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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.4072#0009
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Heckenrosen finden, in einem Arrangement, bei dem der
Mangel jeder Anordnung und Zusammensetzung mit dem
Reichthum der anderen Motive sonderbar contrastirt.
Ausserdem, auf demselben Blatte die Nebeneinander-
stellung des stilisirten und des naturalistischen Details,
der irdischen Blume, die ihre gewöhnliche Blüthe trägt,
neben den Märchenprinzessinnen und Helden der Sage mit
ihren unmöglichen Abenteuern.

Man kann sich leicht denken, dass Mucha für seine
Ausstellung eine reizende Einladungskarte componirt

hat, die an sich schon genügen würde, einen Begriff von
seiner Art und Weise und seinen Lieblingsgestalten zu
geben. Wir wünschen ihm, dass er auf seinen Lorbeeren
nicht ruhen möge, sondern dass er sich erneuere, so viel
und so oft als möglich, und vor allem, dass er nicht ent-
muthigt werde, wenn auf die gegenwärtige, ganz ausser-
ordentliche Eingenommenheit des Publikums jene Gleich-
giltigkeit folgen sollte, die nur zu oft als Rückschlag auf
derartige leidenschaftliche Begeisterung eintritt.

W. R.

DIE UNGER-AUSSTELLUNG IN BRUNN,

Die graphischen Künste in dem letzten Jahrzehnt
haben, dem grossen leidenschaftlichen Zug zur Kunst
folgend, einen unerwarteten, reichen und freudig er-
blühenden Aufschwung genommen. Eine Welt von neuen
Schönheiten enthalten Max Klingers Radirungen; die Kunst
Cherets, Lautrecs, Grassets, Muchas, der in Paris lebt, aber
ein Österreicher ist, u. a. hat der Lithographie die herr-
lichsten und graziösesten Äusserungen entrungen; deutsch,

Kalender. Von A. Mucha.

gross und von inniger, tiefer Einfachheit wie Dürer,
klingen Hans Thomas Blätter an unser Herz, und was der
Holzschnitt vermag, enthüllt ein Blick in moderne englische
Illustrationswerke oder, um ein einziges deutsches
packendes Beispiel herauszufassen, Franz Krügers neue-
ster Farbenholzschnitt in neun Platten nach einem Frauen-
porträt des Domenico Veneziano in der Berliner Galerie.
Für eine solche reiche Entwicklung war das voll-
kommene Beherrschen der Technik unentziehbare
Vorbedingung, denn gerade für die zeichnenden
Künste ist diese vielleicht nöthiger als für jede andere
Kunst. Wie Klinger zurückgreift auf Rembrandt und
Goya, so hat auch William Unger, als er anfieng, sich
von dem Bann der geschmacklosen, meist unförmig
grossen Kunstvereinsblätter in Stahlstich loszulösen
und die Radirung wieder auf den alten Thron zu
erheben, begonnen, bei Rembrandt, dem »Meister der
Poesie des Lichtes«, in die Schule zu gehen. Davon
ging er aus und sein Verdienst wächst mit dem
Fortschritt der Entwicklung, da es immer schönere
Früchte erweckte. Darum darf man auch dem fein-
sinnigen Director des Brünner Gewerbemuseums,
Julius Leisching, für die zum 60. Geburtstage des
Künstlers am 11. September eröffnete Jubiläums-
ausstellung der Werke Ungers freudig danken.

Es ist eine Sammlung von 121 Nummern, die
also nicht das lückenlose Werk des Meisters gibt,
aber sie zeichnet klar den künstlerischen Werdegang
Ungers; sie Hess uns sehen, wie seine Kunst wuchs,
erst tastend, dann kraftvoll ringend und sich äussernd
in einer vieltönigen, berückenden Sprache, alle
Schwierigkeiten sieghaft überwindend. Zuerst die
Stiche nach Hermann Wislicenus, nach strengen,
herben Cartonzeichnungen, gebunden durch den
Bann des Conturs, farblos und wenig nuancirt. Aber
die Technik war sicher, gut und bewusst. Er ver-
dankt sie Julius Thäter, einer liebenswürdigen,
reinen und begeisterten Künstlernatur, ähnlich der
seines Landsmannes Ludwig Richter oder ähnlich
der Overbecks und Trenkwalds.
 
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