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sich selbst darböte, ist zur offenkundigen Thatsache
geworden.
Die Gesellschaft mochte sich nun nicht an der von
der gesammten Kritik einhellig ausgesprochenen Aner-
kennung eines vollen idealen Erfolges des Unternehmens
genügen lassen, so wenig wie an dem Bewusstsein, mit
dem Werke eine bedeutungsvolle, zukunftsreiche An-
regung gegeben zu haben, deren Entwicklung man in allen
Ländern mit gespanntester Aufmerksamkeit verfolgt, sie
rief vielmehr, um dem grossen, im höchsten Sinne öffent-
lichen Interessen dienenden Gedanken eine reale Zukunft
zu sichern, den Staat um Hilfe an und legte ihm die Sorge
um das Fortbestehen des edlen Werkes ans Herz. Auf
dem Wege der Petition wandte sich die Gesellschaft an
die beiden Häuser des Reichsrathes, um dem Unter-
nehmen jene ausgiebige Unterstützung zu erbitten, die
eine ruhige Fortführung des Werkes bis dahin ermöglichte,
wo es auf eigenen Füssen zu stehen vermöchte. An das
hohe k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht erging
zugleich die Bitte der Gesellschaft, diese Petition im Reichs-
rathe kräftigst zu befürworten und dem Unternehmen
eine thatkräftige moralische Unterstützung zu widmen.
Mit dankbarer Genugthuung ist es zu begrüssen,
dass die hohe Unterrichtsverwaltung unter Anerkennung
der grossen culturellen Bedeutung des Werkes nicht nur
in einem neuerlichen Erlasse den Schulbehörden und der
Lehrerschaft den Gebrauch und die Weiterverbreitung der
Bilderbögen eindringlichst empfahl, sondern sich auch
bereit erklärte, die Petition der Gesellschaft an den
Reichsrath aufs wärmste zu unterstützen. Mit nicht
geringerem Danke begrüsst es die Gesellschaft, dass die
hohe Unterrichtsverwaltung ein Concilium von Schul-
männern nominirte, welches bereits einmal mit den Ver-
tretern der Gesellschaft zusammentrat, um über ver-
schiedene, dem Ministerium wünschenswert erscheinende
Änderungen theils in der äusseren Gestalt der Bilderbögen,
theils in dem Programme zu berathen, letzteres im Sinne
eines genaueren Anschlusses an die bestehenden Lehr-
pläne und einer Ausdehnung auf die Bedürfnisse der
unteren Classen der Volksschulen, wie es das von der
Gesellschast an das hohe Ministerium geleitete Promemoria
selbst schon als dringend erwünscht, bezeichnet hatte.
Verösfentlichungen im Jahre 1899.
I. Ordentliche Publicationen.
1. Der Jahrgang XXII der »Graphischen Künste«
bildet den zweiten Jahrgang der neuen Serie, die, einem
neuen Programme folgend, ihr Arbeitsfeld ausschliesslich
auf dem Gebiete der graphischen Künste sucht. Mit diesen
beiden jetzt vollendet vorliegenden Bänden dürfte nun in
voller Deutlichkeit der Beweis erbracht sein, dass die
Zeitschrift durch die Einschränkung des Programmes an
Mannigfaltigkeit und Reiz des Stoffes nicht das Geringste
verloren, dafür aber eine innere Einheitlichkeit und
Geschlossenheit gewonnen hat, deren sich kaum eine
andere Zeitschrift rühmen kann. Aus der engeren Be-
Tenzung des zu bearbeitenden Gebietes folgt nun I
freilich die Verpflichtung, dieses Feld nach seinem
ganzen Umfange systematisch anzubauen und zu
beherrschen und hier ergibt sich angesichts der unauf-
hörlich und fast zusehends sich erweiternden Bedeutung
der originalschafsenden Graphik der Gegenwart die
Schwierigkeit, in dem verringerten Umfange von vier
Heften der überreich zuströmenden Fülle von Stoff Herr
zu werden, umsomehr, als es sich die Zeitschrift unmög-
lich versagen darf, in einzelnen Fällen hervorragende
Künstler, deren graphische Bethätigung nur einen Theil
ihres Gesammtschaffens bildet, in ihrer vollen umfassenden
Bedeutung darzustellen.
Eine solche weit ausgreifende Besprechung, welche
dem so ausserordentlich vielseitigen Werke Eugene
Grassets gewidmet war, füllte das erste Heft des
XXII. Jahrganges, dessen glänzende Ausstattung bereits
in dem Berichte des vergangenen Jahres gebürend hervor-
gehoben war. Daran schloss sich eine Charakterisirung
der englischen Radirer Legros, Holroyd, Clark und
Strang in ihren neuesten Werken und M. Liebermanns
als Zeichner an der Hand einer neuen Publication seiner
Handzeichnungen. Den kurzen Zeilen, die den Mitgliedern
von der Festfeier dieses Jahres Mittheilung machten —
dem achtzigsten Geburtstage des Gründers der Gesell-
schaft, der noch jetzt, nach fast drei Decennien als
Obmann des Yerwaltungsrathes mit starker Hand die
Geschäfte der Gesellschaft leitet — war eine lebens-
volle Porträtradirung des Jubilars von der Hand
Professor W. Ungers beigegeben, die der Künstler ihm
zu diesem Anlasse gewidmet hatte. Ein Artikel von
Professor Alois Riegl »Die Stimmung als Inhalt der
modernen Kunst« bildete insofern eine episodische
Ausnahme, als er von der lediglich historischen und
biographischen Berichterstattung hinweg zu einer all-
gemeineren Betrachtung der modernen Kunst empor-
führte. Als grundlegend für die Beurtheilung des Radirers
und Malers S. Wenban darf der von einer meisterhaften
Originalradirung begleitete Nachruf angesehen werden,
den H. E. v. Berlepsch diesem früh verstorbenen und
zu wenig gewürdigten Künstler widmete. Diesem schloss
sich eine Reihe von Aufsätzen an, die den Leser mit den
in unserer Jahresmappe vertretenen Künstlerpersönlich-
keiten näher bekannt zu machen unternahmen. Es
kamen zur Behandlung: Emil Orlik, Fritz Burger,
Felician Freiherr von Myrbach, Hermine Laukota,
Friedrich Kallmorgen, Gustav Bamberger,
Wilhelm Laage und Henriette Mankiewicz. Von
dem reichen illustrativen Schmuck, den diese Aufsätze
erhielten, soll insbesondere eine vorzügliche von
Friedrich Kallmorgen gestiftete Originallithographie
erwähnt werden. Den Schluss des Jahrganges bildete eine
Studie William Ritters über den hervorragenden
französischen Holzschneider, Lithographen und Radirer
Henri Riviere, dessen vielseitige Kunst dank seinem
freundlichen Entgegenkommen in den Illustrationen ein
vollkommen entsprechendes Abbild finden durfte.
sich selbst darböte, ist zur offenkundigen Thatsache
geworden.
Die Gesellschaft mochte sich nun nicht an der von
der gesammten Kritik einhellig ausgesprochenen Aner-
kennung eines vollen idealen Erfolges des Unternehmens
genügen lassen, so wenig wie an dem Bewusstsein, mit
dem Werke eine bedeutungsvolle, zukunftsreiche An-
regung gegeben zu haben, deren Entwicklung man in allen
Ländern mit gespanntester Aufmerksamkeit verfolgt, sie
rief vielmehr, um dem grossen, im höchsten Sinne öffent-
lichen Interessen dienenden Gedanken eine reale Zukunft
zu sichern, den Staat um Hilfe an und legte ihm die Sorge
um das Fortbestehen des edlen Werkes ans Herz. Auf
dem Wege der Petition wandte sich die Gesellschaft an
die beiden Häuser des Reichsrathes, um dem Unter-
nehmen jene ausgiebige Unterstützung zu erbitten, die
eine ruhige Fortführung des Werkes bis dahin ermöglichte,
wo es auf eigenen Füssen zu stehen vermöchte. An das
hohe k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht erging
zugleich die Bitte der Gesellschaft, diese Petition im Reichs-
rathe kräftigst zu befürworten und dem Unternehmen
eine thatkräftige moralische Unterstützung zu widmen.
Mit dankbarer Genugthuung ist es zu begrüssen,
dass die hohe Unterrichtsverwaltung unter Anerkennung
der grossen culturellen Bedeutung des Werkes nicht nur
in einem neuerlichen Erlasse den Schulbehörden und der
Lehrerschaft den Gebrauch und die Weiterverbreitung der
Bilderbögen eindringlichst empfahl, sondern sich auch
bereit erklärte, die Petition der Gesellschaft an den
Reichsrath aufs wärmste zu unterstützen. Mit nicht
geringerem Danke begrüsst es die Gesellschaft, dass die
hohe Unterrichtsverwaltung ein Concilium von Schul-
männern nominirte, welches bereits einmal mit den Ver-
tretern der Gesellschaft zusammentrat, um über ver-
schiedene, dem Ministerium wünschenswert erscheinende
Änderungen theils in der äusseren Gestalt der Bilderbögen,
theils in dem Programme zu berathen, letzteres im Sinne
eines genaueren Anschlusses an die bestehenden Lehr-
pläne und einer Ausdehnung auf die Bedürfnisse der
unteren Classen der Volksschulen, wie es das von der
Gesellschast an das hohe Ministerium geleitete Promemoria
selbst schon als dringend erwünscht, bezeichnet hatte.
Verösfentlichungen im Jahre 1899.
I. Ordentliche Publicationen.
1. Der Jahrgang XXII der »Graphischen Künste«
bildet den zweiten Jahrgang der neuen Serie, die, einem
neuen Programme folgend, ihr Arbeitsfeld ausschliesslich
auf dem Gebiete der graphischen Künste sucht. Mit diesen
beiden jetzt vollendet vorliegenden Bänden dürfte nun in
voller Deutlichkeit der Beweis erbracht sein, dass die
Zeitschrift durch die Einschränkung des Programmes an
Mannigfaltigkeit und Reiz des Stoffes nicht das Geringste
verloren, dafür aber eine innere Einheitlichkeit und
Geschlossenheit gewonnen hat, deren sich kaum eine
andere Zeitschrift rühmen kann. Aus der engeren Be-
Tenzung des zu bearbeitenden Gebietes folgt nun I
freilich die Verpflichtung, dieses Feld nach seinem
ganzen Umfange systematisch anzubauen und zu
beherrschen und hier ergibt sich angesichts der unauf-
hörlich und fast zusehends sich erweiternden Bedeutung
der originalschafsenden Graphik der Gegenwart die
Schwierigkeit, in dem verringerten Umfange von vier
Heften der überreich zuströmenden Fülle von Stoff Herr
zu werden, umsomehr, als es sich die Zeitschrift unmög-
lich versagen darf, in einzelnen Fällen hervorragende
Künstler, deren graphische Bethätigung nur einen Theil
ihres Gesammtschaffens bildet, in ihrer vollen umfassenden
Bedeutung darzustellen.
Eine solche weit ausgreifende Besprechung, welche
dem so ausserordentlich vielseitigen Werke Eugene
Grassets gewidmet war, füllte das erste Heft des
XXII. Jahrganges, dessen glänzende Ausstattung bereits
in dem Berichte des vergangenen Jahres gebürend hervor-
gehoben war. Daran schloss sich eine Charakterisirung
der englischen Radirer Legros, Holroyd, Clark und
Strang in ihren neuesten Werken und M. Liebermanns
als Zeichner an der Hand einer neuen Publication seiner
Handzeichnungen. Den kurzen Zeilen, die den Mitgliedern
von der Festfeier dieses Jahres Mittheilung machten —
dem achtzigsten Geburtstage des Gründers der Gesell-
schaft, der noch jetzt, nach fast drei Decennien als
Obmann des Yerwaltungsrathes mit starker Hand die
Geschäfte der Gesellschaft leitet — war eine lebens-
volle Porträtradirung des Jubilars von der Hand
Professor W. Ungers beigegeben, die der Künstler ihm
zu diesem Anlasse gewidmet hatte. Ein Artikel von
Professor Alois Riegl »Die Stimmung als Inhalt der
modernen Kunst« bildete insofern eine episodische
Ausnahme, als er von der lediglich historischen und
biographischen Berichterstattung hinweg zu einer all-
gemeineren Betrachtung der modernen Kunst empor-
führte. Als grundlegend für die Beurtheilung des Radirers
und Malers S. Wenban darf der von einer meisterhaften
Originalradirung begleitete Nachruf angesehen werden,
den H. E. v. Berlepsch diesem früh verstorbenen und
zu wenig gewürdigten Künstler widmete. Diesem schloss
sich eine Reihe von Aufsätzen an, die den Leser mit den
in unserer Jahresmappe vertretenen Künstlerpersönlich-
keiten näher bekannt zu machen unternahmen. Es
kamen zur Behandlung: Emil Orlik, Fritz Burger,
Felician Freiherr von Myrbach, Hermine Laukota,
Friedrich Kallmorgen, Gustav Bamberger,
Wilhelm Laage und Henriette Mankiewicz. Von
dem reichen illustrativen Schmuck, den diese Aufsätze
erhielten, soll insbesondere eine vorzügliche von
Friedrich Kallmorgen gestiftete Originallithographie
erwähnt werden. Den Schluss des Jahrganges bildete eine
Studie William Ritters über den hervorragenden
französischen Holzschneider, Lithographen und Radirer
Henri Riviere, dessen vielseitige Kunst dank seinem
freundlichen Entgegenkommen in den Illustrationen ein
vollkommen entsprechendes Abbild finden durfte.