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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.4072#0029
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26

JULIUS SCHMIDS
SCHUBERT-ABEND IN EINEM WIENER BURGERHAUSE.

(Verlag der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.)*

Zur Centennarfeier der Geburt ihres grossen Sohnes
Franz Schubert hatte die Stadt Wien den Schöpfer der
Deckenbilder in der Schottenkirche und des Vorhangs im
Raimundtheater, Julius Schmid, beauftragt, ein Bild zu
malen, das geeignet wäre, die Erinnerung an diese Feier
und ihren geistigen Mittelpunkt, den unsterblichen Ton-
setzer, künstlerisch festzuhalten. Die Gesellschaft für
vervielfältigende Kunst hat nun eine Heliogravüre nach
diesem Ölgemälde herausgegeben. Aus diesem Anlasse

»Ein Schubert-Abend in einem Wiener Bürgerhause«
ist das Bild betitelt. Das Lied war damals noch nicht
concertfähig, erst nach Schubert und hauptsächlich durch
ihn ist es dies geworden. Die Pflegestätten seiner Muse
waren die Salons der musikliebenden wohlhabenden
Bürger. In einen dieser — man mag etwa an die Familie
Sonnleithner denken — führt uns Schmids Gemälde.
Das «schöne Zimmer-, durch die Kerzen eines Lusters
beleuchtet, ist von einem zahlreichen Publicum gefüllt.

sind vielleicht die folgenden kurzen Bemerkungen zum
sachlichen Verständnisse des Bildes nicht unwillkommen.

Jung, arm und unberühmt ist Franz Schubert
gestorben. Unter begeistertem Schaffen, harmlosem, leicht-
lebigem Genuss und bitterer Noth flössen seine Tage
dahin. Vergebens sucht man in dieses Künstlers Erden-
wallen nach einem lichten Höhepunkt oder einer inter-
essanten Begebenheit, die zur bildlichen Darstellung reizen
könnte. Kein bestimmtes, in der Biographie Schuberts
nachweisbares Ereignis hat daher Julius Schmid zum
Vorwurfe seines Gemäldes genommen. Dies mag beim
ersten Anblick als ein Nachtheil erscheinen, bald aber
erkennt man, dass gerade dadurch der innere Wert des
Bildes steigt, indem es so aus dem Gebiete des historischen
Genres auf die Höhe eines Votivbildes gehoben wird.

* Preise der Photogravuie: Drucke mit Schrift auf China-Papier M

Schubert sitzt am Ciavier und begleitet den Vortrag seiner
Lieder. Die letzten Töne des einen sind verrauscht, und
bevor das nächste beginnt, macht sich der Beifall Luft.
Aufgestört wendet sich der Meister vom Ciavier ab und
blickt erfreut und befriedigt auf die Gesellschaft. Begeistert
klatschen die jungen Freunde, gemessen ist der Beifall der
Gönner und alten Herren, in sensitiverErgiffenheit lauschen
noch die Mädchen dem holden Nachklange der Musik, die
nach des grossen Dichters Wort der Liebe Nahrung ist.
Sämmtliche dargestellten Personen sind Porträte:
Schuberts Freunde, Bekannte, Protectoren, die Sänger
seiner Lieder, Repräsentanten des musikalischen Wiens
und andere bedeutende Zeitgenossen. Da finden wir in
bunter Reihe den getreuen Spaun, die Maler Kupel-
wieser und den herrlichen Moriz von Schwind, die
24.—, auf weissem Papier M. 20. —.
 
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