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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.4250#0054
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— 50 —

welcher vielleicht der in der Hand ruhende geschlossene
Fächer befestigt ist. Der kurze, vielfach geschlitzte Ober-
ärmel geht in den seidenen, bauschigen Unterärmel über
und endet am Handgelenke in einer Krause. Die linke
Hand ruht über der Taille, während die rechte, nicht mehr
sichtbar, schlaff vom Körper zu hängen scheint.
Die Ähnlichkeit dieser Figur mit Rembrandts erster
Gemahlin Saskia van Ulenburgh ist sofort auffallend,
zumal mit dem Cassler Porträt, sobald man beide in
Abbildungen nebeneinander stellt und zum Vergleiche
bringt. Die stark betonte Nasenwurzel, die gewölbte Stirne,
der etwas grosse Unterkiefer stimmen gut mit dem Kopf-
typus zusammen, so flüchtig auch die Feder alle diese
Theile betont hat. Auch die Composition und die Haltung
der Figur ist im wesentlichen beibehalten worden, obwohl
der Künstler in der Ausführung auf der Leinwand neue
decorative Zuthaten erfunden hat, um die malerische
Wirkung zu erhöhen. So erzielten der etwas gehobene
Kopf und das schärfere Profil eine vornehmere und mehr
bewusste Haltung. Insbesondere ist das Costüm vielfach
erweitert und bereichert worden. Über die rechte Schulter
legt sich ein breiter Pelz, der wie in der Berliner Saskia
von der linken Hand gefasst wird, während die darüber
sich kreuzende Rechte statt des Fächers der Zeichnung

ein Rosmarinzweiglein hält. Reicher Perlenschmuck
bedeckt den Hals und die Handgelenke, und die flache
Linie des Hutes, welche in der Skizze etwas monoton
wirkt, wird durch eine aufsteigendeStraussfeder angenehm
unterbrochen. Alle diese Beigaben im Gemälde dienten dem
Doppelzwecke, das einfache Motiv der Composition und
die Farbenscala zu erweitern.
W. Bode, der in seinem grossen Rembrandt-Werke
immer die entsprechenden Handzeichnungen anführt,
soweit sie als Vorstudien in Betracht kommen, konnte bei
Besprechung der Cassler Saskia (Bd. III, Nr. 150) unsere
Skizze noch nicht erwähnen, da, wie schon bemerkt wurde,
dieselbe einen falschen Namen trug und dadurch in den
Mappen der Albertina gewissermassen verborgen war.
Der Zeit nach wird das Cassler Porträt um 1633,
vielleicht knapp nach seiner Verlobung angesetzt, welche
nach der eigenhändigen Notiz Rembrandts auf der
berühmten Berliner Silberstiftzeichnung, die gleichfalls
Saskia darstellt, auf den 5. Juni 1633 fiel. Das Rosmarin-
zweiglein zeigt ja den bräutlichen Charakterdeutlichgenug
an. Um dieselbe Zeit fällt demnach auch die Zeichnung
der Albertina, welche wir heute zum erstenmale in die
Rembrandt-Literatur eingeführt haben. J. Meder.

Eine Landschaft von Philipp van den Bossche.

Im Jahre 1604 wurde der kaiserliche Musenhof zu
Prag um ein neues Mitglied vermehrt. In den Hof-
zahlamtsrechnungen dieses Jahres (fol. 299') heißt es:
»Philipp van dem Busch haben die kaiserliche Majestät
zu deroselben Camer-Seidensticker mit dreißig Gulden
monatlicher Hofbesoldung vom ersten Juli diss sech-
zehnhundert und viertten Jahrs; inhalt hiebei ver-
wahrter Ordinanz, allergnedigst ahn- undt aufzunehm-
ben (geruht), darauff habe ich Ime die ersten zwai
monat, welche sich den letzten Tag Augusti ermelts
Jahrs geendet, benentlichen 60 fl. den 28. December
gegen seiner gefertigten Quittung geraicht.« Im selben
Jahre — es war für die Hofkünstler ein sehr gutes, denn
fast alle namhaften Rückstände wurden bezahlt — erhielt
Bossche nach »Inhalt eines kaiserlichen Partikularbefehls
am 23. September ein mit 150 fl. reich bemessenes
»Umzuggeld« angewiesen1 (fol. 417'). Vom Jahre 1604
ab kehren die Gehaltszuweisungen an Bossche ziemlich
regelmäßig wieder, so erhält er im Jahre 1605 (fol. 508
und 508') 240 ss., im Jahre 1606 (fol. 229) 180 ss., im

1 Die Behauptung Büheims im Regest 5669 des Jahrbuches der
kunsthistorischen Sammlungen des Kaiserhauses, Bd. X, dass die An-
stellung des kaiserlichen Tapezierers van der Busch nirgends in den
Rechnungen bemerkt wird und nur ein einzigesmal, in den Hofzahlamts-
rechnungen der Jahre 1611 — 1614, seiner Erwähnung geschieht, ist, wie
oben ersichtlich ist, unrichtig. Allerdings variirt die Orthographie des Zu-
namens: „Bosch, Busch, Posch, Pusch."

Jahre 1607 (fol. 274') 420 ss., im Jahre 1608 (fol. 249')
180 ss, im Jahre 1609 (fol. 237') 120 ss., im Jahre 1610
und 1611 nichts, im Jahre 1612, dem Sterbejahre des
Kaisers (Hofzahlamtsrechnung 1611 — 1614, fol. 390) auf
Abschlag des Gehaltes »bis Enndt Februari 1608.Jahres«
120 ss., was vollkommen mit den angeführten Beträgen
stimmt. Am letzten Januar 1612 (ibid., fol. 193) erhält
»Philipp van der Busch wegen Ihrer Majestät Tapezerei-
Kammer ausgelegten Ausgaben 30 ss. 42 kr.« Wird es
auch nicht ausdrücklich bemerkt, so können wir
schliessen, welche Art von Ausgaben hier dem Bossche
ersetzt wurden. Am 20. Jänner 1612 war Kaiser Rudolf II.
verschieden, er blieb 15 Tage auf dem Paradebette
ausgesetzt und wurde am 5. Februar begraben, die
Ausgaben für die Aufbahrung, die der kaiserliche Ober-
Tappezier — als solcher und als Kammer-Seidensticker
wird Bossche in dem kaiserlichen Hofstaats-Verzeichnisse
(Hofbibl. M. S. Nr. 14724) angeführt — zu besorgen
hatte, finden wir hier vergütet. Zwei anonyme, dem
Tobias Biedenhartter zugeschriebene, nach einer und
derselben Zeichnung verfertigte, mittelmässige Kupfer-
stiche mit der Unterschrift: »Aigentliche Abcontrafactur
wie die Rom. kais. Majestät Rudolphus II. nachdem
dieselbe den 20. Januarii Anno 1612 verschiden, in der
Audienzstuben ösfentlich sey gesehen worden« zeigen
uns den todten Kaiser auf dem Paradebette. Die Auf-
bahrung, einfach und bescheiden, wie die hiefür ge-
 
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