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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.4073#0031
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28 —

mehr. Seine Heranbildung zum Radirer verdankt Besnard
zum grossen Theil dem in London zwar ansässigen,
aber wohl kaum ganz acclimatisirten Meister Alphonse
Legros,

Zur Aufmunterung für Zeichner fand endlich in der
»Royal Drawing Society«, 50 Quen Anne's Gate, eine
Ausstellung von Arbeiten junger Leute, meistens im Alter
von 15 bis 16 Jahren (aber nicht über 20 Jahre), statt.
Die Aufgaben mussten unter strenger Controle gelöst
werden, Arbeiten, welche Copien darstellten waren aus-
geschlossen. Die Preise vertheilte die Prinzessin Louise,
die sich bekanntlich mit Bildhauerei beschäftigt. Aus-
nahmsweise wurde ein Knabe von 10 Jahren zugelassen,
der den von Watts gestifteten Preis für sein Selbstporträt
erhielt. Er hatte aus dem Gedächtnisse eine mit Pferden
bespannte Mähmaschine gezeichnet, in der es schwer sein
mochte, ihm einen Fehler nachzuweisen. Ein junges
deutsches Mädchen. Namens H. S. Kück. erwarb den
Preis von Sir J. Tenniel, des Präsidenten der ('.esellschaft,
für eine Zeichnung zur Illustration von Shakespeares
As you like it«.

In Heft II der »Graphischen Künste- hat 11. W. Singer
über die vortrefflichen neueren Arbeiten des Altmeisters
Legros, B. Clarks, Charles Holroyds und William Strangs
so eingehend geurtheilt, dass ich hier keine weitere
Ursache habe, deren Kunst zu berühren. Ks bleibt im
Allgemeinen nach wie vor bemerkenswerth, dass die
meisten guten Radirungen von Ausländern geliefert
werden. Mit der Hochflut der Saison erscheinen gerade
diese, wie die fast noch mehr beim Publicum in Gunst
stehenden Mezzotintblätter so zahlreich in London, dass
nur die Hervorragendsten erwähnt werden können.

So sind unter den Radirungen zunächst drei Land-
schaften zu nennen: M. Chauvels Blatt nach Leaders
Skills of Surrey Pinewood« (Tooth), M. Brunet-
Debaines »Corner ofOld England, nach dem Bilde von
Johnson (Lucas) und Camille Fonces »Noontide«
nach Waite. Da in allen drei Werken sich Leichtigkeit,
Geschick und feinsinnige Erhaltung der ursprünglichen
Tonwerthe ausdrückt, so dürfte es schwer sein zu ent-
scheiden, welchem Meister der Preis gehurt. Eine nicht
minder vollendete Radirung hat Schumacher durch
Übertragung eines in der hiesigen Xational-Gallery <
befindlichen Porträts Memlings ausgeführt. Die Verleger
für dies schöne Blatt sind (»bach & Co.

Wenn schon an und für sich die Mezzotintblätter
bei Kennern und Liebhabern in England in hoher Gunst
stehen, so sind es augenblicklich unter diesen wiederum
die Übertragungen nach Romney, welche die erste Stelle
einnehmen. Seit der Zeit da Siegens Schüler, der Prinz
Ruprecht von der Pfalz, diese in Deutschland erfundene
Kunst von dem Festlande mit nach England gebracht
hatte, wurde sie namentlich hier mit Eifer und Erfolg
ausgebildet. Obwohl nun aus diesem Grunde die Aus-
übung der Schwarz- oder Schabkunstmanier in manchen
anderen Ländern die »englische« genannt wird, so

hält man doch gerade in hiesigen Fachkreisen an der
italienischen Bezeichnung »Mezzotinto unentwegt fest.
Hinsichtlich der Übertragungen der Werke der grossen
Meister, welche das Dreigestirn am englischen Kunst-
himmel bilden, soll Folgendes bemerkt werden: Reynolds'
(iemälde sind in der I [auptsache alle durch die graphische
Kunst reproducirt; Gainsborough ist sehr schwierig zu
übersetzen, so dass sich nur allererste Kräfte an diese
Arbeit heranwagen. Die alten Stiche nach Romney sind
aber deshalb so selten, weil dieser Meister bei Lebzeiten
nicht besonders hochgeschätzt wurde, und daher auch
wenig Neigung vorhanden war, ihn in schwarz-weiss
zu übertragen.

Mezzotintblätter nach Romney, die hevorgehoben
werden müssen, sind: Hendersons «Gräfin Poulett«,das
Original Lord Burton gehörig (Gooden's Verlag), alsdann
Mr. Scott Bridgwaters »Mss. Grove« (Agnew) und
desselben Stechers Mr. Townley Ward (Leggatt), nach
Lord Aldenhams Bild. Endlich hat Bridgwater in derselben
Manier das brillante Selbstportritt von Madame Yigce
Lebrun angefertigt. Es ist das bekannte. 1789 datirte
Bildnis, in welchem die Künstlerin die Palette in der
Hand hält und als Kopfbedeckung den grossen Strohhut
trägt. Merkwürdiger Weise kamen vor etwa drei Jahren
zwei last identische Originalporträts von Madame Yigce
Lebrun in London zum Angebot. Die vorliegende Version,
die bei P. &D. < 'olnaghi erschien, ist nach dem betreffenden
Bilde hergestellt, das zu jener Zeit für 12.000 Gulden bei
Christie versteigert wurde, wahrend das andere Selbst-
porträt von der National-Gallery- erworben wurde.
Mr. Gerald Robinson, der Ehrgeizigste der englischen
Schabkünstler, hat ein sehr ansprechendes Blatt geschaffen.
nach Lord Leightons Little Fatima (A. Lucas). Zwei
Werke von Mrs. Cormack, die beide von der Firma
Mendoza verlegt sind, können gleichfalls als sorgsam
ausgeführte Transcriptionen guter alter Bilder gelten. Es
ist dies Der Liebestraum« nach Greuze und Lady
Derby- nach Romney. in dem Besitze von Sir Charles
Tennant. Hat die Mezzotintkunst in England auch einen
schweren Kampf gegen die PhOtOgravure durchzufechten,
so behaupten doch die betreffenden Künstler bis jetzt
ihre Position gut, wobei ihnen der Qmstand zu Hilfe
kommt, dass gewisse Dinge nicht durch den photo-
mechanischen Process erreicht werden können.

Die Auslese unter den eigentlichen Kupferstichen
bleibt eine derart geringe, dass ich für die Aneinander-
reihung des Stoffes nur zögernd die Verantwortung über-
nehme. Eine Schülerin des Professors Hubert Herkomer,
Miss Gullard. hat das von ihrem Lehrer gemalte Porträt
des grossen englischen Philosophen Herbert Spencer im
Stiche wiedergegeben. .1. B. Pratt, der unermüdliche Über-
setzer von Rosa Bonheur, wühlte als Sujet den zwischen
den beiden berühmten Hengsten Godolphin und Hobglobin
stattfindenden Kampf um die Stute Roxane. — Der einzige
Holzschnitt von Belang ist der von Mr. Biscombe
Gardner hergestellte und herausgegebene, betitelt
 
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