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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.4072#0025
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nehmen, das so recht im Pflichtenkreise einer Gesellschaft
für vervielfältigende Kunst liegt, ein Unternehmen von echt
volksthümlichem Charakter ist mit dieser ersten Serie von
25 Bogen auf das glücklichste inaugurirt worden. Eröffnet
wird sie durch ein Porträt Seiner Majestät des Kaisers
nach einem Bilde Pochwalskis, dann folgen Darstellungen
aus der biblischen Geschichte, Legende, der vaterländi-
schen Geschichte und Geographie, dem Thierleben, dem
Bereiche der technischen Erfindungen und zwei Illustra-
tionen zu Märchen in farbiger Reproduction. Eine ganze
Anzahl hervorragender Künstler war für die erste Serie
thätig: Benczür, Bernt, Friedrich, Hirschl, Jenewein, Lefler,
Lichtenfels, Kempf von Hartenkampf, Moser, Pock, Russ
und Schwaiger. Es wurden drei verschiedene Ausgaben
der Bilderbogen veranstaltet: 1. Eine Volksausgabe mit
dem Preise von 5 kr. für den schwarzen und 10 kr. für den
farbigen Bogen. 2. Eine Liebhaberausgabe auf Velin-
papier im Preise von 5 fl. 3. Eine auf 100 Exemplare
beschränkte Luxusausgabe im Preise von 50 fl. Von
der Volksausgabe wiederum erscheinen acht verschiedene
Auflagen, welche den den Bilderbogen beigedruckten,
mitunter recht umfangreichen erklärenden Text in je einer
der acht österreichischen Schulsprachen — deutsch,
czechisch, polnisch, italienisch, ruthenisch, slovenisch,
kroatisch und rumänisch — bringen. Wer erwägt, wie
complicirt der ganze Organismus des Unternehmens durch
die Vielsprachigkeit der Texte wurde, wird gerne zugeben,
dass die Gesellschaft ihre Aufgabe gleich im grössten
Massstabe aufgefasst habe, und wer bedenkt, dass durch
die Vielsprachigkeit sämmtlichen Volksstämmen eines
grossen Reiches ein herrliches Bildungsmittel erschlossen
wurde, wird anerkennen, dass den Bilderbogen für Schule
und Haus eine culturelle Mission bestimmt ist. Und in
diesem Sinne wurden sie auch gleich bei ihrem Erscheinen
von der Tagespresse, den Fachzeitschriften und dem
Publicum begrüsst. Mit freudiger Genugthuung heben wir
auch hervor, dass Seine Majestät der Kaiser in Würdigung
des patriotischen Charakters der Bilderbogen geruht hat,
die Widmung derselben für die Fideicommissbibliothek an-
zunehmen, und mit Freude constatiren wir, dass mehrere
Mitglieder des Kaiserhauses in die Reihe der Abnehmer der
Luxusausgabe getreten sind. Der Verkauf der Volksausgabe
hat sich bis jetzt überraschend günstig gestaltet. Mit vollster
Beruhigung wird die Gesellschaft freilich erst dann der
Zukunft des ganzen Unternehmens entgegensehen können,
wenn einzelne Abtheilungen — zunächst die der biblischen
und vaterländischen Geschichte — so weit vorgeschritten
sind, dass sie sich zu Atlanten für den Schulgebrauch
werden zusammenstellen lassen. Jedenfalls glaubt die
Gesellschaft bei der Durchführung des ganzen Unter-
nehmens sich der Unterstützung der hohen Unterrichts-
verwaltung sicher fühlen zu dürfen. Wie sie den Bilder-
bogen gleich von Anfang an mit Rücksicht auf seine weit-
tragende Bedeutung für das Unterrichtswesen und die
Volksbildung die fürsorglichste Aufmerksamkeit widmete,
fördert sie das grosse Unternehmen nunmehr in dankens-

werther Weise auch dadurch, dass sie eine Anzahl von
Entwürfen für die Bilderbogen in Auftrag gab. Sehr
günstig und ein nicht genug hochanzuschlagender Vortheil
war es auch, dass auf Einwirkung des hohen Unterrichts-
ministeriums die Direction des k. k. Schulbücherverlages
sich entschloss, den Vertrieb der Volksausgabe für die im
Reichsrathe vertretenen Länder und Königreiche zu über-
nehmen. Für die zweite Serie der Bilderbogen sind die
Vorbereitungen in vollstem Gange, so dass sie zuversicht-
lich im Laufe des Sommers wird erscheinen können. Sie
wird der ersten an Vortrefflichkeit des Gebotenen nicht
nachstehen, ja sie, wie wir glauben, noch übertreffen.

Veröffentlichungen im Jahre 1897.

1. Der XX. Jahrgang der »Graphischen Künste«
war der letzte in der Reihe seiner Vorgänger, der noch
auf dem Boden des alten Programmes stand. Eröffnet
wurde der Jahrgang durch eine umfangreiche Studie über
die Ausstellung graphischer Originalarbeiten des
Jahres 1895. Eine grosse Anzahl von Tafeln, darunter
nicht weniger als 8 Drucke von Originalplatten, die
Klinger, Halm, Liebermann, Hirzel, Storni van's Grave-
sande, Lepere, Woernle beizusteuern die Freundlichkeit
hatten, sowie zahlreiche Illustrationen im Text gestatteten,
diesen Artikel zu einer interessanten Revue des graphi-
schen Originalschaffens der Gegenwart auszugestalten.
Zwei weitere Aufsätze von Max Schmid und Franz
Meissner waren hervorragenden deutschen Frescomalern,
Hugo Vogel und Hermann Prell, gewidmet. Dann
folgte eine grossangelegte Monographie über Walter
Crane aus der Feder des Münchener Kunstschriftstellers
und Malers H. E. v. Berlepsch. Bei der epochemachenden
Bedeutung Walter Cranes für das künstlerische Illu-
strationswesen unserer Tage war es geboten, unseren
Lesern in den Abbildungen ein möglichst geschlossenes,
abgerundetes Bild des vielseitigen Künstlers vorzuführen.
Dafür, dass dies gelungen sei, liegt das competenteste
Urtheil vor, das Walter Cranes selbst. Nicht mindere Sorg-
falt wurde auf die Illustrierung eines sehr frisch und an-
ziehend geschriebenen Artikels William Ritters über Gio-
vanni Segantini, den berühmtesten italienischen Maler
der Gegenwart, gelegt. Heliogravüren und ein Lichtdruck
nebst zahlreichen Illustrationen im Texte führten die
wichtigsten Oelbilder sowie Studien vor, eine recht
gelungene farbige Zinkätzung nach einem Pastell gab
eine ausreichende Vorstellung von der eigenartigen Technik
des Künstlers. Abgeschlossen wurde der Jahrgang durch
die Publication von 4 Radirungen nach Bildern polnischer
Meister, die in glücklicher Weise die Kenntnis eines sehr
begabten polnischen Radirers, Lopiehski, vermitteln.
Das Porträt Matejkos und der Malerin Bilinska, die Bilder
von Falat und Wierusz-Kowalski sind übrigens auch
gegenständlich geeignet, lebhaft zu interessiren und zu
fesseln.

Im Jahre 1897 wurde auch das erste Heft des
XXI. Jahrganges der »Graphischen Künste« aus-
gegeben. Mit ihm wurde das neue Programm der Zeit-
 
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