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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.4248#0064
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est prise, (zwei Blätter; 595 Fr.; N. de Launay, Le Petit
jour, nach Freudeberg, 1.180 Fr.; Jan in et, L'agreable
neglige, nach Baudouin, 2.010 Fr.; Ah! le joli Chien und
Le Petit Conseil, nach Lavreince, 2.500 Fr.; L' Indiscretion

2.120 Fr.; G. de St. Au bin, Le Bai pare,Le Concert,G95 Fr.;
Tardieu, Die Einschissung nach Cythere, nach Watteau,
800 Fr. — 5. Sammlung von Lagleune: Dagoty, Marie
Antoinette, 3.555 Fr. C.-J.

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Besprechungen neuer Erscheinungen.



ABC i n Bi 1 d ern von A1 e x an d er B en o is, St. Peters-
burg 1905.
Die Zahl russischer illustrierter Kinderbücher, welche aus wirklich
künstlerischen Wert Anspruch haben, ist bisher recht gering und beträgt
wohl kaum mehr als ein Dutzend. Vor allem sind hier die drei bis vier
von Mamontoss zu äußerst populären Preisen herausgegebenen Büchlein
S. Maljutins mit ihren eigenartig phantasievollen, ost in satter orien-
talischer Farbenpracht erglänzenden Bilder zu nennen, in denen jedoch
die Beherrschung der Form häusig viel zu wünschen übrig läßt, dann die
von N. Bilibin illustrierten Märchen in ihrer allzu starren, trockenen
und zeichnerisch wenig besriedigenden Stilisierung, sowie die in ähnlicher
Manier gehaltenen Bilderbücher Lißners und schließlich die von Viktor
Waßnetzoss geschmackvoll, doch wenig individuell illustrierte Pusch-
kinsche Ballade »Das Lied vom Oleg«. Man müßte noch dreier verstor-
bener, talentvoller Künstler gedenken, welche gerade aus diesem Gebiet
Schönes und Eigenartiges geschassen haben, wenn ihre diesbezüglichen
Zeichnungen weiteren Kreisen zugänglich gemacht worden wären. Aber
leider sind die sarbigen Illustrationen des Grasen Sollohub zu einer
Puschkinschen Märchendichtung, welche vor vielen Jahren in der Zeit-
schrist »Artist« erschienen und die wohl chronologisch als erste gelun-
gene Probe modern stilistischer Illustration aus russischem Boden zu
s7^\ betrachten sind, später nicht mehr reproduziert
worden und daher jetzt fast vergessen. Ebenso
sind die Illustrationen des im vorigen Jahre ver-


Aus dem ABC in Bildern von Alexander Benois.

schiedenen jungen Malers Rjabuschkin, von denen einige Proben das
größte Interesse erweckten, fast gar nicht verössentlicht, und die Märchen-
bilder der sehr begabten Elena Poljen osf, welche in verschiedenen
Zweigen der dekorativen Kunst so anregend gewirkt hatte, lassen noch
immer aus ihr seit langem angekündigtes Erscheinen warten.
Die angesührten Kinderbücher sind vor kurzem durch ein neues
Hest bereichert worden, das »ABC in Bildern« von Alexander Benois,
herausgegeben von der osfiziellen Expedition zur Herstellung von Staats-
papieren, wie sich die russische Reichsdruckerei in St. Petersburg nennt.
Alexander Benois ist Maler, Zeichner und zugleich einer der bekanntesten,
modernen, russischen Kunstschriststeller. In der letzten Eigenschast hat
er sich als temperamentvoller, stilistisch glänzender, aber auch ost recht
parteiischer Kritiker gezeigt. Als Künstler besticht Benois vor allem durch
sein starkes zeichnerisches Talent und einen hohen, für russische Ver-
hältnisse seltenen Grad künstlerischer Kultur. Zeugnis hievon sowie für
seine große Vorliebe zur Kunst des XVIII. Jahrhunderts und der Empire-
zeit, von welchen er umsassende Kenntnisse besitzt, gibt eine lange
Serie malerisch reizvoller Interieurs und Ansichten russischer Kaiser-
schlösser und Gärten, kleiner, suggestiver Bilder aus Versailles — meist
in Aquarell, Pastell und Buntstist — und tresslicher Illustrationen, so z. B.
zum »Ehernen Reiter« von Puschkin. In den meisten dieser Werke hat
das seine Stilgefühl des Künstlers es verstanden, den Geist der Epoche
in überzeugender Weise zu ersassen und wiederzugeben.
Von seinem neuesten Bilderbuch läßt sich dies leider nicht sagen,
und hier, im Reiche der Kinderwelt, scheint sich A. Benois viel weniger
sicher zu bewegen. Auf diesem Gebiet gelingt es ihm nicht allzu oft, die
Lokalsarbe zu trefsen, welche die oben zitierten Werke auszeichnet. Es
kann ja auch nicht wundernehmen, daß einem Zeichner, wie wir ihn
charakterisiert haben, das Naive etwas fern liegt und daß in seinen
Schöpfungen das Gemüt eine viel geringere Rolle spielt als der Geist.
Man möchte sogar behaupten, daß für den gegebenen Zweck zu viel
Esprit verausgabt wurde und daß in vielen dieser Zeichnungen eine Über-
ladenheit zu Tage tritt, welche sonst Benois nicht eigen ist. Sollte ihn
vielleicht die Furcht, von dem kleinen Publikum nicht genügend ver-
standen zu werden, zu diesem Überfluß von Details verleitet haben? Mit
Unrecht, denn weniger wäre hier sicher mehr gewesen.
Im allgemeinen ist das anderthalb Dutzend Zeichnungen, aus
welchen das »ABC« besteht, von verschiedenem und ungleich künst-
lerischem Wert. Das Talent des Künstlers zeigt sich hier von seinen besten
und von seinen schwachen Seiten, wobei letztere allerdings überwiegen.
Er bleibt stets der geistreiche Vignettist und Illustrator, dem für die
plastische Darstellung eines Begrifss für eine Umrahmung oder Fronti-
spiz witzige Einfälle in reichem Maße zur Verfügung stehen und der
nur selten banal wird. Aber die lyrische Note, das Sentiment und der
Born frisch sprudelnder Phantasie scheinen ihm zu fehlen. Und so wirken
die meisten seiner phantastischen Kompositionen, wie der Prophet Jonas
mit dem Walfisch, die Elfensahrt, der Wald in Mondbeleuchtung, das
Lebkuchenhaus etc., recht trocken, kleinlich und überladen. Ebenso läßt
er uns in seinen realistischen Kinderszenen sowie in seinen landschaft-
lichen Motiven, welche übrigens ganz und gar nicht russisch anmuten,
kalt und verletzt sogar hin und wieder durch allzu grelle Farbengebung.
Es ist in diesen Bildern etwas Gekünsteltes, primitiv sein Wollendes, das
wohl auch manche Kinder heraussühlen dürften. Am stärksten zeigt sich
Benois auch hier aus seinem Lieblingsfeld — dem historischen Genre-
bild. Hier, wo er seiner Natur keine Gewalt anzutun braucht, wo er an
das spezielle Kinderpublikum gar nicht zu denken scheint und wo der

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