MITTEILUNGEN
DER
GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.
BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE".
1904. WIEN. Nr. 3.
Studien und Forschungen.
Zu Giorgio Ghisi Mantuano.
Bei Durchsicht der im Archiv des Germanischen Museums befindlichen Akten des Katharinenklosters zu Nürn-
berg fand ich das Konzept eines kunstgeschichtlich nicht uninteressanten Briefes des Ritters Wolfgang Müntzer von
Babenberg, der, wie aus Wills Nürnbergischem Gelehrtenlexikon hervorgeht, einer der in der alten Reichsstadt
florierenden Familien angehörte. Er war der Sohn des Alexius Müntzer und der Katharina Eißnin von Bötzen, starb
am 29. März 1579 und wurde auf dem St. Johannes-Friedhof begraben, wo sich heute noch das bemerkenswerte
Grabmal der Familie befindet.
Dieser Wolfgang Müntzer unternahm gegen Ende des Jahres 1555 eine größere Reise nach dem Orient,
die dann später, 1624, in dem Nürnberger Drucke »Reisebeschreibung von Venedig aus nach Jerusalem,
Damaskus und Konstantinopel etc.« näher beschrieben wird. Ob dieses Werk nur eine Neuauflage eines schon zu
Müntzers Lebzeiten herausgegebenen Buches ist, konnte ich nicht feststellen; tut übrigens auch nichts zur S -.he.
Was uns an dieser Reisebeschreibung interessiert, ist die Tatsache, daß Müntzer in Venedig nicht weniger als acht
Monate unfreiwilligen Aufenthalt nehmen mußte, weil er keine Schiffsgelegenheit hatte. Zu dieser Zeit schrieb er
auch den schon erwähnten Brief, der vom 24. März 1556 datiert ist und folgendermaßen beginnt:
»Mein freundlich grüß vnnd alles guts beuuor, Insonder lieber meister Nicolaus ob ir sambt Euerer hauß-
frawen vnnd den Euern frisch vnd gesundt, were Ich erfreuet zu hoeren, Deßgleichen wiß mich sambt den meinei
auch in zimlicher gesundheit, gott verleye beder Theil lang Amen; lieber Meister ich kon nit vmbgehn euch
zubemuhen, nach dem ich herr Hanßen predigern zu sant Katherinen Aein Jungst gericht vff papir von AI ff stucken
so zusam gehoeren (mir biß vff mein wider begern) zugeschickt, mitt gedencken euch solchs sehen zulaßenn, vnnd
obs an große muhe mocht vff ein leinen thuch wie es gehört zusam gemabt werden, wie ich im dann ein kleinen
patron, so nur auff ein pogen gemacht mitgeschickt, damitt monß an große muhe zusam ordnen mag, vnnd nach dem
mon aber an der vndersten Zeil ein wenig von dem gemol an eim eck herrab schneiden, vnnd in der mitt widerumb
hinnein flicken wie ir den an dem kleinen wol sehen werdt, Derhalben mein freundliche bitt solchs mit vleiß zusam
zordiren damits aneinander nicht verfelle oder runtzlett auffgemabt werde, wie mir dan nicht zweiffeit, irs vill besser
wist zuthun. dan ich euchs zuschreiben weiß, wo es euch aber für mühsam ansieht vnnd irs nit baldt Innerhalb
14 tagen den nechsten machen mugtt, so wollets herr Hanßen widerumb zustellen sollches auffzuheben biß vff mein
fernem beschaeidt, Im auch daneben anzeigen, wie man vngeferlich ains zu Nurmberg dem geleich kauffen mocht,
habe im auch andre kleine gemalte papir von historien vnnd Antiquidteten mir ein Zeitlang auffzuheben mittgeschickt,
mein dinstlich bit mich durch in zuberichten wie mon ein stuck In daß ander vngeuerlich draußen kauffen mog, dan
sy mich zu Rom zimlich vill kosten, vnnd ist ein langer weg solche hinnauß zubringen an schaden«.
So weit die uns hier interessierende Mitteilung. Den Schluß des Schreibens können wir uns schenken.
Der langen Rede kurzer Sinn ist der: Müntzer bittet einen gewissen Meister Nikolaus, dem Pfarrer Hans von
St. Katharina in Nürnberg beim Zusammensetzen eines diesem übersandten, aus elf Stücken bestehenden Jüngsten
DER
GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.
BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE".
1904. WIEN. Nr. 3.
Studien und Forschungen.
Zu Giorgio Ghisi Mantuano.
Bei Durchsicht der im Archiv des Germanischen Museums befindlichen Akten des Katharinenklosters zu Nürn-
berg fand ich das Konzept eines kunstgeschichtlich nicht uninteressanten Briefes des Ritters Wolfgang Müntzer von
Babenberg, der, wie aus Wills Nürnbergischem Gelehrtenlexikon hervorgeht, einer der in der alten Reichsstadt
florierenden Familien angehörte. Er war der Sohn des Alexius Müntzer und der Katharina Eißnin von Bötzen, starb
am 29. März 1579 und wurde auf dem St. Johannes-Friedhof begraben, wo sich heute noch das bemerkenswerte
Grabmal der Familie befindet.
Dieser Wolfgang Müntzer unternahm gegen Ende des Jahres 1555 eine größere Reise nach dem Orient,
die dann später, 1624, in dem Nürnberger Drucke »Reisebeschreibung von Venedig aus nach Jerusalem,
Damaskus und Konstantinopel etc.« näher beschrieben wird. Ob dieses Werk nur eine Neuauflage eines schon zu
Müntzers Lebzeiten herausgegebenen Buches ist, konnte ich nicht feststellen; tut übrigens auch nichts zur S -.he.
Was uns an dieser Reisebeschreibung interessiert, ist die Tatsache, daß Müntzer in Venedig nicht weniger als acht
Monate unfreiwilligen Aufenthalt nehmen mußte, weil er keine Schiffsgelegenheit hatte. Zu dieser Zeit schrieb er
auch den schon erwähnten Brief, der vom 24. März 1556 datiert ist und folgendermaßen beginnt:
»Mein freundlich grüß vnnd alles guts beuuor, Insonder lieber meister Nicolaus ob ir sambt Euerer hauß-
frawen vnnd den Euern frisch vnd gesundt, were Ich erfreuet zu hoeren, Deßgleichen wiß mich sambt den meinei
auch in zimlicher gesundheit, gott verleye beder Theil lang Amen; lieber Meister ich kon nit vmbgehn euch
zubemuhen, nach dem ich herr Hanßen predigern zu sant Katherinen Aein Jungst gericht vff papir von AI ff stucken
so zusam gehoeren (mir biß vff mein wider begern) zugeschickt, mitt gedencken euch solchs sehen zulaßenn, vnnd
obs an große muhe mocht vff ein leinen thuch wie es gehört zusam gemabt werden, wie ich im dann ein kleinen
patron, so nur auff ein pogen gemacht mitgeschickt, damitt monß an große muhe zusam ordnen mag, vnnd nach dem
mon aber an der vndersten Zeil ein wenig von dem gemol an eim eck herrab schneiden, vnnd in der mitt widerumb
hinnein flicken wie ir den an dem kleinen wol sehen werdt, Derhalben mein freundliche bitt solchs mit vleiß zusam
zordiren damits aneinander nicht verfelle oder runtzlett auffgemabt werde, wie mir dan nicht zweiffeit, irs vill besser
wist zuthun. dan ich euchs zuschreiben weiß, wo es euch aber für mühsam ansieht vnnd irs nit baldt Innerhalb
14 tagen den nechsten machen mugtt, so wollets herr Hanßen widerumb zustellen sollches auffzuheben biß vff mein
fernem beschaeidt, Im auch daneben anzeigen, wie man vngeferlich ains zu Nurmberg dem geleich kauffen mocht,
habe im auch andre kleine gemalte papir von historien vnnd Antiquidteten mir ein Zeitlang auffzuheben mittgeschickt,
mein dinstlich bit mich durch in zuberichten wie mon ein stuck In daß ander vngeuerlich draußen kauffen mog, dan
sy mich zu Rom zimlich vill kosten, vnnd ist ein langer weg solche hinnauß zubringen an schaden«.
So weit die uns hier interessierende Mitteilung. Den Schluß des Schreibens können wir uns schenken.
Der langen Rede kurzer Sinn ist der: Müntzer bittet einen gewissen Meister Nikolaus, dem Pfarrer Hans von
St. Katharina in Nürnberg beim Zusammensetzen eines diesem übersandten, aus elf Stücken bestehenden Jüngsten