichte deskünftlerifchen
Placates nur auf Cheret hin. Gab es nun wirklich vor ihm
nichts, gar nichts, was zum minderten Hinweife auf die
Principien des Placates: »Grofse Zeichnung, einfache,
wirkfame Farbwirkung« in deutlicher Form gab? Detaillirt
die Lebensgefchichte des Künltlers zu verfolgen, ift hier
nicht der Platz. Sie ift die gleiche wie fall bei jedem bahn-
brechenden Menfchen: Erft lange, ltille Arbeit ohne
Berührung mit Zeitftrömungen des Gefchmackes, alfo
das was man Selbständigkeit nennt, dann Befchäftigung
ohne Anerkennung und endliches Durchdringen. Bis zur
letzten Phafe hat Cheret lange gebraucht. Er ift heute ein