Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1905

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4239#0006
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
— 2 -

Rogers. Daß die Dargestellte Rogers Frau sei, hat schon J. Meder (im Texte zu der angeführten Publikation) mit Recht
als unwahrscheinlich bezeichnet. Wer die Dame wirklich ist, erfahren wir durch ein kleines Ölbild, das aus der
Ambraser Sammlung in den Vorrat der kaiserlichen Galerie in Wien gekommen ist und das durch einen auf der Rück-
seite angeklebten Zettel als Bildnis der Herzogin Jakobaea von Bayern bezeichnet wird. Die beiden Darstellungen
stimmen bis auf kleine Einzelheiten überein und es kann kein Zweifel sein, daß unsere Zeichnung die Vorlage für
das gemalte Bildnis ist. Dieses zeigt freilich eine so rohe, handwerksmäßige Ausführung, daß man annehmen
muß, es sei eine spätere Kopie nach einem verlorenen besseren altniederländischen Ölgemälde, das als
Zwischenstufe zwischen der Frankfurter Zeichnung und dem Wiener Bilde zu denken wäre. Henry Triode hat nun den
seltsamen Einfall gehabt, dieses unbedeutende Bildchen, das nur als ein authentisches Porträt der merkwürdigen
Fürstin seinen Wert hat, dem Österreicher Pfenning, den er fälschlich mit dem Nürnberger Meister des Tucherschen
Altars identifiziert hat, vermutungsweise zuzuschreiben (Nürnberger Malerschule, S. 72). Wann aber sollte ein
Nürnberger Gelegenheit gehabt haben, Jakobaea, die Erbin von Hennegau, Holland, Seeland und Friesland, die nach-
einander Gemahlin des französischen Dauphins Johann, des Herzogs Johann von Brabant, des Herzogs Humphrey
von Glocester und endlich des holländischen Edelmannes Frank Van Borsselen war, zu malen? Thodes Irrtum hat
Robert Stiassny (Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. XXIV, S.85) erkannt
und das Bildnis Jakobaeas als »eine geringe Kopie aus zweiter Hand nach einem altniederländischen Originale«
bezeichnet. Der Kopist scheint ihm, da die »Färbung (aber nichts anderes) in der Tat an das Pfenning-Bild erinnere«,
ein Bayer oder Österreicher zu sein. Ich kann auch von dieser Übereinstimmung in der Färbung nichts entdecken und
möchte glauben, daß die vorliegende Kopie niederländischen Ursprungs ist, ebenso wie das vermutliche Original und
dessen Vorlage, die Frankfurter Zeichnung. Die lateinische Inschrift der Rückseite, deren Schriftzüge wohl noch ins
15. Jahrhundert gehören, enthält nicht, wie Stiassny sagt, das irrige Todesdatum der Fürstin 1437 (statt 1436),
sondern die Angabe, daß das Originalbildnis im Jahre 1432 gemalt worden ist. So möchte ich wenigstens die letzten drei
Zeilen der sehr zerstörten Inschrift deuten. Die Entstehung der Zeichnung wäre also ins Jahr 1432 zu setzen, kurz vor
der Vermählung der Herzogin mit ihrem vierten Gatten Frank Van Borsselen und der Abtretung ihrer Länder an
Philipp den Guten von Burgund. Wir hätten daher in dem Blatte des Städelschen Instituts, das wir mit Sicherheit als
die Originalaufnahme nach dem Leben betrachten können, eine der frühesten datierbaren niederländischen Hand-
zeichnungen vor uns. Dazu paßt vollkommen der Stil der Zeichnung, der Beziehungen zur Kunstweise Jan Van Eycks
verrät. Ob nun Jan Van Eyck selbst die Herzogin gemalt hat, muß dahingestellt bleiben. Unter den zahlreichen
Bildnissen Jakobaeas, die in E. W. Moes' Iconographia Batava sorgfältig verzeichnet sind, ist wohl künstlerisch das
hervorragendste das der Kopenhagener Galerie, in dem ich geglaubt habe das von Jan Mostaert nach einem älteren
Originale gemalte Bildnis, das von Van Mander erwähnt wird, erkennen zu können (Beiträge zur Kunstgeschichte,
Franz Wickhoff gewidmet, Wien 1903, S. 68). Dieses Bildnis ist von dem hier besprochenen Typus völlig verschieden,
doch läßt sich nicht beweisen, daß Mostaert als Vorlage ein Werk Jan Van Eycks benützt hat, wenn auch auf Stichen
des 17. Jahrhunderts, deren Angaben für das 15. Jahrhundert ganz unzuverlässig sind, ein ähnliches Porträt als
Arbeit Jan Van Eycks bezeichnet wird. Gustav Glück.

Zum Holzschnittwerk Schäufeleins.

Keiner der existierenden Kataloge von Schäufeleins Holzschnitten ist auch nur annäherungsweise vollständig,
und die von Bartsch, Passavant und Nagler gegebenen Verzeichnisse leiden alle unter dem Hauptfehler, daß Holz-
schnitte, welche zu zusammenhängenden Folgen gehören, häufig als für sich bestehende Einheiten behandelt werden.

In der Absicht, ein bischen Ordnung in das Chaos zu bringen, habe ich vor, drei Gruppen von Holzschnitten zu
beschreiben, von denen meiner Meinung nach jede als ein organisch zusammengehöriges, einer bestimmten Phase in
der Entwicklung von Schäufeleins Stil entsprechendes Ganzes erkannt werden sollte. Es ist wahrscheinlich, ja sogar
fast sicher, daß es noch andere zu jeder dieser Gruppen gehörende Holzschnitte gibt oder gegeben hat; besonders fehlen
in der ersten Gruppe viele der üblichen Passionsdarstellungen. Ich werde mich freuen, wenn die Publikation von all den
mir bekannten Blättern zur Entdeckung anderer führt, die zu sehen für mich bis jetzt noch unmöglich war. 1

I. Neues Testament und heilige Gegenstände, um 1510.

Diese Gruppe umfaßt mindestens 24 in den Maßen (zirka 232; 158 mm) und im Stil gleiche Holzschnitte,
von denen 19 Darstellungen den evangelischen Erzählungen angehören, vier (fünf?) der christlichen und eine der
profanen Legende. Das 25. Blatt, ein Sittenbild, ist nicht signiert, und meine Zuweisung des Holzschnittes an

1 Der zweite Band meines Kataloges der deutschen Holzschnitte im Kupferstichkabinett des Britischen Museums wird eine Beschreibung der
großen Mehrzahl von Schäufeleins Arbeiten in der annähernden Ordnung ihres Entstehens bringen. Die Anlage des Buches jedoch schließt Voll-
ständigkeit aus. Es leuchtet ein, daß der knappste Auszug von Schäufeleins ungeheurer Produktion weit mehr Raum einnehmen würde, als einem
solchen Thema in dieser Zeitschrift gewidmet werden kann; ich habe mich daher ausschließlich auf drei bestimmte Gruppen beschränkt.
 
Annotationen