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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.4248#0043
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a) Meister E S, Die Geburt Christi.
B. 11. Wien, Hofbibliothek.

b) Israhel van Meckenem,
Gegenseitige Kopie.
Nr. 3. Berlin.

überzeugend nach, daß alle jene Kopien Werke einer bestimmten Ent-
wicklungsstufe Israhels van Meckenem seien und wahrscheinlich den
Siebzigerjahren des XV. Jahrhunderts angehören.
Von dieser Erkenntnis ausgehend, ließen sich auf Grund der
technischen Übereinstimmung auch unter den Schongauer-Kopien zahl-
reiche unbezeichnete oder mit dem Monogramm des Kolmarers versehene
Blätter als Jugendarbeiten Israhels van Meckenem feststellen. Geisberg
zählt im ganzen 215 Kopien nach dem Meister E S, ohne die osfenbar
nach verlorenen Originalen dieses Künstlers gestochenen Blätter, und
56 nach Stichen und Zeichnungen Martin Schongauers. 52 Blätter sind
nach dem Meister der Berliner Passion kopiert, 27 nach dem älteren
Holbein, 26 nach dem Meister P W von Köln, 5 nach dem Niederländer
\X/ \l"i 12 nach dem Meister des Hausbuchs, 7 nach Dürer, Wenzel
von Olmütz und anderen, und 96 bleiben als ein bescheidener Bodensatz
von eigenen Arbeiten übrig.
Als frühesten Versuch Israhels betrachtet Geisberg den heiligen
Bernhardin von Siena in Köln (G. 265), ein Blättchen von ganz pueriler
Zeichnung, das er für eine Kopie nach dem Meister der Berliner Passion
hält und um 1460 datiert. Israhel war damals noch ein Kind von wenig
mehr als zehn Jahren. Dennoch trägt der Stich bereits seine Hausmarke,
die ich übrigens bei meiner Beschreibung des Blattes im Rep. XIV.
(1891) 110. 34 erwähnte, ohne ihre Bedeutung zu erkennen. Geisberg
hat sie im I. Teil seines Werkes, Tasel III, Figur 22, abgebildet und den
Nachweis geführt, daß sie gleicher Weise auf etwa einem Dutzend
anderer Stiche Israhels vorkomme, also unzweifelhaft als Hausmarke
zu betrachten sei. Ebenso hat Geisberg auf die beiden kommaähnlichen
Striche hingewiesen, die sich auf einer Reihe von Stichen des Bocholters
finden, und die ich schon auf den von Israhel retuschierten Abdrücken
der Tierfolge des Meisters der Berliner Passion entdeckt hatte, ohne sie
deuten zu können. Er widmet diesen, bislang von den Ikonographen

übersehenen oder in ihrer Bedeutung für den Stecher nicht erkannten
Bezeichnungen durch Hausmarken und Strichelchen ein inhalts- und
lehrreiches Kapitel (der Meister der Berliner Passion, p. 20 und ff.) und
gelangt mit ihrer Hilfe zu dem Schlüsse, daß der Meister der Berliner
Passion der Vater Israhels von Meckenem gewesen sei. Durch diese
Entdeckung, die, wie man nach Geisbergs Beweisführung zugeben muß,
einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich hat, erklärt sich die
Tatsache, daß es nach einer seit Heineckens Tagen in der Fachliteratur
spukenden Tradition zwei Israhels von Meckenem gegeben habe, einen
älteren und einen jüngeren. Es erklärt sich ferner, daß Israhel zahlreiche
Platten des Meisters der Berliner Passion besessen und retuschiert hat,
und daß gerade unter seinen Jugendarbeiten viele nach dem Meister der
Berliner Passion kopiert sind.
Ich habe wiederholt auf den Inhalt des ersten Teiles von Geis-
bergs Buch zurückgegrisfen, soweit es zum Verständnis des zweiten,
der den Oeuvre-Katalog enthält, notwendig schien. Da es sich hier
aber nur um eine Würdigung des letzteren handelt, so sei zunächst
betont, daß er — bis auf einen weiter unten zu besprechenden Punkt —
allen Anforderungen eines guten Oeuvre-Katalogs entspricht. Er enthält
in durch den Druck übersichtlich gegliederter Form bei jedem einzelnen
Blatt die Angabe der Maße nach Einfassung und Platte und sagt, ob es
bezeichnet oder unbezeichnet, selbständig oder nach einer fremden
Vorlage kopiert sei. Dann folgt die Beschreibung der Plattenzustände in
knappester Fassung, aber so, daß man sie leicht und schnell bestimmen
kann, die Fachliteratur in chronologischer Ordnung, eine Aufzählung
aller bekannten Exemplare mit durch Sternchen angedeuteten Qualitäts-
bezeichnungen und Angabe der Wasserzeichen.
Da es der Verfasser im Vorwort ausdrücklich betont, will ich, um
nicht in den Verdacht des versteckten Eigenlobes zu geraten, eingestehen,
daß ich ihn seiner Zeit zur Abfassung des Oeuvre-Katalogs ermunterte
 
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