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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4073#0012
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1899.

Nr. 2.

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MITTHEILUNGEN

ERSCHEINEN ALS
REGELMÄSSIGE BEILAGEN

ZU DEN

GRAPHISCHEN

KÜNSTEN
VIERMAL IM JAHRE.

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DAS MODERNE IN DER KUNST.

Vortrag, gehalten in der volkswirtschaftlichen Gesellschaft zu Berlin von Prof. Dr. Julius Lessing, erschienen im Verlage von Leonh. Simion zu

Berlin als Heft 157 der »Volkswirtschaftlichen Zeitfragen«.

iVlit berechtigter Spannung werden dieses Schrift-
chen jene Vielen zur Hand nehmen, die durch den lauten
Tageslärm in ihren hergebrachten Anschauungen über
die Ziele und Bedürfnisse des modernen Kunstschaffens
verwirrt und erschüttert worden sind. Was man dreissig
Jahre lang für das einzig Richtige gehalten hat, wird nun
plötzlich für das absolut Unrichtige erklärt und an seiner
Stelle ein anderes, von jenem Grundverschiedenes ge-
fordert. Ein Gegensatz hat sich da aufgethan, von solcher
Schroffheit, dass eine Überbrückung auf den ersten Blick
undenkbar erscheint und diese Wahrnehmung erzeugt in
der Masse des Publicums begreiflichermassen Unsicherheit
und Unbehagen. Da ergreift nun in dieser brennenden
Tagesfrage ein Fachmann das Wort, der einerseits die
ganze retrospective Periode mitgemacht, aber doch auch
jederzeit Unbefangenheit genug gezeigt hat, allen beson-
deren Strömungen das Recht aLif vorurtheilslose Prüfung
zuzLierkennen. Wir horchen hoch auf: wird die Botschaft
auch eine tröstliche sein? Und um es gleich zu sagen: sie
ist es in der That, ja sie hätte gar nicht beruhigender aus-
fallen können. Lessing versichert uns, dass das Neue nicht
bloss ein unvermeidliches, naturnothwendiges Verhängnis
sei, sondern auch einen Fortschritt bedeute und reichlichen
Gewinn verheisse. Was aber das Alte betrifft, so wäre es

eine nicht minder nothwendige Vorstufe gewesen und
würde auch in Hinkunft reiche Früchte tragen, wenngleich
augenblicklich in der Hitze des Kampfes keine Geneigt-
heit herrscht, dies anzuerkennen. Also wäre die dreissig-
jährige Mühe doch nicht umsonst gewesen und die
Zukunft hätten wir obendrein.

Wir haben nun die Argumente zu prüfen, mit
denen uns Lessing von der Stichhältigkeit seiner opti-
mistischen Auffassung der Lage zu überzeugen sucht.
Wenngleich er hiebei in erster Linie bloss das Kunst-
gewerbe im Auge hat, so sind doch alle übrigen
bildenden Künste, die graphischen eingeschlossen, mit-
interessirt. Hören wir zuerst Lessings Gründe für die
Berechtigung des Neuen. Jedes Zeitalter habe sich bisher
immer seine eigenen Kunstformen geschaffen; da nun
Niemand leugnen kann, dass unser durch den Aufschwung
der Naturwissenschaften charakterisirtes Zeitalter sich
ebendadurch von allen vorangegangenen unterscheidet,
und da man doch die Naturwissenschaften nicht mehr
abschaffen kann noch will, so werde man sich wohl oder
Übel auch mit einer ihnen adäquaten Kunst befreunden
müssen. Der Schluss ist zweifellos logisch und unan-
fechtbar; er bleibt aber eine Phrase oder bestenfalls eine
dumpfe Ahnung insolange, als wir uns nicht darüber klar


 
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