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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.4069#0026
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— 22

vativen Kunftforfchung hervorgegangen, fetzte er weiter
geradezu feinen Ehrgeiz darein, fchrittweife darzuthun,
dafs ihm nichts von dem Neuen und Neueften innerlich
fremd fei, foweit er darin die Lebenskeime einer energifch
vorftrebenden Entwicklung wahrnahm. Lützow hatte einen
Harken, unerfchütterlichen Glauben an das »Vorwärts«
in der Kunft. Er war ein wohlgefinnter Vermittler
zwifchen dem Alten und Neuen, und ebenfo fuchte
er den gegenwärtig hart anprallenden Gegenfatz der
Kunftparteien zu fcheiden, die fo erhitzt in die Arena
(türmen. Ehrlich eintretend, ftarb er mit der Feder in der
Hand auf dem Kampfplatz der modernften Kunft, eigentlich
als ein Mitkämpfer derselben mit erbleichtem Haar.

Diefe Eigenfchaften, die wir eben an Profeffor von
Lützow hervorhoben, befonders fein ftets reger Sinn für
die Aktualität in der Kunft be-
fähigten ihn vor Allem zum
kunfhviffenfchaftlichenRedaaeur.
Gleich bei feinem Eintritt in Wien
übernahm er die Redaclion des
Wochenblattes: »Recenfionen
und Mittheilungen über bildende
Kunft« (1862 in Löwenthals Ver-
lag begründet). Durch die Mit-
wirkung Schnaafes, Lübkes,Hett-
ners, Mündlers, Woltmanns und
anderer hervorragender Forfcher
erhob fleh die genannte Zeitfchrift
während der kurzen Dauer ihres
Beftandes zu einem führenden
Fachorgan. Bald darauf wufste
Lützow diefe Bedeutung in einem
gefteigerten Mafse der von ihm
geleiteten »Zeitfchrift für bildende
Kunft« zu wahren, welche er mit
dem Verleger Seemann in Leipzig
(nach dem Vorbild der Parifer
Gazette des Beaux-Arts) feit 1865
in's Leben gerufen hatte. Eine L\ni v

auserlefene Genoffenfchaft von

Mitarbeitern, darunter Giov. Morelli, A. Springer, M. Thau-
fing, fand fleh namentlich in früheren Jahren an diefer
Stätte zufammen und Lützow verftand es, ihre werth-
vollen Beiträge durch die Gefammthaltung feiner redac-
tionellen Thätigkeit einheitlich zufammenzuftimmen.
Jenen Kreis hervorragender Kunftgelehrten, welche lieh
um die Arbeitsftätte des Lützow'fchen Organs fammelten,
hat fchon lange der Tod zum gröfsten Theile gefprengt;
nun follte Lützow felbft, der allem Anfchein nach Rüftigfte
und Beweglichfte, gleichfalls nachfolgen.

Vermöge jener eminenten redaktionellen Befähigung
war auch Lützow befonders berufen, für die Gefeil fchaft
für vervielfältigende Kunft höchft erfpriefslich mitzu-
wirken. Stets war das Beftreben der letzteren darauf
gerichtet, in ihren Publicationen das Leiftungsvermögen
der graphilchen Fünfte auf feiner höchften Stufe vorzu-

führen, aber zugleich das Verhältnifs diefer Leiftungen zu
der »grofsen Kunft« Schritt um Schritt klarzuftellen. Die
Gefellfchaft hat demgemäfs ebenfo fehr ein artiftifches, wie
ein inltructives Programm — und ein kundiger Interpret
diefes Programms mufste ihr demnach höchft willkommen
fein. Lützow hat hierin feit Jahren als ein ftets treuer und
bewährter Mithelfer der Gefellfchaft fleh erwiefen. Ja man
darf fagen, kaum hätte ein Anderer die Intentionen, welche
fie mit ihren Darbietungen verband, fo ganz in deren Sinn
dem kunftfinnigen Publicum zu deuten und in gefallig
belehrender Form zu entwickeln gewufst. Es kam in allen
Fällen darauf an, Bild und Text in innigen Zufammenhang
zu bringen, die Wechfelbeziehung zwifchen dem künft-
lerifch Dargebotenen und der zu Grunde liegenden Abficht
ftets erlichtlich zu machen. Diefe Aufgabe hat Lützow
fehr oft und immer mit gröfstem
Verftändnifs und voller Hingebung
beforgt. Eine einfacheAufzählung
feiner Arbeiten für die Gefellfchaft
liefert hiefür den beftenNachweis.
Aus den »Graphifchen
Fünften«: III. Jahrgang 1881.
Zwei Jugend - Madonnen von
Tizian. — XI. Jahrgang 1888.
Raffaels Bildungsgang.—XII. Jahr-
gang 1889. Die Kunft in Wien
unter der Regierung Seiner Maje-
ftät Kaifer Franz Jofeph I. —
XIILJahrgang 1890. Abermals: Raf-
faels Bildungsgang. — XIV. Jahr-
gang 1891. Über Moroni. —

XVII. Jahrgang 1894. Leopold
Carl Müller. — XVIII. Jahrgang
1895. Auguft von Pettenkofen. —

XVIII. Jahrgang 1895. Gefchichte
der Gefellfchaft für vervielfälti-
gende Kunft 1871 —1S95.

Aus der Gefchichte der
n7.c,„. vervielfältigenden Künfte.

Der erfte Band: »Der Holzfchnitt
der Gegenwart in Europa und Nord-Amerika«, dann der
zweite Band: »Der Kupferftich der Gegenwart in Europa«
erfchienen unter Lützows Redaction; die einführenden
Effays und einzelne Abfchnitte im Zufammenhange des
Textes entflammen feiner Feder, die weitere Bearbeitung
im Einzelnen vertheilt fleh an eine Reihe von Kunft-
gelehrten.— »DieRubensftecher«. Bearbeitet von Dr. Adolf
Rofenberg, redigirt von Profeffor Dr. Carl von Lützow.
Das verftändnifsreiche Eingehen auf unfere ein-
heimifche Kunftübung bekundete Lützow namentlich in
der gröfseren, auch im Separat-Abdruck publicirten Arbeit
über die Kunft in Wien (zum 40jährigen Regierungs-
Jubiläum Seiner Majeftät des Kaifers), dann in den
Charakterbildern L.C.Müllers und Auguft von Pettenkofens.
Er, der Norddeutfche von Herkunft, der früh genug über
Süddeutfchland hindurchgefchritten war und die künft-
 
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