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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4073#0011
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kung. Über knappe, aber Alles localisirende und bezeichnende Andeu-
tungen geht er nicht hinaus. — Zu dem Sport-AImanach, das dieselben
Vorzüge hat wie das »Alphabet-, hat Rudyard Kipling in seiner kurzen,
nicht gerade in classischem Englisch gehaltenen Weise humorvolle
Knittelverse geschrieben, die zusammen mit den Illustrationen das Buch
zu einem ausserordentlich amüsanten modernen Kunstwerk machen. Die
ganze Ausstattung ist Nicholsons Werk, die Lettern, die Verlegermarke
und das Calendar. Gleich dieser prächtige stupide Kutscher auf dem Um-
schlag! Mehr als Dreiplattendruck ist nicht angewendet. Jedes Blatt ist
in seiner Art ein Kunstwerk. Kuhn und gelassen, zur Bewunderung
zwingend, sind die Bewegungen der Rennpferde, der hetzenden Wind-
hunde erfasst. Reizend wirkt auf der Illustration zum Mai ein junges
Mädchen, wie sie voll gespannter Aufmerksamkeit den Köder an der
Angel befestigt. In der Hohe ihrer Körpermitte endet die schwarze Fläche,
der Horizont setzt an. Eine ausgesparte helle Fläche auf dem Boden
bezeichnet das Wasser, ein paar schwarz ausgefüllte durchbrochene
Bäume stehen in düsterer Silhouette in dem Horizont und endlich einige
kühn gezogene schwarze Striche am Himmel bedeuten die Wolken. Also
die denkbarste Einfachheit und dabei diese unendliche Lebendigkeit und
Wahrheit der Landschaft und Situation. Oder die beiden Cricketspieler,
die Bogenschützen im Reifrock, die beiden Boxer und die reizende
Schlittschuhläufcnn. Bei dem Golfspieler (October) liegt hinter dem
Lande eine blaue Fläche mit schwarzem Stich in den gelben Horizont:
es ist das Meer mit dem Leuchtthurm. Man kann nicht einfacher sein
und dennoch Alles sagen.

Edmund Wilhelm Braun (Troppau).

Literatur.

Edward von Steinle's Brief Wechsel mit seinen
Freunden. Herausgegeben und durch ein Lebensbild
eingeleitet von Alphons Maria Steinle. Freiburg i. B.,
Herder. 1897. 2 Bde.

Hermann Grimm hat gelegentlich den Eindruck, den ihm die
Persönlichkeit Steinles machte, in ein Paar Sätzen geschildert. „Er hatte
einen Anflug vornehmer Zurückhaltung, wie die höheren katholischen
Geistlichen. Er ist für mich einer der liebenswürdigsten Repräsentanten
des unoffensiven, freundlichen Katholicismus, dem wir in Bayern und
Oesterreich wohl noch begegnen, der die gesammte Familie Brentano
beherrschte und ohne den Clemens Brentano nicht zu verstehen ist."
Das nämliche Urtheil wird sich jedem unbefangenen Leser bei der
Leetüre des vorliegenden schönen Werkes aufdrängen. Treue Kindesliebe
setzt hier dem Vater ein würdiges Denkmal. Als Einleitung dient eine
ausführliche Lebensbeschreibung, in die die kleineren Briefwechsel ver-
flochten sind. Darunter möchte ich besonders auf die Briefe des Grafen
Hübner hinweisen, des ausgezeichneten Schriftstellers, dem wir den
Spaziergang um die Welt und andere Werke verdanken, von denen ich
freilich nicht weiss, ob sie die zünftigen Literarhistoriker in ihren Büchern
anführen, die aber so feine Kenner wie Alexander von Villers oder die

Goncourt zu schätzen wussten. Als Hauptinhalt folgen die vollständigen
Briefwechsel mit dem Vater, mit Overbeck, Rath Schlosser, Antonie
Brentano, Birkenstock, Emilie Linder und anderen. Am wichtigsten
darunter sind die Briefe des grossen Dichters Clemens Brentano. Den
Schluss bildet ein Catalog der Werke Steinles. Hier vermisse ich z B.
die frühen Porträtlithographien aus der Wiener Zeit, ein um 1S35 für
Pinkafeld gemaltes Altarbild u. a. Zu dem untermJahre 1837 verzeichneten
Blatte: „Der heilige Leopold von Engeln umgeben" will ich der Curiosität
halber bemerken, dass es als sogenannte „Neujahrs-Enthebungskarte"
ausgegeben wurde. Von kleinen Unrichtigkeiten in'den anderen Theilen
des Werkes könnte erwähnt werden, dass die öfter vorkommenden
Namen Johann und Franz von „Bruckmann" eigentlich „Bruchmann"
zu schreiben sind, auch erkennt man nur mit Mühe in dem Maler
„Rabnitz" jenen Rcbnitz oder Rehbenitz, den Schwind auf seiner „Rose"
gemalt und Ludwig Richter in seinen Lebenscrmnerungen geschildert
haben. Sehr zu Dank ist man dem Verfasser und dem Verleger für die
schönen Lichtdrucke nach Werken Steinles verpflichtet, von denen
manche hier zum ersten Male vervielfältigt erscheinen. Es thut einem
wohl, nach all den modernen Virtuoscnstuckchen wieder eine Kunst zu
sehen, die Seele hat, wie wir heute sagen. Das Kindchen im Auge nannten
das die Romantiker. A. T.

Lafenestre et Riehtenberger, La peinture en Eu-
rope: La Hollande. Paris, Societe francaised'editions d'art.

In den letzten Jahren sind fast von allen grösseren europäischen
Gemäldesammlungen kleine Verzeichnisse mit Abbildungen der
wichtigsten Bilder erschienen und haben unter den Künstlern, Kunst-
freunden, Sammlern und Kunstgelehrten die grösste Verbreitung
gefunden. Vor den grossen Galeriewerken, die uns die Hauptbilder in
kostspieligen Reproductionen, in Radirung, Lithographie oder Helio-
gravüre, vorführen, haben diese kleinen Kataloge Billigkeit, Handlich-
keit und Reichhaltigkeit voraus, sie unterstützen bei Künstlern und
Kunstfreunden die Erinnerung an die besuchten Galerien und dienen
selbst dem Fachmanne als ein werthvoller Studienbehelf. Es war daher
ein glücklicher Gedanke der Herren Lafenestre und Richtenberger unter
dem Titel »Die Malerei in Europa* eine Sammlung von solchen
Verzeichnissen zu begründen, die allmählich alle wichtigeren Werke
der Malerei, die in den Museen, Privatsammlungen, Kirchen und anderen
Öffentlichen Gebäuden Europas erhalten sind, umfassen soll. Die ersten
Bände dieser 'Reihe behandelten den Louvre, Florenz, Belgien und
Venedig, Der neueste ist Holland gewidmet, und es scheint, dass die
Herausgeber auf ihn eine ganz besondere Sorgfalt verwendet haben.
Freilich ist ihnen die Aufgabe durch den Umstand erleichtert worden,
dass Holland fast ausschliesslich einheimische Kunstwerke enthält,
die, auf einen engen Raum zusammengedrängt, sehr bequem zugänglich
sind; daher hat auch der Band ein besonders einheitliches Aussehen.
Dazir-kommt noch, dass die beiden Herausgeber sich der eifrigen Unter-
stützung der trefflichen holländischen Kunstforscher erfreuen konnten.
Sie fanden bei ihrer Arbeit nicht nur die sorgfältigen Kataloge vor, die
von allen öffentlichen Galerien Hollands erschienen sind, sondern die
holländischen Kunstgelehrten öffneten ihnen auch die Thore zu den
Privatsammlungen. So enthält dieser Band eine Reihe von Verzeichnissen
kleiner, aber wichtiger Privatsammlungen, die bisher noch nie
katalogisirt worden waren; dies gibt ihm auch in den Augen der Fach-
leute einen eigenen Werth. Auch finden wir unter den Abbildungen
einige wichtige Gemälde aus Privatbesitz wiedergegeben, die hier zum
ersten Male dem grossen Publicum zugänglich gemacht worden sind.
Über die Auswahl der Reproductionen, deren Zahl wie bei den früheren
Bänden hundert beträgt, lässt sich natürlich streiten; doch kann man sie
im Ganzen glücklich nennen, da nicht nur die bekannten Hauptwerke,
sondern auch manche weniger bekannte, historisch merkwürdige oder für
einzelne Künstler besonders bezeichnende Stücke dabei berücksichtigt
worden sind. G. G.

Manuscripte und Correspondenzen für die „Mittheilungen"
sind an die Redaction der „Graphischen Künste" Wien, VI., Luft-
badgasse 17 zu richten.
 
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