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31. Dezember 1790 und 5. Februar 1791 wurden nämlich nur für französische Erfindungen brevets d'invention aus-
gestellt; für die weitere Vervollkommnung einer Erfindung brevets de perfectionnement. Dem ersten Einführer einer
ausländischen Erfindung sicherte ein brevet d'importation die Rechte des Erfinders. Immerhin erklärt diese Angabe
des Katalogs der Brevets, warum man Andre, den man dazu für einen waschechten Franzosen hielt, so lange
als den Erfinder oder wenigstens als einen zweiten Erfinder der Lithographie in Frankreich bezeichnete. Vor
kurzem ist es mir nun gelungen, den Akt des Brevets selbst zu finden, und ich konnte daraus feststellen,
daß Andre in der Tat ein brevet d'importation genommen hat. Über die Tätigkeit dieser Anstalt wissen wir
nur von Engelmann (S. 33), daß Andre Musikalien und Tierzeichnungen aus dem jardin des plantes anfertigte.
Einen Erfolg hatten seine Bemühungen nicht, da das Technische des Verfahrens doch noch sehr wenig ausgebildet
war, keine genügend geschulten Arbeiter zur Verfügung standen (Senefelder, Lehrbuch, französische Ausgabe) und
ihm auch keinerlei Aufmunterung von der Regierung zuteil wurde (Engelmann S. 33 und Joly in Eloge historique
d'Aloys Senefelder, inventeur de la lithographie, a. a. 0.). 40.000 Franken hatte Andre hier ohne Erfolg ausgegeben.
Das brevet trat er dann am 10. Oktober 1803 (17. vendemiaire an XII) an Mme. Revillon, femme separee de bien du
sieur Vernet, fabricant de papier ä Villeneuve sur Vanne (Yonne) ab (Catalogue des brevets). Von Erzeugnissen der
Druckerei Andres ist mir nichts bekannt geworden. Andre kehrte um 1805 nach Deutschland zurück, nachdem er
Knecht die Veräußerung seiner Anstalt anvertraut hatte (Engelmann, S. 27).
Das Geheimnis des Verfahrens wurde vielleicht damals schon dem Musiker und Musikschriftsteller Choron,
dem Maler und Kupferstecher Baltard (über ihn Renouvier in der Histoire de l'art pendant la Revolution S. 67 bis 69,
und Beraldi: Les graveurs du XIXe siecle) und einigen anderen Künstlern bekannt gegeben. Doch erfuhren
sie nicht genug über die Zusammensetzung der Kreide und der Tinte, so daß sie keine befriedigenden Resultate
erhielten. Von Alexandre Etienne Choron, einem der Direktoren der Oper, der das Verfahren zum Notendruck
verwendete, sagt Marcel de Serres in den Annales de Chimie vol. 72, übersetzt in den Annalen der Physik von Gilbert
5. Bd., Leipzig 1810, S. 122 ff., er habe seine Steine gar nicht geätzt, sondern nur mit harziger Tinte darauf gezeichnet,
den Stein dann genäßt, geschwärzt und abgedruckt. Also ein sehr unvollkommenes Verfahren.
Die Steine scheinen bei der Liquidation an den Holzschneider Duplat und den Grafen Lasteyrie gekommen zu
sein (Joly a. a. 0. sowie Marcel de Serres im Essai sur les arts et les manufactures de l'empire de l'Autriche Tome II.
Paris 1814; s. auch Bouchot: La lithographie, S. 30).
Die erste in Frankreich gefertigte, uns bekannte Lithographie ist der Prospekt einer sonst nicht erwähnten
lithographischen Druckerei in der Rue St. Sebastien Nr. 24, der außer dem Text eine Vignette, einen fliegenden
Merkur darstellend, trägt, gezeichnet von Bergeret, einem Schüler Davids. Auf künstlerischen Wert kann diese Umriß-
zeichnung keinen Anspruch machen.1
Längere Lebensdauer scheint keiner der erwähnten Anstalten beschieden gewesen zu sein, wie man wohl aus
dem völligen Fehlen von Nachrichten schließen kann. — Während so in Frankreich selbst das Verfahren infolge der
Unvollkommenheit der Technik, des Fehlens tüchtiger Künstler, die sich darin versucht hätten, und des Widerstandes,
den der allmächtige Beherrscher der französischen Kunst David und mit ihm die Regierung ihr entgegensetzten,
keine Ausbreitung fand, haben einzelne Franzosen im Ausland der neuen Kunstübung reges Interesse entgegen-
gebracht. .
Die ersten derartigen Versuche hat der Duc de Montpensier in England 1805 und 1806 gemacht. Über diese
Blätter hat Bouchot ausführlich in der Geschichte der Lithographie (Vervielfältigende Kunst der Gegenwart, Bd. IV,
S. 70 bis 72 und ausführlicher und verbessert in: La lithographie, S. 14 bis 26) geschrieben; sie haben hier weniger
Interesse für uns.
Wichtiger ist der Kosak des Generals Lejeune. — Nach der Schlacht bei Austerlitz kam der damalige Oberst
Lejeune, Generaladjutant des Generals Berthier, der selbst Maler und ein großer Kunstfreund war, nach München, wo
er 1806 (nicht 1805, wie man öfters findet) im Atelier Senefelders seinen Kosaken auf Stein zeichnete. In Straßburg
erzogen, war er ein Jugendbekannter des Königs Max Josef gewesen und von diesem bei einem Besuche auf
Senefelder hingewiesen worden. (Genaueres findet sich bei: Joly, a. a. 0., abgedruckt bei Bouchot: La lithographie,
S. 30 bis 32; sowie in: Notice sur le general Lejeune, Pau 1861; — M. de Serres im: Essai sur les arts etc.
d'Autriche, II, S. 59 und derselbe in den Annales des arts et manufactures Tome 51 et 52; Bouchot in: Verviel-
fältigende Kunst der Gegenwart, IV, S. 72; Engelmann a. a. 0. und Aglaus Bouvenne im Catalogue de l'oeuvre de
A. de Lemud, Paris 1881.) Es wurden damals bei Senefelder 100 Abzüge gemacht. Später schenkte Lejeune den Stein
der ecole des arts in Toulouse und 1847 machte man zu dem erwähnten Aufsatze Jolys neue Abzüge.
Eine Reproduktion nach einem der bei Senefelder gedruckten Abzüge, dem ersten Zustand des Blattes, findet
sich in Bd. IV der »Vervielfältigenden Kunst der Gegenwart« S. 12, während die Abbildungen in Bouchot: »La litho-
i Im Katalog Aufseesser wird unter Nr.79 eine badende Nymphe von Reuter vom Jahre 1805 erwähnt; dies Blatt soll nach einer Bemerkung
des Katalogs in Paris entstanden sein.
31. Dezember 1790 und 5. Februar 1791 wurden nämlich nur für französische Erfindungen brevets d'invention aus-
gestellt; für die weitere Vervollkommnung einer Erfindung brevets de perfectionnement. Dem ersten Einführer einer
ausländischen Erfindung sicherte ein brevet d'importation die Rechte des Erfinders. Immerhin erklärt diese Angabe
des Katalogs der Brevets, warum man Andre, den man dazu für einen waschechten Franzosen hielt, so lange
als den Erfinder oder wenigstens als einen zweiten Erfinder der Lithographie in Frankreich bezeichnete. Vor
kurzem ist es mir nun gelungen, den Akt des Brevets selbst zu finden, und ich konnte daraus feststellen,
daß Andre in der Tat ein brevet d'importation genommen hat. Über die Tätigkeit dieser Anstalt wissen wir
nur von Engelmann (S. 33), daß Andre Musikalien und Tierzeichnungen aus dem jardin des plantes anfertigte.
Einen Erfolg hatten seine Bemühungen nicht, da das Technische des Verfahrens doch noch sehr wenig ausgebildet
war, keine genügend geschulten Arbeiter zur Verfügung standen (Senefelder, Lehrbuch, französische Ausgabe) und
ihm auch keinerlei Aufmunterung von der Regierung zuteil wurde (Engelmann S. 33 und Joly in Eloge historique
d'Aloys Senefelder, inventeur de la lithographie, a. a. 0.). 40.000 Franken hatte Andre hier ohne Erfolg ausgegeben.
Das brevet trat er dann am 10. Oktober 1803 (17. vendemiaire an XII) an Mme. Revillon, femme separee de bien du
sieur Vernet, fabricant de papier ä Villeneuve sur Vanne (Yonne) ab (Catalogue des brevets). Von Erzeugnissen der
Druckerei Andres ist mir nichts bekannt geworden. Andre kehrte um 1805 nach Deutschland zurück, nachdem er
Knecht die Veräußerung seiner Anstalt anvertraut hatte (Engelmann, S. 27).
Das Geheimnis des Verfahrens wurde vielleicht damals schon dem Musiker und Musikschriftsteller Choron,
dem Maler und Kupferstecher Baltard (über ihn Renouvier in der Histoire de l'art pendant la Revolution S. 67 bis 69,
und Beraldi: Les graveurs du XIXe siecle) und einigen anderen Künstlern bekannt gegeben. Doch erfuhren
sie nicht genug über die Zusammensetzung der Kreide und der Tinte, so daß sie keine befriedigenden Resultate
erhielten. Von Alexandre Etienne Choron, einem der Direktoren der Oper, der das Verfahren zum Notendruck
verwendete, sagt Marcel de Serres in den Annales de Chimie vol. 72, übersetzt in den Annalen der Physik von Gilbert
5. Bd., Leipzig 1810, S. 122 ff., er habe seine Steine gar nicht geätzt, sondern nur mit harziger Tinte darauf gezeichnet,
den Stein dann genäßt, geschwärzt und abgedruckt. Also ein sehr unvollkommenes Verfahren.
Die Steine scheinen bei der Liquidation an den Holzschneider Duplat und den Grafen Lasteyrie gekommen zu
sein (Joly a. a. 0. sowie Marcel de Serres im Essai sur les arts et les manufactures de l'empire de l'Autriche Tome II.
Paris 1814; s. auch Bouchot: La lithographie, S. 30).
Die erste in Frankreich gefertigte, uns bekannte Lithographie ist der Prospekt einer sonst nicht erwähnten
lithographischen Druckerei in der Rue St. Sebastien Nr. 24, der außer dem Text eine Vignette, einen fliegenden
Merkur darstellend, trägt, gezeichnet von Bergeret, einem Schüler Davids. Auf künstlerischen Wert kann diese Umriß-
zeichnung keinen Anspruch machen.1
Längere Lebensdauer scheint keiner der erwähnten Anstalten beschieden gewesen zu sein, wie man wohl aus
dem völligen Fehlen von Nachrichten schließen kann. — Während so in Frankreich selbst das Verfahren infolge der
Unvollkommenheit der Technik, des Fehlens tüchtiger Künstler, die sich darin versucht hätten, und des Widerstandes,
den der allmächtige Beherrscher der französischen Kunst David und mit ihm die Regierung ihr entgegensetzten,
keine Ausbreitung fand, haben einzelne Franzosen im Ausland der neuen Kunstübung reges Interesse entgegen-
gebracht. .
Die ersten derartigen Versuche hat der Duc de Montpensier in England 1805 und 1806 gemacht. Über diese
Blätter hat Bouchot ausführlich in der Geschichte der Lithographie (Vervielfältigende Kunst der Gegenwart, Bd. IV,
S. 70 bis 72 und ausführlicher und verbessert in: La lithographie, S. 14 bis 26) geschrieben; sie haben hier weniger
Interesse für uns.
Wichtiger ist der Kosak des Generals Lejeune. — Nach der Schlacht bei Austerlitz kam der damalige Oberst
Lejeune, Generaladjutant des Generals Berthier, der selbst Maler und ein großer Kunstfreund war, nach München, wo
er 1806 (nicht 1805, wie man öfters findet) im Atelier Senefelders seinen Kosaken auf Stein zeichnete. In Straßburg
erzogen, war er ein Jugendbekannter des Königs Max Josef gewesen und von diesem bei einem Besuche auf
Senefelder hingewiesen worden. (Genaueres findet sich bei: Joly, a. a. 0., abgedruckt bei Bouchot: La lithographie,
S. 30 bis 32; sowie in: Notice sur le general Lejeune, Pau 1861; — M. de Serres im: Essai sur les arts etc.
d'Autriche, II, S. 59 und derselbe in den Annales des arts et manufactures Tome 51 et 52; Bouchot in: Verviel-
fältigende Kunst der Gegenwart, IV, S. 72; Engelmann a. a. 0. und Aglaus Bouvenne im Catalogue de l'oeuvre de
A. de Lemud, Paris 1881.) Es wurden damals bei Senefelder 100 Abzüge gemacht. Später schenkte Lejeune den Stein
der ecole des arts in Toulouse und 1847 machte man zu dem erwähnten Aufsatze Jolys neue Abzüge.
Eine Reproduktion nach einem der bei Senefelder gedruckten Abzüge, dem ersten Zustand des Blattes, findet
sich in Bd. IV der »Vervielfältigenden Kunst der Gegenwart« S. 12, während die Abbildungen in Bouchot: »La litho-
i Im Katalog Aufseesser wird unter Nr.79 eine badende Nymphe von Reuter vom Jahre 1805 erwähnt; dies Blatt soll nach einer Bemerkung
des Katalogs in Paris entstanden sein.