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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4073#0022
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Blumen-Märchen. Bilder, Texte und Lithographie
von Ernst Kreidolf. München, Piloty und Loehle.

Wenn man ein neues deutsches Bilderbuch in die Hand
bekommt, hofft man immer, den ersehnten deutschen Reformator dieses
Gebietes begrüssen zu können. Ernst Kreidolf kann das vie'ileichtwerden,
jetzt ist. er es aber noch nicht. Seine Blumenmärchen fordern zu sehr
den Vergleich mit Walter Cranes berühmtem Queen Summer und Floras
Feast heraus und lassen zu sehr fühlen, dass der Nachfolger den
Vorgänger nicht überholt hat. Die organische Verbindung der mensch-
lichen Gestalt mit den charakteristischen Bestandtheilen der Blume, die
wir bei Walter Crane bewundern, ist Kreidolf nicht gelungen, seine
Blumen sind grösstenteils Figuren, denen vegetabilische Lappen nur
umgehängt sind.Und dadurch, dass er die anthropomorphische Blumen-
bildung neben die wirkliche stellt, bringt er einen schiefen Zug in das
Ganze, Auch reicht der höchst harmlose Stoff seiner Blumenmärchen
in künstlerischer Ergiebigkeit und Einheitlichkeit bei weitem nicht
heran an die in sich abgeschlossenen Vorwürfe Cranes mit ihrer fast
epischen Naturpoesie. Aber wenn auch Kreidolf im Wettstreite mit den
englischen Vorbildern sich nicht als der Stärkere gezeigt hat, interessirt
er doch durch manche Beweise einerverheissungsvollen Selbständigkeit,
eine Fülle feiner Naturbeobachtungen, gute Zeichnung und seine nicht
selten wirklich harmonische Farbengebung. Manche Bilder fassen alle
seine Vorzüge zusammen und erheben sich zu individueller Bedeutung.
In dem »Die Diebe« und noch mehr in dem -Ball- betitelten Bilde erreicht
Kreidolf eine geheimnissvolle phantastische Märchenstimmung, wie wir
sie auch bei den englischen Bilderbüchern nicht rinden und deshalb
glauben wir, ihm eine Zukunft prophezeien zu können. Ms.

M.von Schwind. Von Friedrich Haack. Bielefeld
und Leipzig,Velhagen&Klasing. 1898. (XXXI. Band der von
H. Knackfuss herausgegebenen Künstlermonographien.;

Worauf bei einer Anzeige der neuesten Biographie Seh winds das
Hauptgewicht gelegt werden muss, das ist der illustrative Schmuck des
Buches. Mehr als anderthalbhundert Bilder, wovon uher die Hälfte zum
ersten Male vervielfältigt — das Herz geht einem auf, wenn man all die
küstlichen Dinge hier bequem beisammen findet. Naturgemäss muss da
der Text etwas zurücktreten, der übrigens mit schöner Wärme ge-
schrieben ist und auch dem mit der Litteratur über Schwind Vertrauten
einigesNeue bringt,so ein paar charakteristische mündliche Äusserungen
des Meisters Die folgenden Bemerkungen, zum Theil berichtigender Art,
sind vielleicht den Verehrern Schwinds nicht unwillkommen und bei
einer neuen Auflage der Berücksichtigung wert.

Der bekannte Ausspruch Beethovens über Schubert wird (S. 22)
als über Schwind gethan angeführt. — Bei der Abbildung des Falken-
steiner Rittes nach dem Göbelschen Stiche bemerkt Hr. Haack, die Um-
rahmung sei nicht von Schwind. Das ist ein Irrthum, wie auch äusserlich
durch einen Brief des Künstlers an B. Schädel vom 26. Februar 1848
bewiesen werden kann.Sonst hat der Verfasser die bisher veröffentlichten
Correspondenzen Schwinds mit Sorgfalt benützt Umso auffallender ist
daher, dass er die Zeichnung Kaiser Conrad und Bernhard von Clairvaux
»um 1850« ansetzt, während doch durch einen Brief an Genelli 1S44 als
Entstehungszeit feststeht. Für verunglückt halte ich auch den Versuch,
die Monatsbilder im Hermannschen Volkskalender um zehn Jahre
zurückzudatiren. — In dem Original der Abbildungen des Wunderlichen
Heiligen möchte ich (trotz der Inschrift auf der Rückseite) nicht die erste
Ausführung um 1828, sondern eine der späteren vermuthen. Bei der
Erklärung dieses wundersamen Bildes mit seinen autobiographischen
Beziehungen wäre wohl noch darauf Rücksicht zu nehmen, dass, wie
übrigens Hr. Haack in anderem Zusammenhange selbst erwähnt, Schwind
zeitweise ganz ernstlich von der Absicht sprach, sich mit seinen geliebten
Brüdern in die Waldeinsamkeit zurückzuziehen.— Bei der Besprechung
des Bilderbogens »Von der Gerechtigkeit Gottes« macht der Verfasser
eine Bemerkung, die dahin verstanden werden kann oder muss, als wäre
der Stoff von Schwind erfunden, wahrend man doch die Parabel weithin
durch die Weltlitteratur verfolgen kann vom Orient über die Gesta
Romanorum bis zu Voltaires Zadig, um nur die berühmtesten Fassungen

zu nennen. Nicht so naheliegend, aber immerhin möglich ist ein Miss-
verständnis, wenn Hr. Haack bei der »Rose- an Grillparzers Armen
Spielmann erinnert. Die Novelle erschien erst ein Jahr nach der
Vollendung des Bildes. — Als zu unwesentlich unterdrücke ich unter
anderem einige Berichtigungen zu den Angaben über Besitzer und Maasse
mehrerer Bilder (Abb. 71, 114, 117, 137, 139—144).

Möge es mir schliesslich noch erlaubt sein, nach einer alten
Unart der Reccnsenten in loser Weise einige kleine neue Beiträge zur
Biographie Schwinds hier anzufügen. So löst eine Stelle in dem
erwähnten Briefwechsel mit B. Schädel eine Frage, die in der Litteratur
über Schwind entweder gar nicht oder falsch beantwortet worden ist,
nämlich die nach dem Verhältnis seiner Sieben Raben zum Volks-
märchen. Es würde hier zu weit führen, so reizvoll es vielleicht wäre,
aus der stattlichen Litteratur über deutsche Märchen den Nachweis zu
liefern, dass von einer Um- oder Neudichtung Schwinds nicht die Rede
sein kann. ' Der Maler schreibt dies selbst klipp und klar dem genannten
Freunde, der eine ähnliche Frage an ihn gestellt haben muss, mit den
Worten (Brief vom I 1. November 1858): »Meine Version von den sieben
Raben stammt droitemang von meiner Kindsfrau. Den Umstand mit dem
unfertigen Ärmel und daher stammenden Rabenflügl, fand ich in einem
Buche, kann sein Grimm, wo eine gleiche Geschichte von sieben
Schwanen erzählt wird, und die Episode mit den Armen ist mir selber
eingefallen, war nothwendig und wird sich rechtfertigen lassen. Es ist
nichts fremdes der Geschichte aufgedrängt, sondern nur eine Entwicklung
weiter. Eine dramatische Arbeit ist eben was anderes, als eine Erzählung. ■<

Einen noch nicht ganz aufgeklärten Punkt in der Biographie
des Künstlers bildet seine Übersiedelung nach Frankfurt. Der Auftrag,
den Sängerkrieg für das Städelsche Institut zu malen, kann schwerlich
der einzige Grund gewesen sein. Ein im December 1849 ausgegebener
Bericht der Administration dieses Institutes schreibt (S. 6), nachdem
von Veits Rücktritt und dem verunglückten Versuche, Kaulbach als
Vorstand der Malerschule zu gewinnen, die Rede gewesen ist: »Um
nun die Abwesenheit eines bedeutenden Historienmalers zu ersetzen,
veranlasste man im Jahre 1844 Herrn von Schwind hierher von Karls-
ruhe zu übersiedeln, und sein grosses Bild für die Gemäldesammlung zu
malen.« Damit vergleiche man die Stelle aus einem kürzlich bekannt
gewordenen Briefe Alfred Rethels an seinen Bruder aus dem Anfange
des Jahres 1844: »Lessing Hess sich diesen Winter auch wieder hier
(in Frankfurt) sehen. Die böse Welt sagte, er speculiere auf die hiesige
Directorsstelle. . . Noch ein anderer Künstler soll sich um diesen wurm-
stichigen Institutsapfel bewerben, auf jeden Fall aber im nächsten Früh-
jahr mit Sack und Pack herkommen — nämlich Schwind aus Karls-
ruhe. . . .« Eine officielle Lehrstelle am Städelschen Institut hat Schwind
niemals innegehabt, war aber nach Aussage Prof. O. Donners in dem
ihm von der Administration eingeräumten Atelier stets bereit, jungen
Künstlern mit Rath und That beizustehen.2

Den Biographen Schwinds scheint bisher eine bemerkenswerte
Stelle in einem Briefe Cl. Brentanos entgangen zu sein (München, 9.
März 1837).3 Der Dichter spricht von der bevorstehenden Herausgabe

i Den Ausgangspunkt der Untersuchung muss der prächtige
dritte Band der Grimmschen Sammlung bilden. Als wichtigen Nachtrag
vgl. Vernaleken, Österreichische Kinder- und Hausmärchen Nr. 4 und 5
mit den Anmerkungen.

- Ausser Hrn. Prof. 0. Donner — von Richter bin ich auch Hrn.
Director Weizsäcker für freundliche Bemühungen in dieser Frage Dank
schuldig. — Der Brief Rethels ist veröffentlicht in seiner schönen Bio-
graphie von Max Schmid, die den XXXII. Band derselben Künstler-
Monographien bildet. Bei dieser Gelegenheit sei auch der XXXIV. Band
dieser Sammlung (Lenbach) wegen der Porträtskizze Schwinds auf S. 15
erwähnt. Das ausgeführte Porträt Schwinds von Lenbach ist soeben zum
ersten Male reproducirt worden in dem von der Berliner Photogra-
phischen Gesellschaft herausgegebenen Werke' Das XIX.Jahrhundert in
Bildnissen.

a Brentanos Ges. Schriften. IX. Band S 360/1. Der Adressat ist
Böhmer. Vgl. auch Grisebach, Die deutsche Litteratur 1770—1870,
Wien 1876. S. 244.
 
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