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plaudern verstehen. Dieses Ideal wurde nicht nur erreicht,
was übrigens nicht viel bedeuten möchte, sondern auch
übertroffen; denn in nicht wenigen der von verschiedenen
Verfassern bearbeiteten Capitel sind Ausführungen von
grundlegender Bedeutung in knappester Form nieder-
gelegt.
Auch in der illustrativen Ausstattung steht das
Werk hinter den französischen Vorbildern nicht zurück.
Der Verlag von Artaria hielt es für eine Ehrensache,
neuerlich die Wahrheit des alten Satzes zu beweisen,
dass Wien für die geschmackvolle Herstellung vornehmer
Publicationen ein Boden sei, wie man ihn günstiger
nicht so leicht findet. Nicht nur die vornehmsten photo-
mechanischen, sondern auch die künstlerischen Verviel-
fältigungsverfahren wurden für die Reproduction heran-
gezogen. Einen Hauptschmuck des Buches bilden viel-
farbige Radirungen von William Unger, eine wie die
andere ein wahres Cabinetstück delicater Auffassung und
von der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, der
einzigen dazu befähigten Anstalt, ausgezeichnet gedruckt.
Die erste Radirung stellt den jungen Grafen Fries nach
einem Gemälde von Lawrence dar, die zweite die schöne
Gräfin Golovine in leuchtendem Purpurmantel nach einem
Ölbilde der Vigee Lebrun; die zwei anderen, nach
Porträts von Daffinger, interessiren als die denkbar beste
Lösung der Aufgabe, die emailartige Glätte von Miniatur-
malereien durch die farbige Radirung zu bestreiten.
Kaiser, Groh und Wörnle haben sehr gefällig und mit
grösster Gewissenhaftigkeit kunstgewerbliche Gegen-
stände in hübscher Gruppirung, Gold-, Porzellan- und
Glasgefässe, radirt. Nur sind diese Objecte, wie nicht
wenige andere in dem Werke, was übrigens bei dem
ganzen Charakter der Publication unvermeidlich war, für
die Bedürfnisse eines genauen Studiums zum Theile
etwas zu klein gerathen. Auch die photomechanischen
Verfahren sind mit trefflichen Arbeiten an dem Werke
betheiligt, ausser den schwarz gedruckten Tafeln mit
farbigen in Heliogravüre, Lichtdruck und Hochätzung.
Die duftige Heliogravüre von Blechinger und Leykaui
nach Grassis Ölbild der Freiin Henriette von Pereira-
Arnstein, die Facsimilelichtdrucke von Josef Loewy
nach Isabeys Aquarellporträts der Fürstin Bagration und
der Tänzerin Bigottini reihen sich würdig den Radirungen
Ungers an und bilden mit diesen eine Galerie schöner
Frauen, die allein schon dem Bibliophilen das Congress-
werk begehrenswerth machen muss. Die ganze Fülle aber,
die es an Tafeln und Textillustrationen aufweist, können
wir hier nicht einmal andeuten. Sie bereichert die Kennt-
nis der Congresszeit auf allen Gebieten des Lebens und
der Kunst und so hat jedermann, der sich mit diesen
Dingen beschäftigt, vollste Veranlassung, allen Factoren,
die bei dem Werke betheiligt sind, dem Comite der Aus-
stellung, dem Verlage von Artaria, den literarischen,
künstlerischen und technischen Mitarbeitern, sowie dem
Redacteur, herzlichen Dank und freudige Anerkennung
zu zollen. Ms.
Correspondenz aus London.
Im South Kensington-Museum befindet sich zur
Zeit eine Ausstellung von Lithographien, die zwar keinen
vollständig historischen Überblick dieses Kunstzweiges
gibt, aber doch interessant ist, weil sie von der beharr-
lichen Entwickelung und dem Fortschritt zeugt, der als
das Resultat unermüdlicher Experimente während eines
Jahrhunderts erreicht wurde.
Die Lithographie kam 1801 durch Andre von dem
Continent nach England herüber und wurde hier von ihm
patentirt. Er setzte das Verfahren den besten englischen
Meistern der damaligen Epoche auseinander und diese
veröffentlichten alsdann ihre ersten Arbeiten in dem
»Polyautographic Office«. Welche Rolle Andre in London
eigentlich spielte, das heisst, ob er sich nur für den
Agenten von Senefelder ausgab oder ob er für eigene
Rechnung das bezügliche Patent erwarb, konnte bisher
nicht mit absoluter Gewissheit festgestellt werden. Da
Andre bereits im Jahre 1802 in Frankreich in gleicher
Weise thätig ist, so scheint sein Aufenthalt in England
jedenfalls nicht allzulange gewährt zu haben. Wenn man
indessen in Erwägung zieht, dass die Lithographie in
England thatsächlich nicht früher wie 1818, durch unseren
L
plaudern verstehen. Dieses Ideal wurde nicht nur erreicht,
was übrigens nicht viel bedeuten möchte, sondern auch
übertroffen; denn in nicht wenigen der von verschiedenen
Verfassern bearbeiteten Capitel sind Ausführungen von
grundlegender Bedeutung in knappester Form nieder-
gelegt.
Auch in der illustrativen Ausstattung steht das
Werk hinter den französischen Vorbildern nicht zurück.
Der Verlag von Artaria hielt es für eine Ehrensache,
neuerlich die Wahrheit des alten Satzes zu beweisen,
dass Wien für die geschmackvolle Herstellung vornehmer
Publicationen ein Boden sei, wie man ihn günstiger
nicht so leicht findet. Nicht nur die vornehmsten photo-
mechanischen, sondern auch die künstlerischen Verviel-
fältigungsverfahren wurden für die Reproduction heran-
gezogen. Einen Hauptschmuck des Buches bilden viel-
farbige Radirungen von William Unger, eine wie die
andere ein wahres Cabinetstück delicater Auffassung und
von der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, der
einzigen dazu befähigten Anstalt, ausgezeichnet gedruckt.
Die erste Radirung stellt den jungen Grafen Fries nach
einem Gemälde von Lawrence dar, die zweite die schöne
Gräfin Golovine in leuchtendem Purpurmantel nach einem
Ölbilde der Vigee Lebrun; die zwei anderen, nach
Porträts von Daffinger, interessiren als die denkbar beste
Lösung der Aufgabe, die emailartige Glätte von Miniatur-
malereien durch die farbige Radirung zu bestreiten.
Kaiser, Groh und Wörnle haben sehr gefällig und mit
grösster Gewissenhaftigkeit kunstgewerbliche Gegen-
stände in hübscher Gruppirung, Gold-, Porzellan- und
Glasgefässe, radirt. Nur sind diese Objecte, wie nicht
wenige andere in dem Werke, was übrigens bei dem
ganzen Charakter der Publication unvermeidlich war, für
die Bedürfnisse eines genauen Studiums zum Theile
etwas zu klein gerathen. Auch die photomechanischen
Verfahren sind mit trefflichen Arbeiten an dem Werke
betheiligt, ausser den schwarz gedruckten Tafeln mit
farbigen in Heliogravüre, Lichtdruck und Hochätzung.
Die duftige Heliogravüre von Blechinger und Leykaui
nach Grassis Ölbild der Freiin Henriette von Pereira-
Arnstein, die Facsimilelichtdrucke von Josef Loewy
nach Isabeys Aquarellporträts der Fürstin Bagration und
der Tänzerin Bigottini reihen sich würdig den Radirungen
Ungers an und bilden mit diesen eine Galerie schöner
Frauen, die allein schon dem Bibliophilen das Congress-
werk begehrenswerth machen muss. Die ganze Fülle aber,
die es an Tafeln und Textillustrationen aufweist, können
wir hier nicht einmal andeuten. Sie bereichert die Kennt-
nis der Congresszeit auf allen Gebieten des Lebens und
der Kunst und so hat jedermann, der sich mit diesen
Dingen beschäftigt, vollste Veranlassung, allen Factoren,
die bei dem Werke betheiligt sind, dem Comite der Aus-
stellung, dem Verlage von Artaria, den literarischen,
künstlerischen und technischen Mitarbeitern, sowie dem
Redacteur, herzlichen Dank und freudige Anerkennung
zu zollen. Ms.
Correspondenz aus London.
Im South Kensington-Museum befindet sich zur
Zeit eine Ausstellung von Lithographien, die zwar keinen
vollständig historischen Überblick dieses Kunstzweiges
gibt, aber doch interessant ist, weil sie von der beharr-
lichen Entwickelung und dem Fortschritt zeugt, der als
das Resultat unermüdlicher Experimente während eines
Jahrhunderts erreicht wurde.
Die Lithographie kam 1801 durch Andre von dem
Continent nach England herüber und wurde hier von ihm
patentirt. Er setzte das Verfahren den besten englischen
Meistern der damaligen Epoche auseinander und diese
veröffentlichten alsdann ihre ersten Arbeiten in dem
»Polyautographic Office«. Welche Rolle Andre in London
eigentlich spielte, das heisst, ob er sich nur für den
Agenten von Senefelder ausgab oder ob er für eigene
Rechnung das bezügliche Patent erwarb, konnte bisher
nicht mit absoluter Gewissheit festgestellt werden. Da
Andre bereits im Jahre 1802 in Frankreich in gleicher
Weise thätig ist, so scheint sein Aufenthalt in England
jedenfalls nicht allzulange gewährt zu haben. Wenn man
indessen in Erwägung zieht, dass die Lithographie in
England thatsächlich nicht früher wie 1818, durch unseren
L