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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.4072#0022
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"Ol,

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Aus dem •Jugendschatz*.. Zeichnung von K. Moser.

rischen Originalität begründet. Er ist in der weitaus überwiegenden Zahl
der Fälle selbstständiges Ausdrucksmittel. Mit Hishikawa Morö-
nobu beginnt die Reihe der Meister, die bis beinahe zur Mitte des
IS. Jahrhunderts (1743) ausschliesslich den Schwarzdruck eultiviren,
von da ab jedoch den farbigen Druck zu einer Blüthe bringen, die ihres-
gleichen nirgendwo sonst hat. Dem Hauptvertreter des Höhepunktes,
Kiyönaga, ist ein eigenes Capitel gewidmet, seinen Nachfolgern,
Yeishi, Utamaro und Toyökuni, die zwar nicht mehr Repräsen-
tanten der höchsten Kraft, wohl aber die Verfeinerer der Kunst waren,
gilt das nächste und daran schlicsst sich der Abschnitt über Hokusai,
den in Europa populärsten Künstler, den man für den grössten hielt
und der sowohl durch die Eigenart seines Talentes, wie durch den Ein-
fluss, den er während eines langen arbeitsreichen Lebens ausgeübt,
eine bedeutende Rolle spielt, dennoch aber nicht den Meistern des
18. Jahrhunderts an die Seite zu stellen ist. Ein Ueberblick über dieThä-
tigkeit seiner Schuler, die schon weit ins 19. Jahrhundert hinein reichen
(Hokusai selbst starb 1849), sowie die Behandlung anderer, die nicht

zum Kreise des genannten Meisters zählen, beschliesst das Canze, das
der Autor in der Einleitung als schwerlich vollständig bezeichnet, dem
er aber mit Recht die Thatsache zu Grunde legt, dass der Japanismus
nun einmal ein Rcstandtheil unserer Cultur geworden ist, weil er
gewissen Bedürfnissen der Zeit entgegenkam und fördernd auf sie ein-
wirkte. Deshalb war es geradezu geboten, dem Stoffe nahezutreten,
einen ersten Schritt auf dieser Bahn zu versuchen, wenn auch, wie mit
Siehcrheitvorauszusehen ist, von Amerikanern und Franzosen weiterhin
die Hauptarbeit auf diesem Gebiete geleistet werden wird, schon weil
sich bei ihnen das ausgiebigste Material vorfindet, wahrend Deutschland
dagegen nur meist kleinere Sammlungsbestände aufzuweisen hat. Man
muss dem Verfasser, der seiner Aufgabe überall in durchaus treffsicherer
Weise gerecht wurde und in kurzen markanten Zügen den Stoff behan-
delte. Dank wissen, dass er endlich auch für Deutschland diese Wege
erschlüss und sich dabei ausschliesslich an die Hauptsache hielt, ein
Umstand, der das Seydlitz'sche Buch in bester Weise trennt von Arbeiten
wie sie z.B. Strange geliefert, der sich über der eingehenden Besprechung
von Nebendingen manchmal die Hauptsache entgehen Hess oder sie mit
allgemeinen, nichts weniger als scharf charakterisirenden Redensarten
abthat. H. E. v. B.

Jugendschatz. Deutsche Dichtungen, gesammelt von
Felicie Evvart. Mit Illustrationen vonKoiomann Moser.
Wien, Waldheim.

Diese neue Anthologie liefert den Beweis, dass die deutsche
Poesie auch für die Jugend existirt. Er wird nicht zum erstenmale
gebracht, aber immer und immer wieder vergisst man darauf, aus ihm
die Nutzanwendung zu ziehen, immer und immer wieder ziehen die
Eltern es vor, die Kinder zuerst mit dem trivialen Reimgeklingel der
gangbaren Bilderbücher und dann mit den läppischen Erzählungen der
Jugendschriftenliteratur zu überfüttern, statt ihre ästhetische Erziehung
durch eine wenn auch eingeschränkte Erschliessung des Besten, was
unsere Dichtkunst hervorgebracht hat, schon im frühen Alter zu beginnen.
Die Anthologie der Frau Ewart begleitet alle Entwicklungsstufen von der
zarten Kindheit bis in das reifere Jugendalter, Gleich der erste, sehr
umfangreiche Theil ,,Aus der Kinderstube"' zeigt, welche köstliche
Fülle reizender Kinderlieder man in unserer Literatur ausgraben kann.
Mit feinem Takte sind auch die Beiträge für die Abtheilungen ,,Zu
Hause" (ein etwas indifferenter Titel), ,,Aus Wald und Feld", „Aus der
Schule" und ,,Märchenzauber" gewählt. Nur im letzten Abschnitte
„Aus alter und neuer Zeit" nimmt das Pathos abgelebter Balladen einen
zu grossen Raum ein.

Doch an dieser Stelle interessirt uns nicht so sehr der literarische
als der künstlerische Theil des „Jugendschatzes". Die Illustrationen
rühren von Koloman Moser her, der an der Kunstgewerbeschule des
österreichischen Museums unter Professor Matsch seine Ausbildung
erhalten hat. Die frühere Direction des Museums war es auch, die dem
jungen Künstler den Auftragzu diesem seinem ersten grösseren Illustra-
tionswerke ertheilte. Man kann nicht sagen, dassMoser eine durchaus
reife Leistung darbietet. Dass der Charakter der Illustrationen sich mehr
an die Erwachsenen als an die Jugend wendet, für die das Buch doch
auch bestimmt ist, will weniger bedeuten, als dass die Bilder oft ein
reines Verlegenheitsergebnis sind. Nicht selten ist ein ganz neben-
sächlicher Punkt aus einem Gedichte als Grundlage für die Illustration
herausgenommen, ohne dass dadurch die Stimmung des Ganzen
getroffen oder erhöht würde. Aber diese Schwächen werden reichlich
durch Vorzüge aufgehoben. Moser hat entschiedenes Talent für die
Buchillustration. Was man heute bei deutschen Büchern noch so selten
findet, den künstlerischen Zusammenklang in der Anordnung von Text
und bildlichen Schmuck, ist im „Jugendschatz" überall angestrebt und
zum Theile auch glucklich erreicht. Viel dazu trägtauch die von Moser
angewendete Technik bei. Er zieht die Linie dem Tone vor, die Zeich-
nung der malerischen Wirkung und wir mit ihm die Resultate, die er
mit der Feder erzielt. Da entfaltet er eine grosse Gewandtheit und die
eigenartige Begabung, der Zeichnung auch eine kräftige Tiefe zu ver-
leihen. Die von uns abgedruckten Illustrationen zu dem Gedichte „Kaiser
Josefs Grabschrift" und Storms „Schneewittchen" sind dafür bezeich-
 
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