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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.4072#0017
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Correspondenz aus Berlin.

(Die Sammlung moderner graphischer Arbeiten im königlichen
Kupferstichkabinet — Ausstellung radirter Landschaften — Das
Berliner Galeriewerk — Arbeiten von Albert Klüger — Jahrespublication
des Vereines für Originalradirung — Ausstellung deutscher Illustratoren.;
Die Sammlung von Kupferstichen und Holzschnitten
unseres Jahrhunderts sowie von Lithographien, die
früher in der National-Galerie aufbewahrt wurde, ist seit
etwa anderthalb Jahren in das Kupferstich-Kabinet der
königlichen Museen überführt worden. Damit ist eine
Scheidung, die wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen war,
- denn worin besteht auf dem Gebiete der Schwarz-
Weiss - Kunst ein principieller Gegensatz des gegen-
wärtigen Jahrhunderts zu den früheren? — aufgehoben
und an einer Stelle das gesammte Material vereinigt
worden. Es ist vielleicht schon jetzt nicht ohne Interesse,
etwas über den Besitzstand an modernen Werken aus
dem Gebiete der graphischen Künste im Berliner Museum
zu erfahren, und obschon sich ein vollständiger Überblick
zur Zeit nicht gewinnen lässt, mögen einige Bemerkungen
hier Platz finden. Den
Glanzpunkt der moder-
nen Abtheilung wird,
wahrscheinlich für lange
Zeit hinaus, das Werk
Adolph Menzels bil-
den. Es ist nicht wahr-
scheinlich, dass irgend-
wo ein schöneres und
vollständigeres Werk des
Berliner Altmeisters exi-
stirt, noch dass es jemals
zusammengebracht wird.
Allerdings fehlen einige
Nummern des von Dor-

gerloh zusammengestellten Verzeichnisses, doch ist die
Zahl solcher Desideraten verschwindend klein. Die
grössten Seltenheiten sind fast alle vorhanden, und, was
vielleicht noch wesentlicher ist, die Qualität der Abdrücke
ist durchgängig vorzüglich. Aus den grossen Holzschnitt-
folgen z. B. liegen zahlreiche Probedrucke der einzelnen
Blätter vor, von den »Illustrationen zu den Werken
Friedrichs des Grossen«, die das Kupferstich-Kabinet in
allen Ausgaben besitzt, Prachtdrucke von sämmtlichen
Blättern, u. a. etwa 50 mit den eigenhändigen Correcturen
des Meisters. Von den »Versuchen auf Stein mit Pinsel
und Schabeisen«, die ohne weiteres zu den feinsten Er-
zeugnissen der deutschen Lithographie zu zählen sind,
findet man die denkbar besten Exemplare sämmtlicher Etats.
Von den älteren, trefflichen Radirern der ersten Jahr-
zehnte des Jahrhunderts sind J. A. Klein, Ehrhardt,
Reinhart, W. von Kobell gut vertreten; von den Linien-
stecher vorzüglich Eduard Eichens durch ein voll-
ständiges Werk.

Aus der jüngsten Vergangenheit ist qualitativ am
besten vertreten das Werk von Stauffer-Bern, das sich

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Der Winter. Aus den FUzroy-Pictures. Von Heywood Sumner.

durch schönste Drucke und zahlreiche frühe Etats aus-
zeichnet. Mit dem Werke Klingers, das sich der Gunst
des Publicums, wie man täglich zu beobachten Gelegen-
heit hat, in besonderem Masse erfreut, darf man immerhin
zufrieden sein. Es fehlt keine der grossen Folgen, die
zumeist in trefflichen frühen Drucken vorhanden sind;
auch Probedrucke und Raritäten sind einige da, wenn
sich auch unser Werk mit dem, welches das Dresdener
Kabinet besitzt, nicht im entferntesten messen kann.

Vor einer Reihe von Jahren wurde in der National-
Galerie eine Ausstellung von Werken moderner englischer
Radirer veranstaltet; fast die ganze Collection ist damals
vom Staat käuflich erworben worden und gewährt einen
Überblick über das Schaffen der Hauptmeister. Von
Whistler sind etwa 30 Blätter aus seiner frühen und
aus der späteren Zeit seines Schaffens, von Seymour
Haden nahe an 50 Blätter, darunter die schönsten, in
vorzüglichen Abdrücken vorhanden. Legros ist durch
Landschaften und Porträts vertreten. Von D. Y. Cameron
wurden vor kurzem mehrere ausgezeichnete Radirungen

erworben; von Strang
besitzt die Sammlung
zwei illustrirte Werke
mit brillanten Drucken.
H. Herkomer ist fast
zu reichlich vertreten.
Als Curiosum mag ein
sehr reiches Werk des
frühen Radirers D. C.
Read (arbeitet bis ins
vierte Jahrzehnt unseres
Jahrhunderts), der, wie
es scheint, in der Gegen-
wart mit Unrecht ganz
vergessen ist, hervorge-
hoben werden; es ist des Künstlers Handexemplar.

Aus der Sammlung der Holzschnitte (schätzungs-
weise etwa 1200— 1500 Blätter) ist mit Genugthuung eine
hübsche Collection Probedrucke von Ludwig Richter
zu erwähnen. Der treffliche Unzelmann und sein Atelier
ist durch etwa 800 Blätter sehr gut repräsentirt. Von
Rethel, Schnorr von Karolsfeld u. s. w. ist eine
stattliche Zahl vorzüglicher Drucke auf Chinapapier vor-
handen. Eine hübsche kleine Sammlung amerikanischer
Holzschnitte (Juengling u. a.) gibt einen guten Begriff
von der hohen Vollendung dieser Technik jenseits des
Oceans.

Die Sammlung von Lithographien ist ihrem Umfang
nach recht bedeutend. Die sogenannten Jnkunabeln der
Lithographie sind recht zahlreich vorhanden, u. a. die
frühesten Versuche von Senefelder, die allerdings, wie
bekannt, noch nicht sich mit Wiedergabe künstlerischer
Werke befassen, immerhin aber mit Rücksicht auf die
spätere Ausbildung der Technik nach dieser Seite hin
an dieser Stelle bewahrt zu werden verdienen. Was
Deutschland anbelangt, ist die Sammlung gut und reich-
 
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